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Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Sozialhilfededektiven / Dr. Hammel

Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von
„Sozial(hilfe)detektiven“ durch Sozialhilfeträger
Anm. zum Beschl. des VG Frankfurt (Main) vom 15.6.1998 (Az.: 14 G 1303/98 [1]), bestätigt durch Beschl. des Hess. VGH vom 14.7.1998 (Az.: 1 TZ 2534/98)

Manfred Hammel (Dr. Manfred Hammel, Caritasverband für Stuttgart e.V., Strombergstraße 11, 70188 Stuttgart.) (Fortsetzung )

D Datenschutzrechtliche Aspekte

Im hier besprochenen, vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Main) mit Beschluß vom 15. Juni 1998 - bestätigt durch Beschluß des Hessischen VGH vom 14. Juli 1998 - entschiedenen Fall schlossen sich die Richter der vom die betr. Detektei beauftragenden Frankfurter Sozialamt vertretenen Einschätzung an, hier würde es sich um einen besonders gelagerten Fall der in mißbräuchlicher Weise praktizierten Inanspruchnahme öffentlicher Mittel handeln.

Warf die Presse noch nach den beiden vorab näher bezeichneten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen hinsichtlich des in entsprechender Weise „Beschatteten“ die Frage auf ob „Abzocker oder zu Unrecht Beschuldigter?“ (vgl. Halbig, in: Stuttgarter Zeitung vom 5. September 1998 (Nr. 205), Seite 2.), so war — bedingt durch die Tatsache der weitgehenden Nichterreichbarkeit dieses Hilfeempfängers für den Sozialhilfeträger - für den Leiter des betr. Großstadtsozialamtes der Fall klar:

Dieser äußerte die feste Überzeugung, es handelte sich hier um jemand, der „mit nachweislich falschen Behauptungen Sozialhilfe erhalten wollte, die ihm nicht zusteht, und der nur mit besonderen Anstrengungen daran gehindert werden konnte, dem Sozialamt vorzutäuschen, er sei pflegebedürftig und seine Frau könne nicht arbeiten“.

Der Antragsteller nahm hingegen den Standpunkt ein, er wäre ein von diesem Sozialamt zu Unrecht des von ihm getätigten, sachlich unrichtigen Vortrags beschuldigter, stark gehbehinderter Notleidender.

Zum Zwecke der umfassenden Aufklärung dieses vielschichtig schwierigen Sachverhalts beauftragte das Frankfurter Sozialamt ein Detektivbüro damit, diesen Sozialhilfeempfänger und dessen Gattin acht Tage lang — vom 11. März 1998 bis zum 18. März 1998 — buchstäblich „rund um die Uhr“ auf Kosten dieses Sozialhilfeträgers einer eingehenden Beobachtung auf von den Betreffenden außerhäuslich getätigte, ihren geltend gemachtem Sozialhilfeanspruch in Frage stellende Aktivitäten hin zu unterziehen.

Die „Zielperson“ dieses Vorgehens sprach hier von einer für einen sozialen Rechtsstaat „skandalösen Beschattung", die selbst das von ihm beanspruchbare Grundrecht auf Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 I GG) nicht unbeeinträchtigt gelassen hätte.

Das Sozialamt stelle auf Grund der Inha1te des über sein besonderes Engagement erlangten „ „Ermittlungsberichts“ der Firma „KDM Sicherheitsconsulting“ schließlich dem Betreffenden und seiner Gattin gegenüber die Gewährung jedwelcher Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ein, was auch - im einstweiligen Rechtsschutzverfahren - das Verwaltungsgericht Frankfurt, das der von dieser Entscheidung Beschwerte anrief, nicht beanstandete:

Dieses erstinstanzliche Gericht akzeptierte die von dieser Detektei vorgelegten Erkenntnisse als wahr. - In diesen Papieren wurde über diesen Antragsteller ausgeführt, er wäre - trotz seiner anderslautenden (auch kraft eidesstattlicher Versicherungen abgegebener) Behauptungen - durchaus in der Lage, in den Abendstunden selbständig und ohne jede fremde Hilfe längere Strecken (von über 2500 Metern) problemlos zu Fuß zurückzulegen.

Das Ziel derartiger „Spaziergänge“ hätte darin bestanden, eine Gaststätte, in der seine Gattin (‚schwarz“) arbeitete, aufzusuchen. Einer „verdeckten Ermittlerin“ gegenüber gab die Ehepartnerin des Antragstellers schließlich an, sie übe die dort verrichtete Tätigkeit als Kellnerin deshalb aus, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, was bedingt durch die mit ihrem Gatten gebildete Bedarfsgemeinschaft (§ 11 I 2 BSHG i. V. m. § 76 1 BSHG) ebenfalls von einer hohen sozialhilferechtlichen Relevanz war.

Der hessische Datenschutzbeauftragte bezeichnete diese in der Tat ungewöhnliche Vorgehensweise des Frankfurter Sozialamtes der Presse gegenüber zwar zum einen als rechtswidrig, äußerte andererseits aber auch — angesichts der besonderen Gegebenheiten dieses Einzelfalles — Verständnis für die Einleitung einer solchen Ermittlungsmaßnahmen, die selbst der Leiter dieses Sozialhilfeträgers als ein „unpopulärer Vorgang“ bezeichnete.

Andererseits zeigten die vom baden-württembergischen Landkreistag ermittelten Daten hinsichtlich der Beschäftigung von derartigen besonderen Außendienstkräften, die mit der Aufgabenstellung der Mißbrauchsermittlung betraut worden sind, aber auch, daß in diesem Zusammenhang die Indienststellung von geringfügig Beschäftigten recht weit verbreitet ist. — In einer ganz besonderen Art und Weise wurde dies durch eine entsprechende Stellenanzeige des bayerischen Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen aus dem Jahre 1997 offenbar: (abgedruckt in: info also 4/1997, S. 230.)

Dieser Sozialhilfeträger suchte dort nämlich „zum nächstmöglichen Zeitpunkt Außendienstmitarbeiter/innen als Mißbrauchsermittler/innen in der Sozialhilfe“.

Die Aufgabe dieser — ebenfalls im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses zunächst auf ein Jahr befristet, unter Vertrag genommenen — Bediensteten sollte darin bestehen, „die Rechtmäßigkeit des Leistungsbezuges zu überprüfen und Leistungsmißbrauch aufzudecken“.

Das von den Bewerberinnen und Bewerbern erwartete Fähigkeitsprofil wurde umschrieben mit: „Verhandlungsgeschick, sicheres Auftreten, einwandfreier Leumund, flexible Arbeitszeiten, die Bereitschaft, sich die notwendigen rechtlichen Kenntnisse im Sozialrecht anzueignen, Führerschein der Klasse III sowie ein eigenes Kfz“.

In entsprechender Weise verfuhr zudem die baden-württembergische Große Kreisstadt Singen (Hohentwiel), die in der Ausgabe Nr. 9 des Staatsanzeigers für Baden-Württemberg vom 8. März 1999 (vgl. dort auf Seite 16 abgedruckt.) in einer Stellenausschreibung — „zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Stelle eines/einer Beauftragten gegen Sozialhilfemißbrauch“ zur Besetzung ausschrieb, — Eine Einstellung war hiernach im Angestelltenverhältnis auf ein Jahr befristet vorgesehen:

„Belastbarkeit und Flexibilität bei der Arbeitszeit“ wurden an dieser Stelle als „unabdingbare persönliche Voraussetzungen für die Wahrnehmung dieser Position,“ die „im Wesentlichen die Überprüfung bei Verdacht des Sozialhilfemißbrauchs in Zusammenarbeit mit Polizei und Zollverwaltung“ umfaßt, erachtet. Nicht aber nur „Überprüfung und Kontrolle sollen zu den von einer derartigen Kraft jeweils im einzelnen zu leistenden Funktionen gehören, sondern wofür stets der Text der Ausschreibung spricht — das Anforderungsprofil umfaßt auch das regelrechte „Beschatten“ von Antragstellern und Sozialleistungsempfängern erforderlichenfalls „rund um die Uhr“.

