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Rechtsprechungsticker von Tacheles 27 KW / 2009

Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 27/2009

1. Bundessozialgericht

1.1 Bundessozialgericht - B 14 AS 32/07 R - vom 02.07.2009

Finanzierungskosten eines Eigenheims sind nur in Höhe der Kosten einer angemessenen Mietwohnung zu übernehmen

Bewohnen Hartz IV Empfänger ein Eigenheim , sind als Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich die Kosten zugrunde zu legen , die im maßgeblichen örtlichen Bereich für vergleichbare Mietwohnungen als angemessen anzusehen sind. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Wohnungskosten ist in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe die von der Bedarfsgemeinschaft bewohnte Wohnung hat, sodann ist der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Dabei ist als räumlicher Maßstab in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Schließlich ist zu überprüfen, ob auch die konkrete Möglichkeit besteht, eine abstrakt als angemessen angesehene Wohnung auf dem Wohnungsmarkt anzumieten. Diese zu Mietwohnungen entwickelten Grundsätze gelten auch, soweit Hilfebedürftige ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe bewohnen, das nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nicht als Vermögen berücksichtigt wird und daher den Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nicht von vornherein ausschließt.

Die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist vielmehr für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten. Den Vergleichsmaßstab bildet die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau jeweils maßgebende Wohnraumgröße (im vorliegenden Fall 65 qm für die aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft). Finanzierungskosten für ein selbst genutztes Haus, die die nach den genannten Maßstäben zu ermittelnden Kosten überschreiten, sind unangemessen.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2009&nr=11021

1.2 Bundessozialgericht - B 14 AS 33/08 R - vom 02.07.2009

Wie bei Mietwohnungen sind auch bei Wohneigentum die angemessenen Heizkosten zu übernehmen

Bewohnen Hartz IV Empfänger ein Eigenheim , sind als Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich die Kosten zugrunde zu legen , die im maßgeblichen örtlichen Bereich für vergleichbare Mietwohnungen als angemessen anzusehen sind. Auf die als angemessen anzusehende Wohnfläche kann sich eine Schwerbehinderung des Hilfebedürftigen auswirken .

Wie bei Mietwohnungen sind auch bei Wohneigentum die angemessenen Heizkosten zu übernehmen. Diese können jedoch nicht so ermittelt werden, dass die tatsächlichen Heizkosten pro Quadratmeter mit der angemessenen Quadratmeterzahl multipliziert werden. Zwar ist für die Beurteilung der Angemessenheit eines Hauses grundsätzlich zunächst auf die abstrakt angemessene Quadratmeterzahl für Mietwohnungen abzustellen. Ob die Heizkosten angemessen sind, kann aber nicht anhand der tatsächlichen Kosten für die konkret genutzte größere Haus (mit "unangemessener" Quadratmeterzahl) beurteilt werden. Erst ein Überschreiten der oberen Grenzwerte des lokalen bzw., soweit ein solcher nicht existiert, des bundesweiten Heizspiegels für eine vergleichbare Wohnung mit angemessener Größe kann als Indiz für fehlende Erforderlichkeit und damit für Unangemessenheit der Heizkosten angesehen werden.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2009&nr=11021

1.3 Bundessozialgericht - B 14 AS 36/08 R - vom 02.07.2009

Die Grundsicherung nach dem SGB II lässt eine Pauschalierung der Heizkosten nicht zu, denn die laufenden Leistungen für Heizung sind grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen.

Geht der Grundsicherungsträger davon aus, dass eine Wohnung insgesamt angemessen ist, so kann er in der Regel nicht bei den Heizkosten eine in Relation zur Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unangemessene Wohnungsgröße wieder zur Geltung bringen und - wie hier - die Heizkosten pauschal im Verhältnis der tatsächlich angemieteten Wohnfläche zur abstrakt angemessenen Wohnfläche kürzen. Die Größe der Wohnung ist bei der Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nur einer von mehreren Ermittlungs- bzw. Berechnungsposten. Ist eine Wohnung von ihren Mietkosten her nach der sog Produkttheorie angemessen, so sind die angemessenen Heizkosten grundsätzlich zu erstatten.

Nicht erstattungsfähig sind Heizungskosten lediglich dann, wenn sie bei sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung als der Höhe nach nicht erforderlich erscheinen. Dies setzt eine konkrete Prüfung im Einzelfall voraus. Bei ihr kann der Grundsicherungsträger ein Überschreiten der oberen Grenzwerte des lokalen bzw., soweit ein solcher nicht existiert, des bundesweiten Heizspiegels als Indiz für fehlende Erforderlichkeit ansehen; wobei die Grenzwerte im Interesse der Gleichbehandlung von Mietern und Wohnungs- bzw. Hauseigentümern nach der jeweils angemessenen Wohnungsgröße zu bestimmen sind.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2009&nr=11021

1.4 Bundessozialgericht - B 4 AS 77/08 R -

Umzugskosten können alle im Zusammenhang und wegen des Umzuges anfallende Kosten sein.

