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Empfehlungen zur Zusammenarbeit zwischen Job-Center und Schuldnerberatung im Rahmen des SGB II

Fach- und Koordinierungsstelle der verbandlichen Caritas für
Sozialberatung für Schuldner Katholischer Verband
für soziale Dienste in Deutschland e.V.

Empfehlungen
zur Zusammenarbeit zwischen Job-Center und
Schuldnerberatung im Rahmen des SGB II

1. Vorbemerkung
Diese Empfehlungen dienen der Sicherstellung einer möglichst bundeseinheitlichen Gewährleistungspraxis
der Schuldnerberatung für Erwerbsfähige im Sinne des SGB II.
Bei der Erstellung von Leistungsvereinbarungen zwischen den freien Trägern der Schuldnerberatung und dem kommunalen Träger und bei der Entwicklung von Eingliederungsver-einbarungen (§15 SGB II) sollen die nachfolgend aufgeführten Leistungsinhalte, Qualitätsstandards, Finanzierungsgrundsätze und Organisationsabläufe beachtet werden. Mit Ausnahme der Finanzierungsgrundsätze
können diese Empfehlungen auch die Basis einer Zusammenarbeit zwischen einer Schuldnerberatungsstelle in kommunaler Trägerschaft und einem Job-Center darstellen.
Das vorliegende Papier stützt seine Empfehlungen zum einen auf die praktische Erfahrung der Schuldnerberatung im Kölner Job-Center, dass 2001 im Rahmen von MoZArt (Modellvorhaben zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe) eingerichtet wurde, und zum anderen auf die Umsetzung der Kölner Richtlinie zur Kostenübernahme der
Schuldnerberatung gem. § 17 BSHG.

2. Ausgangssituation
In der Praxis wird Schuldnerberatung überwiegend von Trägern der freien Wohlfahrtsverbände geleistet. In vielen Fällen haben sie Vereinbarungen mit den Kommunen und Kreisen über zu erbringende Leistungen und deren Finanzierung nach §17 BSHG getroffen. Schuldnerberatung in
freier gemeinnütziger Trägerschaft hat eine wichtige und unverzichtbare Funktion bei Entschuldungsprozessen.
Sie kann dazu beitragen, dass präventiv Arbeitslosigkeit und damit alle negativen Folgewirkungen für den Betroffenen wie für die sozialen Sicherungssysteme vermieden werden.
Andererseits stellen Überschuldungsprobleme bei eingetretener Arbeitslosigkeit ein erhebliches
Vermittlungsproblem dar. Es gilt daher, die in der Schuldnerberatung vorhandene fachliche Kompetenz mit den bewährten Konzepten bei der Entwicklung der neuen arbeitsmarktpolitischen Instrumente wie dem Job-Center mit einzubeziehen und für die Integration Arbeitsloser und von
Arbeitslosigkeit Bedrohter nutzbar zu machen.
Nach der Zielsetzung des SGB II sollen ab 2005 erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Aufnahme
(Überwindung von Hilfebedürftigkeit) oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit (Vermeidung von
Hilfebedürftigkeit) unterstützt werden.
Träger der Leistungen sind die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Träger (§ 6 SGB II).
Die kommunalen Träger sind zuständig für die Eingliederungsmaßnahmen nach § 16 Abs. 2, Satz
1, Nr. 1 bis 4. Dort ist u.a. auch die Schuldnerberatung genannt. Sie ist von den Kommunen zu
finanzieren.

Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II errichten die Träger der Leistungen Arbeitsgemeinschaften
in den als einheitliche Anlaufstelle für alle Arbeitssuchenden eingerichteten Job-Centern.
Die Träger der Leistungen können zu ihrer Unterstützung Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen (§ 6). Für diesen Fall empfiehlt sich der Abschluss einer Leistungsvereinbarung, in der Inhalte der Beratung, die Verfahrensabläufe und die Finanzierungsmodalitäten beschrieben sind.
Die Insolvenzberatung und –begleitung im Rahmen der InsO ist nicht Bestandteil der von den kommunalen Trägern zu finanzierenden Schuldnerberatung. Die Förderung dieser Beratung ist in der Regel Aufgabe der Länder.