In auffälliger Weise zählten diese Sozialhilfeträger in keiner Weise eine (gleichwie geartete) „soziale Kompetenz“ zu den für die Wahrnehmung dieser Aufgabenstellung von den einzelnen Interessentinnen und Interessenten zu erfüllenden persönlichen Voraussetzungen.

Es läßt sich zwar in diesen, Zusammenhang der Standpunkt vertreten, ein nicht mit dem Sozialamt ständig —kraft Verbeamtung oder Angestelltenvertrag verbundener Bediensteter bürge für ein gewisses Mehr an von diesem ausgeübter Neutralität, was aber wiederum nicht notwendigerweise der Fall zu sein braucht. — Gerade die bei entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen arbeitgeberseitig recht rasch und problemlos aussprechbare Beendigung des Vertrags - dies gilt nicht zuletzt auch dann, wenn dieser ohnehin nur mit einer Befristung versehen vereinbart worden ist — wird eine/n Mißbrauchsermittler/in dazu veranlassen, sich zum Zwecke der Erhaltung dieser Verdienstmöglichkeit zu profilieren, wo dies immer nur realisiert werden kann.

Schließlich besteht an dieser Stelle noch der Punkt der von einer derartigen Außendienstkraft ebenfalls zu leistenden Tätigkeit der Bedarfsfeststellung in dem Sinne, daß diese/r Bedienstete/r nicht nur im Rahmen des von ihr/ihm ausgeführten Hausbesuchs auf den von den Bedürftigen gestellten Leistungsantrag bezug nimmt, sondern Mittellosen nach erfolgter Feststellung deren tatsächlich sich darstellender Wohn- und Wirtschaftsverhältnisse ebenfalls mit Rat und Tat hinsichtlich der Wahrung sozialer Rechte beisteht. Dies gilt beispielsweise dann, wenn bei Gelegenheit eines Hausbesuchs die/der entsprechende Außendienstmitarbeiter/in registriert, wie unzureichend gekleidet die Mitglieder des betr. Haushaltes sind, im einzelnen nicht beantragte „Gebrauchsgüter von längerer Gebrauchsdauer“ dort fehlen oder bedingt durch eine Überschuldung sich die Hilfsbedürftigkeit vor Ort deutlich ausgeprägter darstellt, als dies dem Sozialamt bislang bekannt war:
Hier wäre jeweils vom zuständigen Sozialhilfeträger die Erbringung von Leistungen nach § 21 I a Ziff. 1 und 6 BSHG sowie der §§ 17 und 72 BSHG dringend geboten.

Auch ein Mitglied eines derartigen „Ermittlungsdienstes“ als ein mit einem Sozialamt in der oben beschriebenen Weise vertraglich verbundener Bediensteter repräsentiert im Rahmen seiner Betätigung den jeweiligen Sozialhilfeträger, so daß § 5 I BSHG hier zur Anwendung gelangen kann.

Ausweislich der oben zitierten Stellenausschreibungen des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen wie auch der Großen Kreisstadt Singen (Hohentwiel) gehört aber die Ausübung derartiger helfender oder unterstützender Funktionen in keiner Weise zum von einer solchen Kraft zu erfüllenden Dienstauftrag:

Diesem Befund ist mit Kritik zu begegnen und unterstreicht die diesen „Sozial(hilfe)detektiven“ von seiten der öffentlichen Träger beigemessene Bedeutung als „Amtsträger mit besonderen Aufgaben“, die gerade aber nicht auch in der Aufklärung (§ 13 SGB I), Beratung (§ 14 SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I) des einzelnen in sozial(hilfe)rechtlich bedeutsamen Fragen, sondern in der Eingrenzung der von einem Sozialamt zu bestreitenden Ausgaben in entsprechend gelagerten Fällen besteht. (vgl. zum Thema „ Haushaltskonsolidierung durch Verbesserung der Sozialhilfe“ bei Schoch ZfF 1998, S. 217, (220).)

Insoweit macht es in der Sache keinen Unterschied, ob ein Sozialamt ein Detektivbüro beauftragt oder von ihm selbst kraft Angestellten- oder Werkvertrag beschäftigte Kräfte resp. beamtete Bedienstete mit der Wahrnehmung entsprechender Funktionen betraut:

Die Zielrichtung ist stets die gleiche, nämlich das Bestreben nach der Aufdeckung eines nicht gerechtfertigten, aber vom einzelnen geltend gemachten Bedarfs.

Selbst das für die Gestaltung des Sozialhilferechts in dieser Legislaturperiode zuständige Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung äußerte Zweifel daran, ob Ausschreibungstexte für Außendienstmitarbeiterstellen bei Sozialhilfeträgern wie sie oben beschrieben worden sind dem Erfordernis eines besonderen, auf gegenseitigem Vertrauen basierenden Zusammenwirkens von Sozialamt und Hilfeempfänger noch gerecht werden. (vgl. Schreiben dieses Ministeriums an den Verfasser vom 10. März 1998 (GZ: Vcl – 96 – Hammel/99).)

„Sie kommen im Morgengrauen, schnüffeln in Firmenkarteien und verschaffen sich Zugang zu den Personaldaten von Arbeitsämtern.

Sie machen Nachbarn zu Spitzeln, terrorisieren das Umfeld von „Verdächtigen“ und sehen im Denunziantentum einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit:

„Sozialamtsdetektive“. — Ein trauriges Kapitel aus dem bundesdeutschen Rechtsstaat“ beginnt ein im Jahre 1985 zu diesem vielschichtig problematischen Thema der
(Un -)Vereinbarkeit entsprechender „Ermittlungsdienste“ mit Recht und Gesetz veröffentlichter Artikel. (Fender sozialmagazin 6/1985, S. 15 ff.)

Innerhalb des im Dezember 1997 vom baden-württembergischen Landesbeauftragten für den Datenschutz vorgelegten 18. Tätigkeitsbericht (LT-Drucksache 12/2242; auszugsweise abgedruckt in: info also 1/1998, S. 53 ff.) nahm dieser ebenfalls bezug auf den bei Sozialhilfeträgern in Baden-Württemberg verstärkt feststellbaren Einsatz von „Sozialdetektiven“, aber auch auf die in diesem Sachzusammenhang thematisierten Kritikpunkte („härtere Gangart gegen Sozialhilfeempfänger“, „Beschattung“, „Erwartung, in vielen Fällen Sozialhilfebetrug aufzudecken“ etc.).

In diesem Papier wurden diese Thematik betreffend sechs Feststellungen betroffen:

1.,,Sozialdetektive“ stellen Bedienstete des jeweiligen Sozialhilfeträgers mit einem besonderen Prüfauftrag dar, die an die aus dem Zweiten Abschnitt des Zweiten Kapitels („Schutz der Sozialdaten“) des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) hervorgehenden Grundsätze der Datenerhebung gebunden sind:

Die Zentralnorm verkörpert hier § 67 a SGB X, die Grundbestimmung des für das Sozialrecht Gültigkeit besitzenden, bereichsspezifischen Datenschutzrechts.

