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Jahresarchiv

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Rechtsprechungsticker von Tacheles 01 KW / 2009

Rechtsprechungsticker 54/KW


1. § 11 SGB II Zufluss von Einkommen - ALG 1

Nachzahlung von Arbeitslosengeld 1 muss in dem Monatangerechnet werden, in dem sie tatsächlich zugeflossen ist.

Sozialgericht Dresden S 10 AS 229/07 24.11.2008, Urteil

Nach dem Zuflussprinzip, das hier gemäß § 2b in Verbindung mit§ 2 Alg II-V in der damals gültigen Fassung anzuwenden ist (soschon BSG, Beschluss vom 23.11.2006 – B 11b AS 17/06 B –),kann die Nachzahlung nicht in dem Monat angerechnet werden, für den sie zugeflossen ist, sondern muss in dem Monat angerechnet werden, indem sie tatsächlich zugeflossen ist. Dies ergibt sich ohne weiteresaus dem Zweck des SGB II, das aktuell bestehende Existenzminimum abzudecken. Hierdurch entsteht der Arge – wenn sie sich ordnungsgemäß verhält – auch kein finanzieller Nachteil.Denn sie hätte bei der Bundesagentur für Arbeit, mit der sie organisatorisch und auch in der Datenverarbeitung eng verknüpft ist, nur die laufende Arbeitslosengeld II-Leistung anzeigen müssen. Dann hätte die Bundesagentur für Arbeit ihre Nachzahlungzurückhalten und mit der Forderung der Arge verrechnen können.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=85001&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 14 AS 1171/07 24.06.2008

Monatlich in Raten ausgezahlter Bildungskredit ist kein anrechenbares Einkommen im SGB II .

Es ist indes bereits zweifelhaft, ob der in monatlichen Raten von 300,- Euro ausgezahlte Bildungskredit überhaupt "Einkommen" i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II ist. Das Bundessozialgericht hat – im Anschluss an das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 25. Mai 1984 – 8 C96/82 und 8 C 107/82 –) – zur Arbeitslosenhilfe entschieden, dass als Darlehen gewährtes Unterhaltsgeld kein die Bedürftigkeit ausschließendes oder verringerndes Einkommen sei(Urteil vom 13. Juni 1985 – 7 RAr 27/84 –, BSGE 58, 160 =SozR 4100 § 138 Nr. 11). Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen sei, stelle nur eine vorübergehend zur Verfügunggestellte Leistung dar, die ungeachtet des Umstandes, dass sie in Form von tatsächlichen Zahlungen in die Hand des Darlehensnehmers gelange, nicht Mittel des eigenen Vermögens würden, weil sie von vornherein mit der Pflicht zur Rückgewähr belastet seien. Solche Zahlungen seien "einkommensneutral". Es kann offen bleiben, ob dem für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu folgen ist (so Mecke,in: Eicher/Spellbrink, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2.Aufl. [2008], § 11 Rdnr. 29 jedenfalls "bei [unmittelbarbevorstehender] Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs").

Selbst wenn die Raten des Bildungskredits als Einkommen anzusehenwären, wären sie nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b SGB II nichtals Einkommen zu berücksichtigen. Denn sie sind jedenfalls "zweckbestimmte Einnahmen", die "einem anderen Zweck als die Leistungennach (dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs) dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen (nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs) nicht gerechtfertigt wären". Der Bildungskredit dient nach § 1 der maßgeblichen Förderbestimmungen (www.bva.bund.de) bei nicht nach demBundesausbildungsgesetz geförderten Auszubildenden "der Sicherung und Beschleunigung der Ausbildung", wogegen die Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs der Sicherung des Lebensunterhalts dienen(§ 19 SGB II). Der Bildungskredit unterscheidet sich insoweit von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die der Ausbildung und gleichzeitig – ebenso wie die Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs – der Sicherung desLebensunterhalts und damit – jedenfalls teilweise –demselben Zweck dienen (§§ 1 und 11 Abs. 1 BAföG). Folgerichtigkann ein Bildungskredit auch neben Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und unabhängig von Bedürftigkeit in Anspruch genommen werden (vgl. zurBerücksichtigung von Bildungskrediten als Einkommen bei der Gewährung von Jugendhilfe nach § 90 Abs. 3 des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs Niedersächs. OVG, Beschluss vom 31. Mai 2007– 4 LC 85/07 –).