3. Anspruchsberechtigter Personenkreis
Schuldnerberatung als eine Maßnahme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, können Personen erhalten die:
• erwerbsfähig sind und ALG II beziehen(16.2 SGB II)
• ALG I beziehen (§ 1, § 3 SGB II)
• noch erwerbstätig sind und zur Beibehaltung ihrer Erwerbstätigkeit Hilfen zur Bewältigung ihrer
Überschuldungsprobleme benötigen (§ 1, § 3 SGB II), um Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II zu vermeiden.

4. Inhalte von Leistungsvereinbarungen
Für die Zusammenarbeit der Schuldnerberatung mit dem Job-Center ist der Abschluss einer Leistungsvereinbarung
mit dem kommunalen Träger zu empfehlen. Darin sollten folgende Beratungsinhalte, Organisationsabläufe und Finanzierungsmodalitäten beschrieben werden.
• Leistungskomponenten der Schuldnerberatungsstellen
Um grundsätzlich auf das gesamte Spektrum der Schuldnerberatung im Einzelfall - soweit notwendig
- zurückgreifen zu können, sollten folgende Beratungsinhalte1 vereinbart werden: Eine Aufteilung
in zwei Phasen ist sinnvoll, um zum einen den Hilfebedarf nach Schuldnerberatung abzuklären und zum anderen eine Prognose zu den Aussichten auf Erfolg im Sinne der Zielsetzung des SGB II erstellen zu können. Hierüber lässt sich auch eine Unterscheidung zwischen Fällen mit
eher kurzzeitigem und eher umfassendem Hilfebedarf vornehmen, der bei den Finanzierungsvereinbarungen
entsprechend zu berücksichtigen ist

Phase 1
1. Basisberatung (Anamnese, Problembeschreibung, Zielfindung)
1.1 Information über die Arbeitsweise in der Schuldnerberatung
1.2 Erheben der psychosozialen Situation
1.2.1 Erfassung der persönlichen Daten, der familiären- und beruflichen Situation
1.2.2 Erstellung einer Einnahmen/Ausgabenübersicht
1.2.3 Erfassung der Gesamtverbindlichkeiten
1.2.4 Reflexion der materiellen Konsequenzen und sozialen Folgen der Überschuldung in der aktuellen Lebenssituation
1.2.5 Erfassung weiterer Probleme und Beurteilung der Auswirkungen auf die Schuldnerberatung
1.3 Überprüfung der Notwendigkeit existenzsichernder Maßnahmen
1.4 Erstellen einer ersten Arbeitshypothese zu den Ursachen der Überschuldung

1 Die Beratungsinhalte sind entnommen: Leistungsvereinbarung Schuldnerberatung LAG FW NRW
3
1.5 Klärung des Selbsthilfepotenzials des Schuldners/der Schuldnerin
1.6 Beschreibung des Beratungszieles
1.7 Absprachen zur Zusammenarbeit, Vereinbarung eines Beratungskontraktes