2. Sozialdaten können entsprechend § 67 a I SGB X lediglich bei konkretem Verdacht (und nicht zum Zwecke der Begründung von Verdachtsmomenten oder „auf Verdacht“) erhoben werden. (vgl. zur Begriffsdefinition „Datenerhebung“: § 67 V SGB X („Beschaffen von Daten über den Betroffenen“) sowie bei Schnipper, in: Jahn: SGB X, Rz. 3 zu § 67 a SGB X.) Für eine Bejahung der Erforderlichkeit i. S. d. § 67 a I SGB X genügt aber bereits, daß die jeweilige Aufgabe auf andere Weise lediglich unter unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten erfüllt werden kann. Die Datenerhebung hat demnach stets ein geeignetes Mittel zu sein, für das keine zumutbare Alternative besteht. (Rombach, in: Hauck: SGB X/1,2, Rz. 46 zu K § 67 a.)

3. Der in § 67 a II 1 SGB X festgeschriebene Grundsatz der offenen Ermittlung beim Antragsteller/Sozialhilfeempfänger hat aber auch an dieser Stelle volle Gültigkeit:

Der mit der Wahrnehmung der entsprechenden Ermittlungsaufgabe betraute Bedienstete ist im Einzelfall gehalten, dem Befragten gegenüber ohne Aufforderung seinen Auftraggeber anzugeben und dem Antragsteller/Sozialleistungsempfänger gegenüber zu erläutern, weshalb er welche Tatbestände bei ihm überprüft, ob der Überprüfte zur Auskunft verpflichtet ist und welche Folgen eine Verweigerung jedwelcher Mitwirkung nach sich ziehen kann. (vgl. hierzu auch Schnipper, in Jahn: SGB X, Rz. 5 zu § 67 a SGB X, der darauf verweist, diesem Ersterhebungsprinzip werde in der Praxis regelmäßig dadurch entsprochen, indem der Betroffene einen Antrag abzuzeichnen und dabei ein Formular des Sozialleistungsträgers zu verwenden hat, das bereits eine Gestattung zur Erhebung von Daten mit einschließt.)

Das Grundrecht der Unverletzlichkeit des Wohnraumes (Art. 13 I GG) hat hierbei stets eine Wahrung zu erfahren. Es besteht auf Seiten des Antragstellers/Hilfsbedürftigen keinerlei Verpflichtung, Ermittlungsbediensteten Einlaß in die von ihm bewohnte Unterkunft zu gewähren.

4. Eine Befragung Dritter (von Nachbarn, Vermietern, Hausverwaltern, Arbeitgebern, Mitarbeitern, Angehörigen etc.) kann lediglich unter den besonders engen Voraussetzungen des 67 a II 2 Ziff. 2 SGB X erfolgen. Es handelt sich hier um eine — unter Berücksichtigung des aus den Art. 1 und 2 GG ableitbaren Grundrechts des einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfG NJW 1984, S 422 ff.) —zulässige Einschränkung des einem Sozialleistungsträger nach § 20 I SGB X eingeräumten, von ihm pflichtgemäß auszuübenden Ermessen. (vgl. Schroeder-Printzen: SGB X, Rz. zu § 67 a SGB X.)

Eine Datenerhebung bei anderen, ohne Mitwirkung des Betreffenden, ist Ausnahme wie Ultima ratio, d. h. der Sozialhilfeträger hat zunächst sämtliche Möglichkeiten der Datenerhebung beim zu Überprüfenden zu versuchen, bevor andere über ihn einer Befragung unterzogen werden können.

Das — grundrechtlich geschützte —- Recht des einzelnen, selbständig und eigenverantwortlich über eine — seine Person betreffende — Datenerhebung und -weitergabe zu entscheiden, erfährt an dieser Stelle eine Einschränkung.

Die Teilnahme Dritter an einer derartigen, in offener Form zu erfolgenden Befragung ist freiwillig. — Eine entsprechende Weigerung kann für die sich zu einer Aussage nicht bereiten keine Sanktionen nach sich ziehen.

Es ist in diesem Zusammenhang stets die Durchführung einer Güterabwägung gefordert, und zwar zwischen dem Interesse des Antragstellers/Hilfsbedürftigen an einem umfassenden Persönlichkeitsschutz sowie einer hieraus resultierenden Unterlassung einer Erhebung von personenbezogenen Daten über den Betreffenden bei Dritten und dem Interesse des Sozialhilfeträgers an der Durchführung einer derartigen Maßnahme. (vgl. zu einer solchen Güterabwägung auch das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 26. Mai 1983, abgedruckt in: NDV 1985, S. 52 ff.)

5. Eine verdeckte Ermittlung als Regelmaßnahme ist in jedem Fall unzulässig.

Für ein solches Verhalten fehlt es — im Gegensatz zum Strafprozeß- sowie zum Polizei- und Qrdnungsrecht — an einer aus dem SGB X hervorgehenden Ermächtigungsgrundlage, die von der öffentlichen Hand für ein derartiges Tätigwerden herangezogen werden könnte.

Eine entsprechende Form der Datenerhebung führt überdies zu einer Feststellbarkeit einer Vielzahl von Daten und sonstigen Erkenntnissen aus der Privatsphäre des Betreffenden, die mit dessen geltend gemachtem Anspruch auf Leistungen nach dem BSHG in keiner Weise zusammenhängen.

Auch an dieser Stelle sind hiernach aber Gegebenheiten vorstellbar, wo eine solche Maßnahme als zulässig aufgefaßt werden kann. Dies gilt beispielsweise dann, wenn an einem der Öffentlichkeit frei zugänglichen Ort die entscheidungserheblichen Daten wesentlich einfacher erhoben werden können als über eine (direkte) Datenerhebung bei Dritten:

Hiervon ist beispielsweise auszugehen, wenn über einen Besuch einer Gaststätte zu deren regulärer Öffnungszeit verifiziert werden soll, ob ein Antragsteller/Sozialhilfeempfänger dort eine dem Sozialamt — trotz dessen Nachfrage — verschwiegene Erwerbstätigkeit ausübt oder nicht.

Der Grundsatz des geringstmöglichen, von der öffentlichen Hand stets vorzunehmenden (Grundrechts-) Eingriffs muß hier in einer ganz besonderen Art und Weise gewahrt werden: (vgl. bei Rombach, in: Hauck: SGB X/1,2, Rz. 60 zu K § 67 a, der darauf verweist, daß bei einer Datenerhebung „bei anderen Personen oder Stellen“ gemäß § 67 a II 2 Ziff. 2 SGB X der Grundsatz der Angemessenheit der Datenerhebung von einer herausragenden Bedeutung ist, „da diese Erhebung typischerweise mit der Bekanntgabe von Sozialdaten des Betroffenen an Stellen außerhalb der Sozialverwaltung verknüpft ist“.)

In jedem Fall hat die finanzielle Dimension des aufzudeckenden Mißbrauchs eine entsprechende Maßnahme sachlich zu rechtfertigen sowie haben die einzelnen Beobachtungen zeitlich und vom Umfang her eng begrenzt zu sein, die Erteilung eines Ermittlungsauftrages an die Strafverfolgungsorgane sowie eine solche „Beschattung“ gemäß der vom baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten abgegebenen Stellungnahme stets vom Leiter des betreffenden Sozialamtes persönlich angeordnet zu werden. — Dies war im vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Main) am 15. Juni 1998 entschiedenen Vorgang auch der Fall.