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=81680&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

2. Rechtsprechung zum SGB XII § 29 Mietkaution

Sozialgericht Düsseldorf S 42 SO 22/06 07.11.2008 , Urteil

Wurden die Kosten für eine Mietkaution unter Zuhilfenahme von Zuwendungen Dritter gedeckt, und kann der Sozialhilfeempfänger in einem EA- Verfahren seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft machen, sieht das Gericht keine Bedürftigkeit der Klägerin im Hinblick der Kautionszahlung.

Nach § 29 Absatz 1 Satz 7 SGB XII können Wohnungsbeschaffungskosten und Mietkautionen bei vorheriger Zustimmung übernommen werden. Eine Zustimmung soll nach § 29 Absatz 1 Satz 8 SGB XII erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Die Leistungen nach § 27 SGB XII gehören zum notwendigen Lebensunterhalt im Sinne von §§ 19, 27 SGB XII. Nach §§ 41 ff. SGB XII werden sie auch im Rahmen derLeistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erbracht. Dies ergibt sich für die Aufwendungen für die Unterkunftaus § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII. Ein diesbezüglicher Anspruch setzt nach § 41 Absatz 2 SGB XII voraus, dass der Anspruchsteller seinen Lebensunterhalt nicht aus seinem Einkommen oder Vermögen im Sinne von §§ 82 bis 84 und § 90 SGB XII beschaffen kann. Leistungen der Sozialhilfe sind nach § 2 SGB XII dann nicht zu bewilligen, wenn jemand seinen Bedarf durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst decken kann oder wenn jemanddie erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

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2. § 82 SGB XII Absetzung vom Einkommen

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 9 SO 12/06 30.10.2008 , Urteil

Beitrag zur Privathaftpflichtversicherung mindert beim Sozialhilfeempfänger das anrechenbare Einkommen .

Aufwendungen, die jährlich anfallen, können mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen nicht anteilig auf den Bedarfszeitraum angerechnet werden (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, 2. Auflage, 2008,Rn. 39 zu § 82 SGB XII), sondern sind in dem Monat anzurechnen, indem sie anfallen (Brühl in LPK-SGB II, 2. Auflage, 2007, Rn. 61 zu§ 82 SGB XII). Dies gilt auch für Versicherungsbeiträge(BVerwG, Beschluss vom 24.05.1988, Az.: 5 ER 284/87, Rn. 3).

Ob der Beitrag zur Privathaftpflichtversicherung nach Grund und Höhe angemessen und damit gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII vom Einkommen absetzbar ist, bemisst sich danach, ob es sich bei dieser Versicherung um eine Vorsorgemaßnahme handelt, die zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, aber einem vorausplanenden Bürger, der kein überzogenes Sicherheitsbedürfnis hat, ratsam erscheint(Wahrendorf, a.a.0., Rn. 43 zu § 82 SGB XII). Angemessen sind hierbei Beiträge für in der arbeitenden Bevölkerung weitgehend übliche Versicherungen, die vernünftigerweise ein Risikoabsichern, bei deren Eintritt die weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre (Brühl in LPK-SGB II, a.a.0., Rn.74 zu § 82 SGB XII; Lücking in Hauck/Noftz, Bd. II, Rn. 56 zu §82 SGB XII). Maßgebend ist, wie das Bundesverwaltungsgericht zur Vorgängervorschrift des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG entschieden hat(Urteil vom 28.05.2003, Az.: 5 C 8/02, Rn. 10), ob ein in bescheidenen Verhältnissen lebender, aber nicht sozialhilfebedürftiger Bürger in einer vergleichbaren Lage den Abschluss einer Haftpflichtversicherung auch als sinnvoll erachtet hätte. Wie bereits das Sozialgericht festgestellt hat, kommt es also für die Absetzbarkeit der Versicherung nicht - wie die Beklagte rechtsirrig weiterhin meint - auf den Schutz des Sozialhilfeträgers vor(erneuter) Bedarfsdeckung an, sondern darauf, ob es sich bei dieser Versicherung um eine auch in den Einkommensschichten nahe der Sozialhilfe übliche und vernünftige Versicherung handelt, die einerhebliches Risiko absichert. Dies ist zu bejahen.

Dies gilt auch für Alleinstehende. Denn eine private Haftpflichtversicherung deckt vernünftigerweise ein Risiko ab, beidessen Eintritt die weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre (so auch VG Halle, Urteil vom 05.11.2003, Az.: 4 B 494/03, Rn.9; VG Hamburg, Urteil vom 31.05.2002, Az.: 5 VG 0895/2001, Rn. 20)

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=84755&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

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