Phase 2
2. Existenzsicherung
2.1 Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhaltes
2.1.1 Haushalts- und Budgetberatung
2.1.2 Sozialleistungsberatung
2.1.3 Informationen zum Zwangsvollstreckungsrecht
2.1.4 Überprüfung der Pfändungsfreibeträge und ggf. Unterstützung bei der Erhöhung des
Pfändungsfreibetrages
2.1.5 Beratung und Hilfestellung bei Kontopfändungen, Lohnabtretung und Aufrechnung
2.1.6 Unterstützung bei der Reduzierung bzw. Aufstellung nicht zwingend notwendiger Ausgaben
2.2 Hilfen bei drohendem Verlust der Wohnung und bei vergleichbaren Notlagen
2.3 Hilfen zur Erhaltung und Wiedererlangung des Arbeitsplatzes
2.4 Verhinderung von Ersatzfreiheitsstrafen
2.5 Erhalt des Girokontos und Hilfe bei der Einrichtung eines Girokontos
3. Forderungsüberprüfung, Schuldnerschutz
3.1 zusammenstellen, ordnen, aktualisieren der Schuldenunterlagen
3.2 Überprüfung der Forderungen nach Grund und Höhe
3.3 Hilfen zur Wahrnehmung der Schuldner- und Verbraucherrechte
3.4 Erschließung anwaltlicher Vertretung und Unterstützung
3.5 Mitwirkung bei der Beantragung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe
3.6 Versicherungsberatung
3.7 Kreditberatung
4. Psychosoziale Betreuung
4.1 Klärung und Bewertung der individuellen Ursachen der Ver- und Überschuldung und des Konsumverhaltens
4.2 Klärung des Anspruchsniveaus und der finanziellen Lebensplanung
4.3 Erarbeiten von Handlungsalternativen zur Vermeidung erneuter Schuldenprobleme
4.4 Befähigung zum Leben an der Pfändungsgrenze
4.5 Klärung und Bearbeitung der im Zusammenhang mit Überschuldung stehenden Beziehungs- und Persönlichkeitsprobleme
4.6 Motivationsarbeit
4.7 Stärkung der Selbsthilfepotenziale
4.8 Vermittlung zusätzlicher sozialer Beratungsangebote und Hilfen
4.9 Teilnahme an Hilfeplangesprächen
5. Regulierung und Entschuldung
5.1 Erstellung und Umsetzung von Regulierungsplänen unter Beachtung folgender Aspekte:
5.1.1 Familieneinkommen und Unterhaltsverpflichtungen
5.1.2 Sicherung einzelner Forderungen
5.1.3 potenziell „rechtswidrige“ Forderungen (Teilforderungen), z.B. Zinsen, Kosten
5.1.4 frei verfügbare Eigenmittel bzw. Fremdmittel von Schuldner/in
5.2 Führung von Verhandlungen mit Gläubigern zur Umsetzung des Regulierungsplanes
5.3 in Ausnahmefällen: Umsetzung des Regulierungsplanes durch Lohnverwaltung bzw. treuhänderische Abtretung
5.4 Beantragung von Stiftungs- und/oder Fondsmitteln
Die Beratungsstellen sind in der praktischen Umsetzung nicht zwingend an die Reihenfolge der vorstehenden Aufzählung der Leistungen/Aufgaben gebunden. Die Zuordnung der Leistungsinhalte in die beiden Phasen ist nicht als starr anzusehen. Im Kern ist der Zeitfaktor (eher kurz oder
längerfristige Beratung) maßgebend.

5. Informationsaustausch Schuldnerberatung - Fallmanager
Schuldnerberatung im Sinne des SGB II ist ein Teil der Hilfen, die auf eine Integration in den Arbeitsmarkt
zielen. Zur Steuerung des Hilfeprozesses ist es daher erforderlich, dass Leistungserbringer und der verantwortliche Fallmanager im Interesse des Hilfebedürftigen zusammenarbeiten und in Bezug auf die angestrebte Zielsetzung Informationen austauschen.
Über die Informationen, die weitergeben werden, sollten klare und nachvollziehbare Absprachen unter Berücksichtigung der einschlägigen Datenschutzbestimmungen getroffen werden. Die Hilfebedürftigen sind hierüber entsprechend zu informieren (s. auch Punkt 8).

6. Strukturelle Anforderungen an die Schuldnerberatungsstellen
Leistungsvereinbarungen sollten nur mit Schuldnerberatungs-stellen abgeschlossen werden, die einem Wohlfahrts- oder einem Verbraucherverband angeschlossen sind. Sie sollen folgende Mindeststrukturqualität garantieren:
• Einsatz von festangestellten Fachkräften mit speziellen Fachkenntnissen (mindestens zwei halbe Stellen)
• regelmäßige kollegiale Fach- und Fallbesprechung
• regelmäßige Teilnahme an Supervision, Teilnahme an regionalen Arbeitskreisen
• ausreichender Büroraum und zeitgemäße Ausstattung
(EDV, Internet, Telekommunikation, etc.)
• Vertretungsregelung
• geregelte Dienst- und Öffnungszeiten
• geregelter Beratungsschlüssel
• Dokumentation, Aktenführung, Statistik
• Konzeption
• Kooperation mit anderen Institutionen