Dem Landkreis- und dem Städtetag Baden-Württemberg war es Im Zusammenhang mit den von ihnen zusammen mit dem Innenministerium Baden-Württemberg geführten Verhandlungen hinsichtlich einer Kooperation in Sachen Verhütung und Verfolgung von Sozialhilfemißbrauch“ ein „wichtiges Anliegen“, daß „in schwierigen Einzelfällen, z. B. bei der Feststellung von Schwarzarbeit, rechtsstaatlich zulässig, auch eine verdeckte/heimliche Beobachtung von Sozialhilfeempfängern stattfinden kann“. (vgl. Gemeinsames Rundschreiben Az.: 80/1999 des Landkreistages sowie Az.: 1648/1999 des Städtetages vom 9. Februar 1999.)

Dem am 29. April l998 (BR-Drucksache 388/98, stellenweise abgedruckt in: SOZIALRECHT AKTUELL 6/1998, S. 23 ff. m. Anm. von Frings.) vom Freistaat Bayern dem Bundesrat übermittelten Gesetzesantrag in Sachen „Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung von Arbeitsanreizen und zur Vermeidung von Mißbrauch in der Sozialhilfe“ blieb aber der Erfolg gänzlich versagt. Eines der Ziele dieses Papiers sollte darin bestehen, innerhalb des für das SGB geschaffenen bereichsspezifischen Datenschutzes in den §§ 67 a und § 69 SGB X – „klarzustellen, daß auch stichprobenhafte Nachfragen der Sozialleistungsträger zur Kontrolle des Leistungsmißbrauchs ohne Anfangsverdacht zulässig sind“. (BR-Drucksache 388/98, S. 3.)

Im einzelnen bestand hier der Plan, in die Grundsatznorm des § 67 a I SGB X einen Satz 2 des nun folgenden Inhalts einzufügen:

„Die Erhebung von Daten setzt einen, Anfangsverdacht nicht voraus“.

Der Sinn und Zweck dieses § 67 a I 2 SGB X i. d. F. des Entwurfs des Freistaates Bayern sollte es der von diesem Bundesland abgegebenen Begründung nach darin bestehen, eine „Klarstellung“ zu bewirken, damit die in dieser Beziehung bestehenden Uneinigkeiten hinsichtlich einer Zulässigkeit eines derartigen Vorgehens einem Ende zugeführt werden — eine angeregte Änderung, der der entwerfende Freistaat Bayern die Bedeutung beimaß, sie wäre „geeignet und erforderlich zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtspraxis und im Interesse der Schaffung effektiver Generalklauseln für die Mißbrauchskontrolle“. (BR-Drucksache 388/98, S. 13.)

Dieser – Ende 1998 im Bundesrat gescheiterten – Initiative merkte Frings (SOZIALRECHT
AKTUELL 6/1998, S. 24.) an, gerade die vorab zitierte Passage mache diesen Gesetzentwurf
„vollends abwegig und außerordentlich bedenklich“, ja sogar zu einem „Skandal“ und „seine
Umsetzung“ (sei) „ein Armutszeugnis für einen Rechtsstaat!“ Verwiesen wurde an dieser
Stelle auf die Tatsache der Verfassung der BR Deutschland als einem Rechtsstaat, wo bei
Sozialhilfeempfängern keine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Verfolgung von
Delikten zumindest einen Anfangsverdacht voraussetzt, gemacht werden dürfe.

Die Tatsache, daß in der Begründung zu dieser Initiative der Freistaat Bayern anfügte, „aus dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ würde sich ergeben, „Zahl und Maß der Stichprobenkontrollen“ hätten „in einem angemessenen Verhältnis zum zu erwartenden Erfolg zu stehen“, führt hier zu keiner anderen Beurteilung, denn der nächste Satz lautete dort:

„Ein wichtiger Anhaltspunkt für künftige Anfragen kann jeweils aus dem Ergebnis früherer Anfragen gewonnen werden ” ( BR-Drucksache 388/98, S. 13.) - ein Zirkelschluß?

Festzuhalten bleibt, einzig die Tatsache der Beantragung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG als solche sowie ein hierauf gestützter „pauschaler Allgemeinverdacht“ als Ausdruck eines „bloßen Mißtrauens“ dem betreffenden Personenkreis gegenüber darf in keiner Weise für ein Verlangen nach einer Erhebung derartiger personenbezogener Daten ausreichen, d. h. die Grundlage dafür bieten, sozialamtlicherseits „besondere Ermittlungen“ einzuleiten. Stets haben zur sachlichen Rechtfertigung einer solchen Aktion konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der vom Antragsteller getätigten Angaben vorzuliegen, damit ein weiteres Vorgehen zum Zwecke der Behebung von Zweifeln geboten erscheint:

Entsprechendes brachte der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Nordrhein-Westfalen in seiner Stellungnahme vom 19. September 1997 im Zusammenhang mit der von einem Stadtkreis aus diesem Bundesland verfolgten Verwaltungspraxis, bei jedem Grundantrag auf Gewährung von Sozialhilfe formularmäßig die Ermächtigung zur Einholung von Bankauskünften zu verlangen, zum Ausdruck (Info also 1998, S 52 ff.), womit dieser Datenschützer sich voll und ganz im Einklang mit der in dieser Beziehung bestehenden Rechtsprechung (Hessischer VGH, Beschluß vom 7. Februar 1995 (info also 1995, S. 222 ff.) sowie das Verwaltungsgericht Kassel, Beschluß vom 28 Mai 1990 (info also 1991, S. 39.) und Literatur (Sterzel info also 1/1985, S. 5 ff.; Stahlmann info also 1989, S. 137 ff. sowie auch den Aufsatz von Beckmann: „Datenschutz im Sozialamt“, abgedruckt in: ZFSH/SGB 1998, S. 92 ff. und S. 131 ff.) befand.

Die Tatsache des Scheiterns des Gesetzesantrags des Freistaates Bayern vom 29. April 1998 warf somit für die Praxis des Vollzugs des BSHG aus der Sicht der öffentlichen Verwaltung die Frage nach dem Bestehen einer Rechtsgrundlage gerade für ein verdeckt vorgenommenes Erheben von Daten auf. Solange in dieser Beziehung aber keine eindeutige Norm besteht, sind die Sozialhilfeträger darauf verwiesen, das im Dezember 1997 von Seiten des baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten geäußerte „grundsätzliche Nein!“ zur Betätigung verdeckter Ermittler zu befolgen, d. h. auf ganz besonders gelagerte Ausnahmefälle zu begrenzen, in denen jede andere Vorgehensweise — auch für die hiervon Betroffenen — unangenehmer und schwieriger wäre.

6. Es besteht ein Mindeststandard für die Auftragserteilung und Dokumentation von Ermittlungen. — Bedingt durch die Trennung von Sachbearbeitung hier sowie Ermittlung des Sachverhalts dort unterstrich der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte zum einen das Erfordernis der exakten Instruktion des einzelnen Betroffenen über die jeweilige Rechtslage, auch was die Grenzen dieser Betätigung anlangt.

Zum anderen sind vom jeweiligen „Sozial(hilfe)detektiv“ sowohl die Auftragserteilung als auch die von ihm durchgeführten „Einsätze“ umfassend zu dokumentieren:

Es handelt sich hier um Daten, die aus Gründen der Überprüfbarkeit und der Transparenz dieses Ermittlungsverfahrens in die jeweilige Sozialhilfeakte aufgenommen zu werden haben.

