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Zum Anspruch auf Übernahme von Betriebskosten- und Heizkostennachforderungen
Wir wollen nachvollziehbar die Rechtslage zum Übernahmeanspruch auf hohe Betriebskosten- und Heizkostennachforderungen darstellen.
Grundsätzlich gilt:
Dieser Anspruch besteht auf jeden Fall immer dadurch, dass Betriebskosten- und Heizkostennachzahlungen sind immer sozialrechtlicher Bedarf im Monat der Fälligkeit sind (BSG 22.3.2010 – B 4 AS 62/09 R) und in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen sind, unerheblich ist dabei, ob die Nachforderung aus Zeiten des Nichtleistungsbezuges entstanden ist (BSG 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R). Das betrifft SGB II-/SGB XII-Leistungsbeziehende und Nichtleistungsbeziehenden.
Bei vorheriger Kostensenkungsaufforderung
wäre eine Nichtberücksichtigung nur möglich, wenn im laufenden Leistungsbezug die sechsmonatige Schonfrist abgelaufen ist und dadurch die Kostensenkungsaufforderung wirksam geworden ist (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II/ § 35 Abs. 2 S. 2 SGB XII). Für Menschen, die aufgrund der Nachforderungen temporär in den Leistungsbezug kommen, dürfte eine vorherige Kostensenkungsaufforderung, keine Rechtsfolge entfalten (§ 67 Abs. 3 S. 3 SGB II/§ 141 Abs. 3 S. 3 SGB XII).
Für Nichtleistungsbeziehende
ist von zentraler Bedeutung, dass der Antrag auf Übernahme spätestens im Monat der Fälligkeit gestellt wird, denn in diesem Monat sind die Kosten den Unterkunfts- und Heizkosten zuzuordnen und es besteht bei Bedürftigkeit ein Übernahmeanspruch.
Für Leistungsberechtigte nach dem 3. Kapitel des SGB XII (Sozialhilfe), Geflüchtete nach § 2 AsylbLG) und Ukrainegeflüchtete, die nach ukrainischem Recht in Altersrente sind
SGB XII – Leistungsbeziehende haben Anspruch auf Übernahme der Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe (§ 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Zu den Unterkunfts- und Heizkosten gehören auch einmalig fällige Beträge wie Jahresabrechnungen Heizung, Betriebskostenabrechnung, aber auch die einmalige Beschaffung von Heizmaterial, also die Füllung von Tanks und die Bevorratung mit Öl, Gas oder Pellets, sowie größere Anschaffungen für Holz und Kohle oder sonstige Brennstoffe. (BSG 8.5.2019 - B 14 AS 20/18 R; BSG 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R). Diese Beträge sind nicht als Durchschnittsbetrag zu berücksichtigen, sondern sie sind im Fälligkeitsmonat als tatsächliche Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen (BSG 8.5.2019 - B 14 AS 20/18 R).
Zu den zu übernehmenden Kosten gehören auch sog. Bevorratungskosten, diese sind immer sozialrechtlicher Bedarf im Monat der Fälligkeit sind (BSG 22.3.2010 – B 4 AS 62/09 R) und in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen sind, unerheblich ist dabei, ob die Nachforderung aus Zeiten des Nichtleistungsbezuges entstanden ist (BSG 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R).
Im 3. Kapitel des SGB XII wurde mit dem Antrag auf Leistungen ein sog. Grundantrag auf Leistungen gestellt, der die Kenntnis des Bedarfes im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB XII vorliegen lässt, mit Erhalt der Heizkosten – und Betriebskostennachzahlungen ist in dem bei der Behörde bekannten Bedarf eine Änderung zugunsten des Leistungsberechtigten entstanden, diese „sollen“ im SGB XII umgesetzt werden (§ 37 S. 1 SGB I iVm. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X). Gründe, die gegen eine Übernahme sprechen, dürften nicht vorliegen. Daher besteht hier der Übernahmeanspruch bis max. Januar des jeweiligen Vorjahres (§ 116a S. 1 Nr. 2 SGB XII). Die Entscheidung des BSG nach dem der Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wegen einer Heiz- und Nebenkostennachforderung nicht voraussetzt, dass der zuständige Sozialhilfeträger unverzüglich von der Nachforderung in Kenntnis gesetzt wird, ist entsprechend anzuwenden (BSG 10.11.2011 - B 8 SO 18 / 10 R).
Musterrechnung für einen Arbeitnehmer, dieser ist Krankenpfleger, mit Erwerbseinkommen von 2.300 € Brutto und 1.827 € Netto, Wohnung 700 € Warm, Heizkostennachzahlung 1000 €
Sozialrechtlicher Bedarf nach SGB II:
449 € Regelbedarf
+ 700 € Miete + Heizung
+ 1000 € Heizkostennachzahlung
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2. 149 € Bedarf im Monat der Fälligkeit
Einkommensbereinigung:
1.827 € Nettoeinkommen
- 100 € Grundfreibetrag (§11b Abs. 2 SGB II)
- 200 € Erwerbstätigenfreibetrag (§11b Abs. 3 SGB II)
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1.527 € anrechenbares Einkommen
Endrechnung:
2.149 € sozialrechtlicher Bedarf
- 1.527 € anrechenbares Einkommen
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622 € Übernahmeanspruch nach SGB II
Nachtrag: Das BMAS hat auf eine Presseanfrage diesen temporären Leistungsanspruch bestätigt. (BuzzFeed https://t1p.de/kql27 )