7. Verfahren, Kostenübernahme, Vergütung, Abrechnung
7.1 Verfahren
Der Zugang zu der Beratung kann sowohl durch Vermittlung über die Fallmanager des JobCenters,
wie auch durch direkte Vorsprache bei den Beratungsstellen erfolgen.
Die Beratung teilt sich in zwei Beratungsphasen. Diese sind:
Phase 1 = Aufklärung durch Information und Beratung
Phase 2 = Umfassende Schuldnerberatung und Regulierung
7.1.1 Zugang über den Fallmanager Sinnvoll und im Job-Center Köln bewährt hat sich, dass eine Schuldnerberatungsfachkraft ihren Sitz im Job-Center hat und so eine „warme Übergabe“, vom Fallmanager zur Schuldnerberatung, ermöglicht wird. Es wird ein allgemeiner Gesamtüberblick über das Schuldenproblem erstellt, der
Hilfebedarf und Möglichkeiten sowie Voraussetzungen zur Problemlösung ermittelt. Phase 1 ist dann abgeschlossen, wenn der Ratsuchende für sich entscheiden kann, wie er zukünftig mit seinen Schulden umgeht und ob er hierfür die Hilfe der Schuldnerberatung benötigt. In vielen Fällen
werden die Klienten aufgrund der Beratung in Phase 1 und ihrer Handlungskompetenz in der Lage sein, alleine die erforderlichen Schritte einzuleiten.
Sofern eine weitergehende Beratung nach Phase 2 erforderlich ist, wird diese von einer Schuldnerberatungsstelle, mit der eine Leistungsvereinbarung besteht, geleistet. Die Vermittlung an diese Stelle erfolgt aus der Schuldnerberatung des Job-Centers. Sofern in dem Zuständigkeitsbereich
eines Job-Centers mehrere Schuldnerberatungsstellen vorhanden sind, wird empfohlen, dass die Beteiligten einen Konsens darüber erreichen, wer ggf. die Schuldnerberatung im Job-Center anbietet und wie die Steuerung der Fälle an die Beratungsstellen vorgenommen wird.

7.1.2 Direkte Vorsprache bei der Beratungsstelle
Personen, die noch eine Erwerbstätigkeit ausüben, werden sich eher direkt an eine Schuldnerberatungsstelle
wenden. Sie können die (finanzierte) Hilfe erhalten, wenn sie zum anspruchsberechtigten Personenkreis (Nr. 2 dieser Empfehlung) gehören. Dies ist von der Beratungsstelle zu prüfen.

7.2 Kostenübernahme.
Die Kosten der Schuldnerberatung werden vom zuständigen Träger der Leistung übernommen:
• bei laufendem Bezug von ALG II
• in allen anderen Fällen, wenn das verbleibende Einkommen nach Abzug der monatlichen Schuldverpflichtungen, einschließlich Unterhaltsverpflichtungen, den 130 % Regelbedarf nach § 20 SGB II unterschreitet.
7.3 Finanzierung
Es sollten bezüglich der Finanzierung Fallpauschalen entwickelt werden, deren zeitlicher Umfang
sich am durchschnittlichen Beratungsaufwand orientiert. Als Erfahrungswerte können zugrunde gelegt werden:
• für die Grundberatung im Job-Center zwei Stunden
• für Phase 1 fünf Stunden
• für Phase 2 zwanzig Stunden
Sofern die Grundberatung im Job-Center geleistet wird, reduziert sich die Phase 1 auf drei Stunden,
so dass insgesamt je Fall maximal 25 Stunden angesetzt werden können.
7.4 Abrechnungsverfahren
Für die Grundberatung im Job-Center und die Phase 1, die in einer Schuldnerberatungsstelle geleistet wird, ist kein Kostenanerkenntnis erforderlich. Die Fallpauschale für die Beratung im Job-Center sollte anhand der dokumentierten Fälle (Name und Datum der Beratung) erstattet werden.
Die Pauschale für Phase 1 wird aufgrund eines Kurzberichtes der Schuldnerberatungsstelle erstattet.
Sofern die Voraussetzungen für Phase 2 vorliegen, wird das Kostenanerkenntnis mit dem Kurzbericht zu Phase 2 beantragt.
7.5 Berechnung der Fallpauschale
Die Höhe des Stundensatzes für die Bildung der Fallpauschale sollte sich an den Aussagen der
AG SBV in ihrem „Positionspapier zur Finanzierung der Schuldnerberatung“ vom April 20032 orientieren.
Danach sind folgende Kostenelemente zu berücksichtigen:
• Bruttopersonalkosten des Beraters
• Anteilige Personalkosten einer Verwaltungskraft
2 Positionspapier zur Finanzierung der Schuldnerberatung“ vom April 2003, Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung
der Verbände (AG SBV)

• Nebenkosten (Fortbildung, Supervision, etc.)
• Honorarkosten (z.B. für Anwalt)
• Sachkosten (allgemeiner Bürobedarf)
• Gemeinkosten
Die Eingruppierung des Personals erfolgt nach den jeweiligen Tarifbestimmungen des Trägers.
Berechnungsbeispiele können dem von der AG SBV herausgegebene „Positionspapier zur Finanzierung
der Schuldnerberatung“ 3 entnommen werden.