Im Rahmen der vom baden-württembergischen Landtag in seiner am 16. Juli 1998 abgehaltenen Plenarsitzung in Sachen „Aufgaben und Arbeitsmethoden" der „Sozialamtsdetektive“ verwies der diese Aussprache einleitende Abgeordnete der Landtagsfraktion der Republikaner darauf, seit der Vorlage des oben zitierten Berichts des baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten vom Dezember 1997 hätten sich „gewisse Irritationen bei den Kreisen“ eingestellt. Insbesondere nahm dieser Redner wiederum an der Frage Anstoß, wie Mißbrauch denn verfolgbar sein solle, wenn Nachforschungen unzulässig sind, die zur Sammlung von Verdachtsmomenten zu führen haben. Eine wirkliche Mißbrauchsverfolgung erfordere den dort eingenommenen Standpunkten zufolge auch die Ermächtigung zur stichprobenartig möglichen Durchführung von besonderen Überprüfungen.

Dieser Republikaner-Politiker forderte zudem von der baden - württembergischen Landesregierung Auskunft darüber, ob sie die „restriktive Haltung“ ihres Datenschutzbeauftragten, der die „Gefahr des gläsernen Sozialhilfeempfängers“ sehe, oder ob sie der von seiten des Ministerpräsidenten vertretenen Linie folge, der „vor dem Landkreistag Datenabgleiche zwischen den Sozialämtern und Rathäusern sowie sogar zwischen Polizei und den Sozialämtern zur besseren Verfolgung von Sozialhilfebetrug“ forderte.
Nach den Auslassungen des Datenschutzbeauftragten vom Dezember 1997 wüßten die im Auftrag von Sozialhilfeträgern tätigen Ermittler den dort vertretenen Standpunkten nach nicht mehr, wie sie sich im Rahmen des von ihnen übernommenen Dienstes zu verhalten haben. Es könne schließlich nicht als ein Ausdruck einer verantwortlichen Politik der Landesregierung aufgefaßt werden, „die Stadt- und Landkreise in ihrem Bemühen um Aufdeckung von Sozialhilfemißbräuchen so im Stich zu lassen“. (vgl. Abgeordneter Deuschle, in: Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 3. August 1998 (Nr. 30), S. 10.)

Die Rednerin der Fraktion BÜNDNIS 90/D1E GRÜNEN im baden-württembergischen Landtag strich in ihrer Ansprache hingegen heraus:

„Sozialdetektive können nicht wie Sam Spade im Hollywoodfilm arbeiten“.

Diese könnten „nur ganz ausnahmsweise ohne Wissen der Betroffenen heimlich Daten erheben, um beispielsweise festzustellen, ob schwarzgearbeitet werde“. (vgl. Abgeordneter Bender, in: Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 3. August 1998 (Nr. 30), S. 10.)

Der Redner der SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag legte schließlich im einzelnen dar, der dortige Landesdatenschutzbeauftragte wäre auf der richtigen Linie gelegen als er die Kriterien für die Arbeit der Sozialamtsdetektive „eng begrenzte“ und führte im einzelnen aus, „obwohl sich die Kontrollinstanzen bewährt hätten, müsse wegen der Bedenken des Datenschutzbeauftragten nach Alternativen gesucht werden. Bei Vorliegen begründeter Verdachtsmomente auf Sozialhilfebetrug müsse die Polizei eingeschaltet werden“. (vgl. Abgeordneter Goll, in: Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 3. August 1998 (Nr. 30), S. 10.)

Mit der „Gemeinsamen Empfehlung von Landkreistag, Städtetag und Innenministerium Baden-Württemberg zur Zusammenarbeit von Sozialleistungsbehörden und Polizei“ vom 1. Februar 1999 wurde ein prinzipiell zu bejahender Schritt vorgenommen, der nicht nur zu einer besseren Verfolgung von Sozialhilfebetrug — bedingt durch das in diesem Papier näher geregelte Einschalten der Polizei —‚ sondern auch zu einer „Ent-Polizeilichung“ der für Sozialhilfeträger tätigen Ermittlungsdienste führen kann.

4 Zur Praxis der nach § 117 RSHG möglichen Datenabgleiche

Es war der baden-württembergische CDU-Ministerpräsident Teufel, der im Sommer 1997 im Anschluß an eine Klausurtagung des Ministerrats der dortigen CDU-F.D.P/DVP-Landesregierung in Sachen „kritischer Überprüfung der Sozialhilfeausgaben im einzelnen durch die Landesregierung“ (vgl. Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 15. September 1997 (Nr. 35), Seite 1.) es ausdrücklich begrüßte, „daß auf sein Drängen ab Beginn des Jahres 1998 Daten zwischen den Sozialhilfeträgern automatisch abgeglichen werden können. Dadurch werde ein Mißbrauch entschieden erschwert“.

Im Rahmen des auch als ein „Staatsnotlagegesetz“ (vgl. Giese ZfF 1993, Seite 145.) bezeichneten „Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG)“ vom 23. Juni l993 (BGBl. I 1993, Seite 944 ff.) schlug sich deutlich das auf seiten des Gesetzgebers zum damaligen Zeitpunkt verfolgte Bestreben wieder, durch eine verfügte Erhöhung und Neuverteilung der Steuern sowie durch Einsparungen bei Besoldungen, Subventionen und Sozialleistungen den damals bereits vorherrschenden sowie den vorausgesehenen Anforderungen gerade hinsichtlich des Systems der sozialen Sicherung umfassend zu begegnen. Die durch Artikel 7 FKPG verfügten Änderungen des BSHG standen ebenfalls maßgeblich unter dem diesem Gesetz übergeordneten Ziel der „Konsolidierung der öffentlichen Haushalte als Grundlage einer gesunden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“. (BT-Drucksache 121/93, Seite 1.)

Durch den zum damaligen Zeitpunkt in Kraft getretenen § 117 BSHG („Überprüfung, Verwaltungshilfe“) sollte
ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 12/4401, Seite 85.) ein Beitrag zu einer
Aufdeckung wie auch einer Verhinderung einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme von Sozialhilfe geleistet
werden. Es handelt sich hier um eine bereichsspezifische Datenschutzregelung, die die Normen des § 35 SGB I
(„Sozialgeheimnis“) wie auch der §§ 67 ff SGB X („Schutz der Sozialdaten“) ergänzt und in dieser Form
bislang nicht im Sozialhilferecht enthalten war.

Entsprechend § 117 I-III BSHG werden die Sozialhilfeträger dazu ermächtigt, Bezieher von Leistungen der Sozialhilfe im Wege des durchgeführten automatisierten Datenabgleichs daraufhin zu überprüfen, ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von Sozialhilfeempfängern

- Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit oder der Träger der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung bezogen werden oder wurden sowie in welchem Umfang Zeiten des Leistungsbezuges nach dem BSHG mit Zeiten einer versicherungspflichtigen oder einer geringfügigen Beschäftigung zusammentreffen (§ 117 II 1 BSHG);
- Leistungen nach dem BSHG durch andere Sozialhilfeträger bezogen werden oder wurden (§ 117 II 1 BSHG)

sowie

- Daten von Personen, die Leistungen nach dem BSHG beziehen, bei anderen Stellen der jeweiligen Kommunal- oder Landesverwaltung, anderen Kommunen oder Eigenbetrieben zu überprüfen, soweit dies für eine sachgerechte Aufgabenerledigung als erforderlich einzuschätzen ist (§ 117 III 1 BSHG).