Der 13. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30.06.2008, L 13 AS 551/06 ) sowie der 9. Senat des LSG NSB ( Aktenzeichen L 9 B 37/06 AS , Beschluss vom 21. Februar 2006 ; Senatsbeschluss vom 28. Januar 2008, L 13 AS 518/06) hatten entschieden , das falls der konkrete Bedarf für eine Neuanschaffung dadurch verursacht worden ist, dass eine beschädigungsfreie Zerlegung der Möbelstücke als Voraussetzung für eine Wiederverwendung in der neuen Wohnung wegen ihrer Verleimung und Verschraubung nicht möglich gewesen ist, könne ein Anspruch aus § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II auf Übernahme der Wiederbeschaffungskosten als Bestandteil der Umzugskosten in Betracht kommen .

Umzugskosten im Sinne dieser Vorschrift könnten alle im Zusammenhang mit und wegen des Umzugs anfallenden Kosten seien (9. Senat, a. a. 0., mit Verweis auf Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 84; vgl. nunmehr Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn. 84). Es sei naheliegend, hierunter auch die Kosten einer solchen Ersatzbeschaffung von Möbeln zu verstehen, die durch einen Umzug verursacht worden sind .

Das BSG hat mit Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 77/08 R - die Rechtsauffassung des 13. und 9. Senats des LSG Niedersachsen- Bremen bestätigt , danach bekommen Hartz IV-Empfänger bei Umzug beschädigte Möbel ersetzt .

Das SGB II geht im Grundsatz davon aus, dass auch einmalige Bedarfe aus der Regelleistung zu finanzieren sind. Es lässt hiervon nur in engen Grenzen Ausnahmen zu, so etwa in § 23 Abs 3 SGB II. Danach sind Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten von der Regelleistung erfasst. Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall, wenn man allein vom Wortlaut ausgeht, nicht um eine Erstattung der Wohnung . Denn die Klägerin hatte ihre frühere Wohnung ja bereits mit einem Bett und einem Schrank ausgestattet. Hier geht es um eine Ersatzbeschaffung. Der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung sind jedoch nach Ansicht dieses Senates wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar werden. Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Grundsicherungsträger hat hingegen nicht schon dann für Ausstattungsgegenstände aufzukommen, wenn diese zwar weiterhin funktionsfähig sind, ihrem Besitzer jedoch nicht mehr gefallen, sie nicht mehr optimal zur neuen Wohnung passen oder wenn die Gegenstände ohnehin - auch ohne den Umzug - wegen Unbrauchbarkeit hätten durch andere Gegenstände ersetzt werden müssen. Ein durch den Grundsicherungsträger veranlasster Umzug kann - mit anderen Worten - nicht dazu genutzt werden, sich auf Kosten des Grundsicherungsträgers neu einzurichten. Vielmehr ist die Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers insoweit auf eng begrenzte Ausnahmen beschränkt.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2009&nr=11018

2. LSG Rheinland-Pfalz

2.1 Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 5 AS 81/07, Urteil vom 23.04.2009

Unterhaltsleistungen des Vaters sind bei Hartz IV Empfängern nur in Höhe der tatsächlich gezahlten Beträge als Einkommen zu berücksichtigen.

Ebenso wie gepfändete Unterhaltsteile nicht als Einkommen angerechnet werden dürfen (Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 11 Rn 129), sind auch Unterhaltsteile, gegen die der Unterhaltsschuldner aufgerechnet hat und die er deshalb dem Unterhaltsgläubiger nicht zahlt, nicht zu Lasten des Hilfebedürftigen als Einkommen anrechnungsfähig, weil sie diesem nicht als bereite Mittel zur Verfügung stehen. Die Rechtslage bei der Aufrechnung entspricht derjenigen bei der Pfändung (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 Rn 42a; Söhngen in jurisPR SGB II § 11 Rn 41; Brühl in LPK SGB II, § 11 Rn 12 mwN).

Wenn ein Elternteil ohne Partner mit einem oder mehreren volljährigen, unter 25jährigen Kindern eine Bedarfsgemeinschaft bildet, erhält das Elternteil den vollen Regelsatz . Das Kind hat demgegenüber nur Anspruch auf 80 vH der Regelleistung (vgl Berendes, NZS 2008, 634, 636).

Die Beiträge zur Kfz Haftpflichtversicherung sind vom Einkommen abzugsfähig. Gemäß § 11 Abs 2 Nr. 3 SGB II sind vom Einkommen abzusetzen Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit die Beträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund oder Höhe angemessen sind. Kfz-Haftpflichtversicherungen sind gesetzlich vorgeschrieben iSd § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II (Mecke in Eicher/Spellbrink aaO, § 11 Rn 107). Durch die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten vom Einkommen sollen nur die tatsächlich zur Verfügung stehenden Einnahmen als Einkommen berücksichtigt werden (Mecke aaO Rn 91). Daraus folgt, dass Beiträge zu notwendigen Versicherungen lediglich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Hilfeleistungen im betreffenden Zeitraum abzusetzen sind (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 Rn 151).

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