8. Eingliederungsvereinbarungen
Nach § 15 SGB II soll die Agentur für Arbeit mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Eingliederungs-vereinbarung treffen, in der festgeschrieben wird, welche Leistungen dieser zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche eigenen Bemühungen der Erwerbsfähige aufbringen und nachweisen muss (Mitwirkungsverpflichtung). Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, weil der Hilfebedürftige z.B. hierzu nicht bereit ist, sollen Leistungen und die Verpflichtung zu Eigenaktivitäten durch Verwaltungsakt erfolgen.
Inwieweit die Agenturen für Arbeit die Eingliede-rungsvereinbarungen im Einvernehmen mit den kommunalen Trägern treffen - und damit auch die Leistungen der kommunalen Träger mit in die Eingliederungsvereinbarung aufnehmen - ist nach dem Scheitern des sog. Optionsgesetzes von den Absprachen der örtlichen Arbeitsgemeinschaften abhängig. Aus fachlichen Gründen ist jedoch dringend davon abzuraten ver- und überschuldete Hilfeempfänger per Verwaltungsakt zur Inanspruchnahme von Schuldnerberatung zu verpflichten. Schuldnerberatung ist als Hilfeprozess zu
verstehen, der unabdingbaren Grundsätzen unterliegt, ohne deren Einhaltung die Beratung nicht funktionieren kann.

Grundsätze der Beratung
Sie sind zu beachten wenn Schuldnerberatung in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen wird.
• Vertraulichkeit/ Verschwiegenheit
Die Beratung findet in einem geschützten Rahmen statt. Die Beteiligung und Zustimmung des Ratsuchenden an allen Entscheidungen und Verfahren wird garantiert. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Ratsuchenden im Einzelfall werden keine Informationen an Dritte weitergegeben. Weder über die Beratung als solche, noch über die Inhalte der Beratung.
Zu Beginn der Beratung sollte mit dem Ratsuchenden besprochen werden, welche Informationen ggf. an wen weitergegeben werden.
• Freiwilligkeit
Die Ratsuchenden müssen das Angebot einer ganzheitlich umfassenden Schuldnerberatung freiwillig nachfragen. Das schließt eine Zwangsberatung oder die Verknüpfung anderer
Leistungen mit der Inanspruchnahme von Schuldnerberatung aus. Der Hilfeempfänger kann nur im zumutbaren Rahmen zur Inanspruchnahme der Beratung verpflichtet werden.
Diese Verpflichtung beschränkt sich auf ein Beratungsgespräch, wenn der Fallmanager dies für erforderlich hält und Schuldnerberatung in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen wird.

• Ergebnisoffenheit
Ziele, Schritte und Verfahren eines Beratungsprozesses werden zwischen Berater und Ratsuchendem vereinbart und im weiteren durch den Prozessverlauf bestimmt. Ziele,
3 siehe unter 2) Schritte und Verfahren müssen möglicherweise im Verlaufe eines Beratungsprozesses angepasst oder verändert werden. Ergebnisvorgaben durch Dritte von außen oder unangemessene Steuerungsvorgaben (z.B. durch zu kurze oder unberechenbare zeitliche Befristungen) verletzen den Grundsatz der Ergebnisoffenheit. Mit Ergebnisoffenheit ist nicht eine
allgemeine Beliebigkeit gemeint. Die Zielsetzung des SGB II als grundsätzliche Handlungsorientierung soll nicht in Frage gestellt werden.

• Nachvollziehbarkeit
Das Vorgehen des Beraters muss nachvollziehbar sein und sollte sich auf dem Stand der (wissenschaftlichen) Entwicklung des Fachgebietes bewegen.

• Ganzheitlichkeit
Schuldnerberatung berücksichtigt bei der Deutung und Bearbeitung des Problems neben juristischen und ökonomischen auch psychische, familiäre und soziale Zusammenhänge.

Köln, den 7. April 2004
Werner Just

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