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PM BAG-SHI und Doña Carmen: Druck zur Antragsabgabe kein Einzelfall

Doña Carmen e.V. und BAG-SHI e.V.

P r e s s e m i t t e i l u n g

Druck zur Antragsabgabe kein Einzelfall

Die rechtswidrige Praxis Frankfurter Sozialrathäuser, die Sozialhilfe nicht auszuzahlen, um den Eingang der Anträge auf Arbeitslosengeld II (ALG II) zu beschleunigen, hatte Methode. Die Aussage des Sozialdezerneten Franz Frey, es handele sich hier lediglich um Einzelfälle, muss angezweifelt werden.

In einigen Stadtteilen war die Sozialhilfezahlung ohne Begründung bei potentiellen ALG II-Berechtigten eingestellt worden. Die-se Leistungsbeziehenden hatten in den speziell für die Abwicklung der ALG II-Anträge eingerichteten Stellen zu melden. Erst wenn die Betroffenen den Antrag abgegeben hatten und dies auf den entsprechenden Listen vermerkt war, wurde die Auszahlung der Sozialhilfe veranlasst. In diesen Vorgang waren nachweislich mehrere Abteilungen des jeweiligen Amtes eingebunden, was ohne Anordnung „von oben“ nicht denkbar ist.

Die zuständigen Behörden haben hier in großem Umfang syste-matisch den Rechtsbruch organisiert. Wenn die Verantwortlichen solche Vorgänge mit dem Zeitdruck bei der Umsetzung von Hartz IV zu rechtfertigen versuchen, offenbaren sie, dass sie für ihre Aufgaben in keinster Weise qualifiziert sind. Ohne ein Mindest-maß an Rechtsverständnis, müssen sie unverzüglich von ihren Posten entfernt werden. Dazu bedarf es einer schonungslosen Aufklärung der Vorgänge. Sollte sich herausstellen, dass die Amtsleitung und der zuständige Dezernent Frey diese Affäre wi-der besseres Wissen heruntergespielt haben, müssen sie unver-züglich zurücktreten.

Dass es sich bei diesen Vorgängen nicht um eine Frankfurter Spezialität handelt offenbart eine Umfrage, die die Bundesar-beitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen bei ihren Mitgliedsor-ganisationen durchgeführt hat. Bundesweit bedienen sich Arbeits- und Sozialämter rechtswidriger Mittel und einem rüden Umgangs-ton, um Arbeitslose und Sozialhilfebeziehende unter Druck zu setzen, damit sie den ALG II-Antrag frühzeitig abgeben. Die bis-lang veröffentlichten Fälle sind nur die Spitze des Eisberges. Da-bei werden nicht nur die Betroffenen eingeschüchtert und ihrer Leistung beraubt. Auch die Mitarbeiter in den Ämtern werden im-mer mehr aufgerieben zwischen dem Druck der Vorgesetzten, rechtswidrige Schikanen und unwürdige Gängelung auszuweiten, und dem zunehmenden Ärger aufgrund wachsender Verzweiflung der Leistungsberechtigten. Die Opfer dieser Praktiken befinden sich demnach auf beiden Seiten des Amtstisches.

Einmal mehr wird an diesen Fällen deutlich, dass bereits bei den Vorbereitungen zum ALG II die Arbeitslosen bekämpft werden und nicht die Arbeitslosigkeit. Wenn heute in den Behörden ein immer restriktiverer Kurs gefahren und das Recht von Betroffenen im großen Stil missachtet wird, lässt das erahnen, was Arbeitslo-sen ab 2005 blüht: Einerseits wird ihre Rechtsposition durch Hartz IV und die drohende Einführung von Sozialgerichtsgebühren massiv ausgehöhlt und auf der anderen Seite müssen zahlreiche unabhängige Beratungsstellen schließen, weil deren öffentliche Finanzierung eingestellt wird. Wie die Betroffenen dann noch ihre Rechte durchsetzen sollen, bleibt völlig offen.

Sowohl in Frankfurt als auch bundesweit sind Initiativen und Bera-tungsstellen heute mehr denn je gefordert, den Behörden sehr genau auf die Finger zu schauen. Zu viele ungeklärte Fragen im Zusammenhang mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II, der schlechte Schulungsstand der Mitarbeiter und der immense Zeitdruck bereiten das Feld für weitere Rechtsverstöße, Unregelmäßigkeiten und ungerechtfertigten Druck auf Arbeitslose. In Frankfurt ist man durch die Vorfälle alarmiert. Die Ämter hier sind gut beraten, wenn sie sich künftig nichts mehr zu Schulden kommen lassen.

Für Rückfragen:
Juanita Henning
Doña Carmen e.V.
Tel: 069-76 75 28 80
Frank Jäger
Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen e.V.
Tel: 069-27 22 08 96

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