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Änderungen bei der Familienversicherung im Alg II-Bezug ab 1.1.16 – was passiert bei Sanktionen?

Zum 1.1.16 wird die vorrangige Familienversicherung bei Bezug von Alg II abgeschafft (Änderungen in den §§ 5 Abs. 1 Nr 2a und 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Damit tritt i.d.R. bei Bezug von Alg II (d.h. für erwerbsfähige Menschen ab Vollendung des 15. Lebensjahres) Versicherungspflicht ein, es sei denn, es bestand bei Antragstellung bzw. zuletzt vor dem Bezug eine private Krankenversicherung (dann verbleibt man in der PKV).

In der Familienversicherung verbleiben ab 1.1.16 alle Kinder unter 15 im Sozialgeldbezug und ggf. Erwachsene im Sozialgeldbezug (Bsp. ein Ehegatte ist befristet erwerbsunfähig ohne EM-Rente; es wird dann Sozialgeld bezogen und aufgrund des Sozialgeldbezuges bleibt die Familienversicherung bestehen).

Was passiert nun bei Sanktionen?

An den Bestimmungen in der Familienversicherung (§ 10 SGB V) hat sich nichts geändert, wenn kein Alg II-Bezug vorliegt.

D.h. ohne Alg II-Bezug besteht weiterhin Anspruch auf die kostenlose Familienversicherung als (auch getrennt lebender) Ehegatte, eingetragener Lebenspartner oder Kind, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind (insbes. darf keine hauptberufliche Selbständigkeit vorliegen und das Einkommen darf bestimmte Grenzen nicht übersteigen (in 2015 sind das mtl. 405,-). Bei Kindern müssen die Altersgrenzen beachtet werden (regulär bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres, bei Ausbildung (und nicht nur bei Studium, sondern auch bei allen Ausbildungen, die als solche keine eigene Versicherung hervorrufen) bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und bei Behinderung und Erwerbsunfähigkeit ggf. sogar ohne Altersgrenze).

a) Sanktion erfolgt nicht zu 100%
Sowie auch nur 1 € Alg II gezahlt wird (egal ob in bar oder als Sachleistung, z.B. die Miete wird weiterhin übernommen und direkt an den Vermieter gezahlt) bleibt die Pflichtversicherung über den Bezug von Alg II unverändert bestehen.

b) Sanktion erfolgt zu 100%
Nun kommt es darauf an, ob Wertgutscheine (z.B. für Lebensmittel) ausgegeben werden oder nicht.

1) Es werden Wertgutscheine ausgegeben

Bei Ausgabe von Wertgutscheinen bleibt die Pflichtversicherung über den Bezug von Alg II weiterhin bestehen. Auch wenn ein Wertgutschein nur anteilig z.B. für 2 Wochen ausgegeben wurde, soll i.d.R. vom sog. Monatsprinzip nicht abgewichen werden. Ab 1.1.16 müssen zudem Pauschalbeiträge komplett für den gesamten Monat entrichtet werden, wenn mind. für 1 Tag im Monat rechtmäßig Alg II gewährt wurde.

2) Es werden keine Wertgutscheine ausgegeben

Wenn keine Wertgutscheine ausgegeben werden, endet die Pflichtversicherung über den Bezug von Alg II mit dem letzten Leistungstag, das heißt i.d.R. mit Ablauf des Monats, in dem die letzte Leistung gewährt wurde. Das Jobcenter nimmt dann eine Abmeldung bei der Krankenkasse vor.

Es besteht danach für 1 Monat Anspruch auf (kostenlose) Leistungen im Rahmen des nachgehenden Leistungsanspruchs (§ 19 Abs. 2 SGB V), es sei denn, jemand ist erwerbstätig (z.B. Minijob oder auch Selbständigkeit, egal, ob und wieviel Einkommen bei der Selbständigkeit erzielt wird) oder aber es besteht Anspruch auf eine Familienversicherung. Auch dann greift der 1 Monat nachgehende Leistungsanspruch nicht, da eine Familienversicherung Vorrang hat.

Was ist dann in der Praxis zu tun?

Bei 100% Sanktion ohne Ausgabe von Wertgutscheinen und damit Ende der Pflichtversicherung über den Bezug von Alg II sollte man innerhalb der ersten 4 Wochen nach dem Ende des Leistungsbezuges handeln. Sind die Voraussetzungen für eine Familienversicherung (s.o.) weiterhin erfüllt, kann diese nun sofort wieder aktiviert werden. Dazu ist es lediglich nötig, den Fragebogen zur Familienversicherung bei der Krankenkasse ausgefüllt abzugeben. Lebt der familienversicherte Angehörige nicht im gleichen Haushalt wie der Hauptversicherte, so kann der Angehörige diesen Fragebogen selber unterschreiben. Besteht ein gemeinsamer Haushalt, so muss der Hauptversicherte den Bogen auf jeden Fall unterschreiben.

Die Familienversicherung kann jederzeit auch für rückwirkende Zeiträume eingetragen werden (wichtig: Beginndatum im Anzeigebogen korrekt eintragen, meist dürfte das der 1. Tag nach dem Ende des letzten Alg II-Bezuges sein). Eine rückwirkende Eintragung ist auch für längere Zeiträume möglich (auch für Jahre), wenn man nachweist, dass die Voraussetzungen in diesem ganzen Zeitraum vorlagen.

Der Fragebogen (für allen Kassen gleich) ist im Internet unterhttp://www.finkenbusch.de/wp-content/uploads/2011/08/Einheitliche-Grunds%C3%A4tze-zum-Meldeverfahren-bei-Durchf%C3%BChrung-der-Familienversicherung.pdf

zu finden. Auf Seite 21/22 ist er als Anhang an die „einheitlichen Grundsätze zum Meldeverfahren bei der Familienversicherung“ angehängt worden. In diesen einheitlichen Grundsätzen steht im § 2 Abs. 5, dass die Unterschrift auch vom Angehörigen abgegeben werden kann, wenn kein gemeinsamer Haushalt besteht und im § 6 Abs. 1 steht, dass die Familienversicherung auch für rückwirkende Zeiträume eintreten kann.

Was passiert, wenn man den Fragebogen nicht bei der Krankenkasse abgibt?
Seit dem 1.8.2013 gibt es die obligatorische Anschlussversicherung (OAV) gem. § 188 Abs. 4 SGB V. Endet eine Pflicht- oder Familienversicherung, wird man von der Kasse angeschrieben, man möge sein Einkommen nachweisen und erklären, was man gerade beruflich macht. Reagiert man auf dieses Schreiben (und ggf. auf eine Erinnerung) nicht, trägt die Kasse die OAV ein. Diese kostet mind. rund 165,- € monatlich; teilt man sein Einkommen nicht mit, dann wird man zum Höchstbeitrag eingestuft (über 700,- € monatlich).

Damit ist man dann zwar auch versichert, aber es kostet Beiträge, die bei der Eintragung der Familienversicherung ja nicht zu zahlen sind, weil diese weiterhin kostenlos ist.

Um den kostenlosen Versicherungsschutz bei 100% Sanktion ohne Bezug von Wertgutscheine zu sichern, ist es daher zwingend nötig, den Anzeigebogen zur Familienversicherung umgehend nach dem Ende des Alg II-Bezuges bei seiner Fami-Krankenkasse ausgefüllt und unterschrieben abzugeben!


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