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PARITÄTISCHER : Armutsbericht zeigt gesamtgesellschaftliche Gefahren Einkommensentwicklung

PARITÄTISCHER : Armutsbericht zeigt gesamtgesellschaftliche Gefahren der
Einkommensentwicklung
"Teilen muss wieder auf die politische Tagesordnung"

Als höchst alarmierendes Dokument gesellschaftlicher Spaltung bewertet die
Vorsitzende des PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverbandes, Barbara Stolterfoht, den
heute von der Bundesregierung vorgelegten Armuts- und Reichtumsbericht. Die
Veröffentlichung des Berichts selbst wertete sie als mutigen und
sozialpolitisch hoffnungsvollen Schritt, kritisierte jedoch auch
"schönfärberische" Aussagen zur Sozialhilfe.

"Die stetige Scherenentwicklung bei Einkommen und Vermögen in Deutschland,
die der Bericht aufzeigt, muss nicht nur Sozialpolitiker, sondern alle
gesellschaftlichen Gruppen alarmieren", warnt Stolterfoht. Keine
Gesellschaft halte auf Dauer eine immer tiefere Wohlstandsspaltung aus,
ohne dass dies auf das gesamte Gemeinwesen zurückschlage - von direkter
sozialer Ausgrenzung über eine rapide abnehmende Identifikation junger
Menschen mit unserem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem bis hin zu
Beutezügen politisch extremer Verführer. Stolterfoht: "Wollen wir dieser
Entwicklung entgegensteuern, gehört auch die Tugend des Teilens wieder auf
die politische Tagesordnung. Dass Arm und Reich nicht immer weiter
auseinander driften, liegt im Interesse aller, selbst der Reichen."

Für die Vorlage des Berichts zollte Stolterfoht der Bundesregierung
Respekt: "Nach Jahrzehnten regierungsamtlichen Verdrängens ist es das erste
Mal, dass eine Bundesregierung in dieser Form eine armutspolitische Bilanz
zieht und damit ein Thema zur öffentlichen Diskussion stellt, das noch
weitgehend tabuisiert ist", sagte die Verbandsvorsitzende in Berlin.

Es bleibe nun zu hoffen, dass Regierung und Parlament neben der
Fachveranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion am 10. Mai weitere
Diskussionsforen zu diesem Bericht schaffen, um die gesellschaftspolitische
Brisanz zu verdeutlichen und den armutspolitischen Handlungsbedarf breit
und kritisch zu beraten.

Stolterfoht kritisiert zugleich fehlende bis schönfärberische Aussagen zur
Lebenssituation von Sozialhilfebeziehern im Armuts- und Reichtumsbericht.
So werde zwar viel über die Ursachen von Sozialhilfebezug und zur
Entwicklung der Empfängerzahlen ausgesagt. Kein Wort werde jedoch der
Tatsache gewidmet, dass Sozialhilfe heute nicht mehr vor Armut und
Ausgrenzung schützt.

Stolterfoht verweist auf eine jüngst veröffentlichte Expertise des
PARITÄTISCHEN, wonach der Sozialhilfe-Eckregelsatz aktuell um 7,8 Prozent
angehoben werden müßte, um wenigstens die gesellschaftliche Teilhabe auf
einem minimalen Niveau abzudecken.

Der Verweis auf das Bemühen, Sozialhilfebezieher verstärkt in den
Arbeitsmarkt zu integrieren, befreie die Bundesregierung nicht von ihrer
Verpflichtung, das Sozialhilfeniveau angemessen weiterzuentwickeln, erklärt
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des PARITÄTISCHEN. Mit verstärkten
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen könnten nur maximal rund 613.000 der 1,5
Millionen Haushalte im Sozialhilfebezug erreicht werden, sagt Schneider. In
rund 800.000 Sozialhilfehaushalten stehe jedoch aus unterschiedlichen
Gründen gar kein Haushaltsmitglied dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Berlin/Frankfurt am Main, 25. April 2001

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