Über das zum 1. August 1996 in Kraft getretene „Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts“ (BGBl. 1 1996, S. 1088.) wurde — auf die „Beschlußempfehlung“ des Bundestagsausschusses für Gesundheit (14. Ausschuß) vom 28. Februar l996 (BT-Drucksache 13/3904, S. 22 und 47/48.) hin —in die Absätze II und III dieses § 117 BSHG zusätzlich die Zulässigkeit der Durchführung eines automatisierten Datenabgleichs durch die beteiligten Stellen der öffentlichen Hand festgeschrieben. Es ist hiernach beispielsweise der Abgleich der Daten derjenigen, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG erhalten mit denjenigen, die bei einer Kfz-Zulassungsstelle gemeldet sind, möglich. (in BT-Drucksache 13/3904, S. 47/48 wurde noch darauf verwiesen, die Länder hätten „sich weitgehend darauf verständigt, daß dies aufgrund des geltenden Wortlauts aus Datenschutzgründen nicht zulässig sei“.)

Schellhorn/Jirasek/Seipp (BSHG, 15. Aufl. Neuwied 1997, Rz. 11 zu § 117 BSHG.) merken dieser Bestimmung kritisch an, hier wäre der Gesetzgeber „an die Grenze des datenschutzrechtlich Zulässigen“ gegangen:

Eine aus dieser Sicht „nicht unbedenkliche“ Entwicklung, „weil sich diese gesetzlichen Regelungen oft hart an der Grenze des grundrechtlich gesicherten informationellen Selbstbestimmungsrechts bewegen und sich zudem auch teilweise mit den Grundregelungen des SGB I und X stoßen“. (BSHG; 15. Aufl. Neuwied 1997, Rz. 10 zu § 117 BSHG.)

Kunkel (NVwZ 1995, S. 21 ff. (24).) faßte seine Betrachtungen über § 117 BSHG 1993 schließlich mit den Worten zusammen:

§ 117 BSHG widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Rechtspolitisch ist eine gefährliche Tendenz festzustellen, mit immer neuen Gesetzen dem Unmut der Bevölkerung über Mißstände begegnen zu wollen, anstatt die vorhandenen Gesetze anzuwenden, und ohne zu bedenken, ob und wie die neuen Gesetze ausführbar sind. Die Neuregelung in § 117 BSHG ist populistisch motiviert, grammatikalisch regelwidrig, terminologisch fehlerhaft und juristisch unbedacht – also eher Kontrollmißbrauch als Mißbrauchskontrolle“.

Entsprechende Feststellungen wurden trotz der Tatsache getroffen, daß der Gesetzgeber über § 177 BSHG keinen „generellen Datenaustausch“ zwischen den in dieser Bestimmung im einzelnen genannten Stellen für zulässig erklärte, sonder diese Norm lediglich eine „Einbahnstraße“ zu Gunsten der Sozialhilfeträger darstellt. (Schellhorn/Jirasek/Seipp: BSHG; 15. Aufl. Neuwied 1997, Rz. 17 zu § 117 BSHG.)

Die Folgen der Anwendung dieser „Überprüfungsnorm“ sind aber umstritten:

Dies gilt nicht nur hinsichtlich der zu erwartenden „Ausbeute“ an aufgedeckten Betrugsfällen - wo die Strafverfolgungsbehörden bereits nach bisherigem Recht über die Möglichkeit verfügen entsprechende Abgleiche durchzuführen, sondern auch in bezug auf die hierdurch noch größer werdenden Ängste von Notleidenden, sich einem Sozialamt anzuvertrauen, weil stets ein (für den einzelnen verhängnisvoller) „Kontextverlust der dort im einzelnen angegebenen Daten befürchtet wird. (vgl. hierzu bei Krahmer ZfSH/SGB 1993, S. 524 ff. sowie bei Marschner NjW 1998, S. 3627 ff.)

Am 1 März 1999 trug beispielsweise die in Stuttgart für soziale Angelegenheiten zuständige Bürgermeisterin dem Sozialausschuß des Gemeinderates dieser Landeshauptstadt gegenüber die Ergebnisse über den im Jahre 1998 von der Sozialverwaltung veranlaßten Datenabgleich zwischen Kfz-Zulassungsstelle und Sozialamt vor. Die dortige Lokalpresse stellte die entsprechende Meldung in Form eines Artikels dar, der mit „Signalwirkung für Sozialhilfebetrüger“ überschrieben war, und in dem ausdrücklich darauf verwiesen wurde, zur Durchführung eines derartigen „sogenannten kleinen Datenabgleichs auf kommunaler Ebene“ hätte „sich die Sozialverwaltung im Dezember 1997 erst durchringen können, nachdem unsere Zeitung die Kontrollpraxis des Stuttgarter Sozialamtes kritisiert hatte. Denn rechtlich erlaubt ist der kommunale Datenabgleich bereits seit 1993“: (vgl. Dönges, in: Stuttgarter Nachrichten vom 2. März 1999 (Nr. 50), Seite 17.)

Es handelt sich hier um ein Beispiel, wie der von den Medien ausgeübte Druck zur Herausbildung einer besonderen Verwaltungspraxis führen kann.
Im einzelnen hatten von den 13 970 Stuttgarter Haushalten, die im Jahre 1997 Leistungen nach dem BSHG vom dortigen Sozialamt erhielten, ungefähr 17 % ein eigenes
Fahrzeug zugelassen. In 144 Fällen (6,07 %) hätten hiergegen amtlicherseits „sozialhilferechtliche Bedenken“ geltend gemacht werde müssen. In 98 Fällen wären „sozialhilferechtliche Konsequenzen“ gezogen worden, d. h. in 69 Fällen stellte der Stuttgarter Sozialhilfeträger seine Zahlungen vollständig ein.

Den Aufwand für eine derartige Untersuchung faßte aber selbst die Sozialbürgermeisterin als „relativ aufwendig für eine solch kleine Summe von sechs Prozent“ auf; dennoch dürfe hiernach die „abschreckende Signalwirkung“ auf potentielle Betrüger nicht unterschätzt werden. Angaben über die Kosten für das erforderliche Computerprogramm und die von städtischen Bediensteten investierte Arbeitszeit wurden in diesem Termin genausowenig getätigt wie über die bezifferbare Ersparnis durch teilweise oder vollständig verfügte Zahlungseinstellungen in den als „bedenklich“ eingestuften Fällen.

Die „Effizienz“ eines derartigen Vorgehens erscheint somit ausgesprochen zweifelhaft. Dies gilt unter Berücksichtigung der Ausführungen des BVerwG innerhalb seines Urteils vom 19. Dezember 1997 (ZFSH/SGB 1998, S. 215 ff. – Besprechung dieses Urteils bei Hammel ZfS 1998, S. 292 ff.) um ein Weiteres:

Dort entwickelte dieses Gericht. die Auffassung, ein Kraftfahrzeug als verwertbarer Vermögensgegenstand (§ 88 I BSHG) wäre über § 88 II Ziff. 8 BSHG „mittelbar“ als Schonvermögen eines Sozialhilfeempfängers aufzufassen, wenn bei Anrechnung des (zu erwartenden) Erlöses aus der Veräußerung die betr. Barbeträge oder Geldwerte nicht den nach dieser Vorschrift maßgeblichen Freibetrag (§ 1 I 1 Ziff. 1 DVO zu § 88 II Ziff. 8 BSHG: DM 2500,--; bei einem unter 60jährigen, erwachsenen und nicht erwerbsunfähigen, alleinstehenden Haushaltsvorstand.) übersteigen.

