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Ein-Euro-Jobs illegal

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. September 2004, Nr. 220 / Seite 38

Ein-Euro-Jobs illegal

Von Dr. Axel Bust-Bartels, Göttingen

Bezieher von Arbeitslosengeld II sind ab 1. Januar 2004 gezwungen, die "neuen" Ein-Euro-Jobs anzunehmen, wollen sie Unterstützung - und damit ihr Recht auf (Über-) Leben - nicht verlieren. Dies widerspricht eindeutig internationalem Recht, das auch in Deutschland Gültigkeit besitzt: Artikel 2 des ILO-Übereinkommens über Zwangs- und Pflichtarbeiten definiert sie als "jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat". Solche Arbeiten sind ausdrücklich verboten, und zwar sowohl nach Artikel 8 III des internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (in Deutschland in Kraft getreten am 23. März 1976) als auch nach den ILO-Übereinkommen Nummer 29 und Nummer 105 über die Abschaffung von Zwangsarbeit vom 5. Juni 1957. Ausgenommen sind nur Arbeitspflichten im Rahmen des Militärdienstes, im Katastrophenfall oder Arbeits-pflichten, die auf einem Strafurteil basieren. Ein Expertenausschuß der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen hat bereits vor einigen Jahren die Praxis deutscher Sozialämter, Sozialhilfe empfangende Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, als "nicht mit den Bestimmungen zum Verbot der Zwangsarbeit vereinbar, das in der ILO-Konvention Nummer 29 festgelegt ist", bezeichnet. In ihrer Antwort wies die damalige Kohl-Regierung darauf hin, dass - falls man dies nicht mehr praktizieren würde - die Asylbewerber besser gestellt wären als arbeitslose deutsche Sozialhilfeempfänger. Dies war ein zynisches Argument und eigentlich auch keine Antwort, denn die ILO-Konvention Nummer 29 besitzt natürlich auch für deutsche Arbeitslose Gültigkeit. Statt (illegal) Ein-Euro-Jobs zu finanzieren, wäre es einer rot-grünen Regierung (von ihren ursprünglichen Zielen her gesehen, mit denen sie 1998 angetreten ist) eigentlich angemessener, tariflich zu bezahlen und das Prinzip der Freiwilligkeit zur Erwerbstätigkeit zu beachten. Nachfragemangel für tariflich bezahlte Arbeit in den jetzt für die Ein-Euro-Jobs angedachten Tätigkeitsfeldern würde es ganz sicher nicht geben, im Gegenteil, die Arbeitslosen würden Schlange stehen.

Zu finanzieren wäre derartiges zum Beispiel durch den Verzicht auf die vorgesehene Senkung des Spitzensteuersatzes von 45 auf 42 Prozent ab 1. Januar 2005. Damit würden über sechs Milliarden Euro jährlich eingespart. Umgerechnet würde allein dieser Betrag es ermöglichen, auf Dauer 250 000 tariflich bezahlte Stellen mit durchschnittlich 2000 Euro zu finanzieren. (2000 Euro mal 12 Monate mal 250 000 Arbeitslose). Als "Gratiseffekt" nebenbei sprängen für den Staat dann noch die eingesparten Unterstützungszahlungen für die 250 000 nicht mehr Arbeitslosen heraus (plus deren Steuerzahlungen und so weiter). So alternativlos, wie immer behauptet wird, ist die herrschende Politik eben doch nicht.

Folgender Hinweis zur Vorgehensweise bezüglich der illegalen Ausbeutung durch Zwangsarbeit der rot-grünen-Bundesregierung u. a.:

Auf den Verstoß gegen Artikel 12. Absatz 2 und 3 (Freie Berufswahl / Verbot von Zwangsarbeit) muss hier nicht näher eingegangen werden.

Bei Erhalt des Bescheides zum ALG II, sofort in dieser Richtung Widerspruch bei der zuständigen Arbeitsagentur einlegen, da die Zahlung des Verelendungsgeldes II an den Zwang zur Ausbeutung durch Zwangsarbeit verknüpft ist.

Aus den gleichen Gründen sofort beim zuständigen Sozialgericht ein Antrag auf einstweilige Anordnung und hilfsweise Klage gegen die Bundesagentur aus gleichen Gründen einreichen. Dabei ist darauf zu achten, dass auf jeden Fall vorher bei der Arbeitsagentur rechtzeitig Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt wird.

Da weder Widerspruch noch Klagen zukünftig aufschiebende Wirkung haben, auch die Wohlfahrtsver-bände bei einem Einsatz durch Zwangsarbeit, auf die rechtliche Lage (siehe oben) ausdrücklich hinweisen. Dabei dürfte es ratsam sein, gegenüber dem jeweiligen Träger ebenfalls eine Klage gegenüber dem Träger mit einer Schadensersatzforderung wegen Ausbeutung per Zwangsarbeit anzukündigen und diese auch notfalls auch durchzuführen. Grundsätzlich ist jeder Arbeitgeber und damit auch die Wohlfahrtsverbände verpflichtet, sich über die gesetzlichen Bestimmungen und die Einhaltung des Grundgesetzes sowie in Deutschland gültiges internationales Recht beim Einsatz von Arbeitskräften zu informieren. Haben die dieses nicht getan, machen sie in rechtlicher Hinsicht strafbar und werden dann auch automatisch schadensersatzpflichtig.

Das Verelendungsgeld / ALG II plus 1 Euro Aufwandsentschädigung, von dem jegliche Aufwendungen wie Fahrtkosten und anderes finanziert werden müssen, ist keine Lohnersatzleistung.

Ebenfalls werden Klagen beim Verfassungsgericht, dem Europäischen Gerichtshof und dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Den Haag gegen die rot-grüne-Bundesregierung notwendig werden.

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