Trotzdem begrüßte es der baden-württembergische Ministerpräsident im Sommer 1997 im Zusammenhang mit der damals vom Ministerrat angekündigten „kritischen Überprüfung der Sozialhilfeausgaben“ ausdrücklich, daß „auf sein Drängen ab Beginn des Jahres 1998 Daten zwischen den Sozialhilfeträgern automatisch abgeglichen werden können“. An gleicher Stelle wurde zudem angekündigt, die Landesregierung werde prüfen, oh zur Bekämpfung des mit Sozia1hilfemitteln betriebenen Mißbrauchs, der durch ein solches Verfahren entschieden erschwert werden würde, „die Übermittlung von Daten auch an andere Stellen erforderlich
sei“. (Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 15. September 1997 (Nr. 36), Seite 1.)

Zugegebenermaßen hat ein mit öffentlichen Leistungen betriebener Mißbrauch in ausnahmslos jedem Bereich dieser Gesellschaft verfolgt zu werden. Zwei zentrale Fragen werfen sich aber an dieser Stelle auf, nämlich ob die Sozialhilfeträger hier wirklich die richtigen Adressaten hinsichtlich eines entsprechenden Vorgehens sind, zumal die Aufdeckung und Verfolgung strafbarer Handlungen in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften fällt, sowie, ob selbst eine erfolgreiche Bekämpfung des mit Leistungen der Sozialhilfe praktizierten Betrugs die kommunalen Finanzprobleme zu lösen vermag, was angesichts der - oben aufgezeigten — finanziellen Dimension von Aufwand und Ertrag derartiger Aktionen eher anzuzweifeln ist. (vgl. hierzu auch bei Schoch RDV 1998, S. 195 ff.)

Das ,,Erste Gesetz zur Änderung des Medizinproduktegesetzes (1 . MPG-ÄndG 6)“ vom 6. August 1998 (BGBl. I 1998, S. 2005 ff.) bewirkte ebenfalls eine Änderung des die Übermittlung von Daten durch Sozialleistungsträger für Aufgaben der Polizei, der Justiz und sonstiger Behörden regelnden § 68 SGB X. Hiernach erklärt es der Gesetzgeber für zulässig, daß beispielsweise ein Sozialhilfeträger einem Strafverfolgungsorgan, bei Beachtung einer Bagatellgrenze in Höhe von DM 1000,-- auf dessen Ersuchen hin nicht nur Angaben zur Person von sich betrügerisch verhaltenden Sozialleistungsbeziehern macht, sondern auch dessen derzeitige Anschrift sowie den Namen und die Adresse seines Arbeitgebers mitteilt. Zu den an dieser Stelle zu beachtenden Voraussetzungen für einen solchen Vorgang gehört es beispielsweise daß keine „schutzwürdigen Interessen“ des Betreffenden beeinträchtigt werden wie auch nicht die ersuchte Stelle sich die entsprechenden Daten selbst beschaffen kann (§ 68 I 2 SGB X).

In Ausübung der sowohl aus § 117 I 7 BSHG als auch aus § 117 II 6 BSHG hervorgehenden Ermächtigungskompetenz erließ das Bundeskabinett am 6. November 1997 schließlich die — mit Wirkung zum 1. Januar 1998 in Kraft getretene — „Verordnung zur Durchführung des § 117 I und II des Bundessozialhilfegesetzes (Sozialhilfedatenabgleichsverordnung - SozhiDAV)“.

Die baden-württembergische Landesregierung forderte die im dortigen Bundesland bestehenden Sozialhilfeträger auf, sich an dem auf dieser Grundlage möglichen Datenabgleich zu beteiligen, mit dem insbesondere von Antragstellern nicht angegebene Beschäftigungszeiten oder geringfügige Beschäftigungen aufgedeckt werden könnten. (vgl. Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 14. Dezember 1998 (Nr. 49), Seite 11 unter Hinweis auf eine entsprechende Stellungnahme des Sozialministeriums Baden-Württemberg (LT-Drucksache 12/2823).) Gemäß § 117 I und II BSHG unterliegen die einzelnen Sozialämter aber keiner Verpflichtung zur Teilnahme an einem derartigen automatischen Datenabgleich, diese Sozialleistungsträger sind hierzu lediglich „befugt“.

Zum Kostenaspekt führt die Bundesregierung in der von ihr abgefaßten Begründung zur DVO zu § 117 BSHG das nun folgende an:

„Durch die vorgesehenen Datenabgleiche werden Einsparungen erreicht. Die Höhe dieser Einsparungen ist allerdings nicht kalkulierbar, da der Umfang der Leistungen - insbesondere der Hilfe zum Lebensunterhalt-‚ die aufgrund entsprechender unrichtiger Angaben erfolgen, weder erfaßbar noch schätzbar ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß der automatisierte Datenabgleich auch von falschen Angaben abhalten soll. Nimmt man mit der gebotenen Vorsicht an, daß bei nur einem Prozent der Leistungsempfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt jeweils 20 DM pro Monat eingespart werden können, so ergibt sich eine Einsparung von ca. 6 Mio. DM im Jahr. Dem stehen Aufwendungen fiir die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs von zunächst jährlich ca. 300 000 DM gegenüber“. Es kann nur darauf verwiesen werden, daß es sich hier am eine Schätzung handelt, die selbst das oberste Exekutivorgan des Bundes des als (ausgesprochen) „vorsichtig“ bezeichnet. Die weitere Entwicklung bleibt hier sorgfältig abzuwarten.

Das durch diese SozhiDAV in Kraft gesetzte Verfahren läuft schließlich in der nun folgenden Form ab:

Der Sozialhilfeträger bezieht jede Person, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres Leistungen nach dem BSHG erhalten hat, in diesen Datenabgleich ein (§ 2 I 1 SozhiDAV).
Das betreffende Verfahren wird viermal jährlich, jeweils für das vorangegangene Kalendervierteljahr (Abgleichszeitraum) durchgeführt (§ 2 I 1 SozhiDAV).

Entsprechend § 3 I SozhiDAV fungiert die Datenstelle der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als Vermittlungsstelle zwischen den auskunftsersuchenden Sozialhilfeträgern und denjenigen Stellen, mit denen der Abgleich erfolgen soll.

Die §§ 6 bis 10 SozhiDAV bestimmen die Übermittlung der betr. Daten auf maschinenlesbaren Datenträgern.

§ 11 SozhiDAV stellt klar, mit welchen Daten der Bundesanstalt für Arbeit, der Bundesknappschaft und der Deutschen Post AG die von seiten der Sozialhilfeträger übermittelten Daten abgeglichen werden, § 13 SozhiDAV spricht die Kompetenz der Vermittlungsstelle zum Abgleich der von Sozialämtern übermittelten Daten untereinander an.

Die Vermittlungsstelle übermittelt schließlich - § 14 SozhiDAV entsprechend - nach Durchführung des Datenabgleichs die hierbei erlangten Ergebnisse an den jeweiligen Sozialhilfeträger zurück, auch wenn keinerlei Anzeichen für einen aufgetretenen Mißbrauch bestehen.

Jüngste Äußerungen des baden-württembergischen Innenministers Thomas Schäuble, denenzufolge es bereits gelte „den Anfängen von Betrug an der Allgemeinheit zu wehren und gegen gewissenlose Abzocker von Sozialhilfe, Wohngeld, Arbeitslosenhilfe und Kindergeld vorzugehen“, (vgl. KANN-Meldung vom 17. Februar 1999 (BWT-99/II/321).) lassen darauf schließen, mit welch einer Intensität ein derartiges Verfahren in Zukunft durchgeführt werden wird. Ob es auf diesem Wege wirklich gelingt, zu Lasten der Sozialhilfe begangene Betrugsfälle „mit Stumpf und Stiel“ (vgl. die in der baden-württembergischen Empfehlungsvereinbarung vom 1. Februar 1999 bewußt nicht eingebaute „Bagatellgrenze“.) auszurotten, ob hier wirklich ein durchgreifender Fortschritt erzielt worden ist, wie dies die Befürworter eines entschiedenen Mehrs an auszuführender Kontrolle von Sozialhilfeempfängern fordern, bleibt fraglich, woran eine zwischen 1996 und 1998 von 4025 auf 4476 aufgedeckte Fälle des Sozialhilfebetrugs angestiegene Aufklärungshäufigkeit in diesem Südweststaat nichts zu ändern vermag.
F Zusammenfassung

Eine tagelange, buchstäblich „auf Schritt und Tritt“ sowie „rund um die Uhr“ durchgeführte „Beschattung“ von Sozialhilfeempfängern — wie im vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Main) am 15. Juni 1998 entschiedenen Fall geschehen - kann auch unter Berücksichtigung der sich dort darstellenden, besonderen Gegebenheiten nicht rückhaltlos bejaht werden. Die Tatsache, daß der ursprünglich bestehende Betrugsverdacht als verifiziert erscheint, ändert an dieser Feststellung nichts:

Gerade weil dieser Antragsteller auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bereits im Vorfeld dieser ungewöhnlichen Ermittlungen Anlaß zu „zahlreichen gerichtlichen Verfahren“ gab, hätte es hier nahegelegen, der zuständigen Polizeidienststelle die bestehenden Verdachtsmomente mit der Bitte um Überprüfung mitzuteilen. — Die Vorgehensweise der zunächst sozialamtlicherseits veranlaßten „Observierung“ des Hilfesuchenden und dessen Ehegattin (letztere auch durch „verdeckte Ermittlerinnen“ bei der Arbeit) und der erst danach erfolgten Strafanzeige wegen Betruges ist in dieser Reihenfolge nicht zu akzeptieren.

Anstelle eines Ausbaus von „Sozial(hilfe)detektive“ beschäftigenden oder beauftragenden „besonderen Ermittlungsdiensten“ der Sozialhilfeträger ist eher ein Ausbau der „aufsuchenden Hilfen“ geboten, wo Bedürftigen gegenüber persönliche Hilf(§ 8 I und II BSHG) geleistet und dem einzelnen gegenüber das Gefühl vermittelt wird, daß die Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt einem „guten Recht“ eines Mittellosen entspricht: (vgl. ähnlichlautend auch Melchior TuP 10/1997, S. 4, (8).)

Ein Befund, der durch die bestehenden Einschätzungen über das Ausmaß der Nichtinanspruchnahme von Sozialhilfe, d. h. der Dunkelziffer von Menschen, die ein Leben unter dem Sozialhilfeniveau führen, wie auch über das Ausmaß des tatsächlich feststellbaren Betrugs zu Lasten der Sozialhilfeträger eine Bestätigung erfährt.

„Prüfen und Kontrollieren — Ja, schnüffeln — Nein“ lautete der Tenor, der aus einer Anfang April 1997, anläßlich der Initiative von Abgeordneten der damaligen CDU/ CSU-Bundestagsfraktion in Sachen einer obligatorischen Einführung entsprechender „Ermittlungsdienste“, unter zahlreichen Städten und Gemeinden Deutschlands von seiten der kommunalen Spitzenverbände durchgeführten Umfrage zu dieser Thematik hervorging (vgl. sozialmagazin 7-8/1997, S. 9.) und zu bejahen ist.

Es verkörpert zum einen das gute Recht eines Sozialhilfeträgers, (Fach-) Personal vorzuhalten, das über den Auftrag verfügt, den einzelnen Sozialhilfeempfänger bei Bestehen eines besonderen Leistungsfalls — d. h. eines geltend gemachten, sozialhilferechtlich bedeutsamen Bedarfs in einem ungewöhnlich hohen oder häufigem Maße, z. B. nach einmaligen Leistungen zur Bekleidung oder zur Einrichtung der Wohnung — in dessen Individualwohnraum zu besuchen. — Diese Aufgabenstellung/diese Kompetenz des Sozialamtes ist nicht neu.

Relativ neu und in der sich in der letzten Zeit in einer ganz besonders spezifischen Ausprägung zeigend unbekannt ist hingegen die den Begriff „(Mißbrauchs-) Ermittler" oder „Sozial(hilfe)detektiv“ kennzeichnende Aufgabenstellung der von diesen im Auftrag des Sozialamts tätigen Bediensteten vorgenommenen Aufdeckung von „Mißbrauchsfällen“ durch gezielte Aktion, ähnlich der von in den Diensten der Kriminalpolizei stehenden Fahnder.

Das Bild des Sozialamtsmitarbeiters, der im Rahmen des von ihm (unangemeldet) durchgeführten „Hausbesuch" der Frage nachgeht, oh dem Sozialhilfeträger gegenüber zur Kenntnis gegebene Rechtsansprüche auf Leistungen nach dem BSHG begründet sind, d. h. ob im Kleiderschrank sich bereits ein tragbarer Mantel befindet oder die Wohnung wirklich renovierungsbedürftig ist, aber bei dieser Gelegenheit gleichzeitig den Versuch unternimmt, Wahrnehmungen darüber zu machen, ob in dieser Unterkunft auch eine (der Sozialbehörde gegenüber nicht angegebene) eheähnliche Gemeinschaft mit einer gut verdienenden resp. vermögenden Person besteht oder Nachbarn, Ladeninhaber und andere darüber befragt, wer in die betr. Wohnung ein und aus geht oder wer dort wann (gegen Entgelt) beschäftigt ist, führt letztlich dazu, daß für zahlreiche Mittellose die Hemmschwelle in bezug auf die Sozialhilfeträger nur noch größer und damit für viele geradezu unüberwindbar wird. (vgl. hierzu auch bei Bommersheim in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ vom 18. September 1998.)

Aus dem Bericht des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg „Baden-Württemberg in Wort und Zahl 5/97 ging hinsichtlich der Situation der Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe in diesem Bundesland im Jahre 1994 hervor, nach den Feststellungen dieser obersten Landesbehörde wären dort Ende 1994 von 100 Ehepaaren mit Kindern zwei Familien auf Sozialhilfe angewiesen. Darüber hinaus beanspruchten „vermutlich nur 50 % bis 67% der potentiell Sozialhilfebedürftigen tatsächlich Sozialhilfe.

Diese beiden Sachverhalte, die bisherigen Sozialhilfequoten bei Familien sowie das Ausmaß der verdeckten Armut bzw. der Nichtausschöpfung der Sozialhilfe belegen wohl eher die Unattraktivität der Sozialhilfe als ihren Mißbrauch“. (113 vgl. Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 22. September 1997 (Nr. 37), S. 8.)

Es handelt sich hier um zutreffende Ausführungen, denen nichts hinzuzufügen ist.

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