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Rechtsprechungsticker von Tacheles 51 KW / 2009

Rechtsprechungsticker von Tacheles 51/2009

1. BSG B 4 AS 20/09 R , Urteil vom 17.12.2009

Keine Sanktion bei Ablehnung einer Eingliederungsmaßnahme ohne Eingliederungsvereinbarung

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat am 17. Dezember 2009 im Verfahren B 4 AS 20/09 R entschieden, dass die Nichtteilnahme an einer Maßnahme der Eignungsfeststellung / Trainingsmaßnahme nur dann zu einer Absenkung des Arbeitslosengelds II führt, wenn zuvor eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Grundsicherungsträger und dem Hilfebedürftigen geschlossen worden ist.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts ist den Vorinstanzen gefolgt, die der Klage stattgegeben haben. Es liegt kein Tatbestand des § 31 SGB II vor, der eine Absenkung des Arbeitslosengelds II rechtfertigen könnte. Nicht erfüllt ist zunächst der Tatbestand des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchstabe c SGB II, weil eine von der Vorschrift vorausgesetzte Eingliederungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht geschlossen worden ist. Auch § 31 Abs 4 Nr 3 Buchstabe b SGB II, auf den sich die Beklagte zum Schluss nur noch berufen hat, greift nicht ein. Zwar verweist diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach auf sämtliche Sperrzeittatbestände des Arbeitslosenversicherungsrechts. Jedoch finden die Sperrzeittatbestände im SGB II jedenfalls dann keine Anwendung, wenn sie sinngemäß bereits in § 31 Abs 1 SGB II geregelt sind.

Hinweise zur Rechtslage

§ 31 Abs 1 und 4 SGB II

(1) Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn
1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert,
a) eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen,
b) in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichen¬dem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen,
c) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach § 16a geförderte Arbeit, ein zumutbares Angebot
nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen, oder
d) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 auszuführen,

2. der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Ma߬nahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen oder Anlass für den Abbruch gegeben hat.

Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.



(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend

1. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der nach Vollendung des 18. Lebensjahres sein Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen,
2. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen sein unwirtschaftliches Verhalten fortsetzt,
3. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen,
a) dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit den Eintritt einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs
nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat oder
b) der die in dem Dritten Buch genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf
Arbeitslosengeld begründen.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2009&nr=11289&pos=0&anz=60

1.1 BSG B 4 AS 27/09 R , Urteil vom 17.12.2009

Auch nach jahrzehntelanger Einbindung in ein Wohnviertel können Hartz IV-Bezieher gezwungen werden, ihr soziales Umfeld aufzugeben und in einen anderen Stadtteil zu ziehen.

Weder gesundheitliche Gründe noch die jahrzehntelange und familiäre Bindung der Kläger an den Stadtteil Essen-Kettwig führen im konkreten Fall zur Unzumutbarkeit des Verlassens des "sozialen Umfeldes", also eines Umzugs innerhalb des gesamten Vergleichsraums als Kostensenkungsmaßnahme. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG war es ihnen auch möglich, eine Wohnung im Stadtgebiet Essen zum Preis der Referenzmiete anzumieten. Danach stehen im Vergleichsraum Mietwohnungen zu einem Mietzins in Höhe der Vergleichsmiete in hinreichendem Umfang zur Verfügung.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2009&nr=11290

Anmerkung : vgl. dazu Landessozialgericht Nordrhein- Westfalen , Beschluss vom 30.03.2009, Az. L 1 B 37/08 AS

Auch bestehende soziale Kontakte eines Leistungsbeziehers nach dem SGB II rechtfertigen keine Übernahme seiner unangemessenen Kosten der Unterkunft, besonders wenn diese den örtlich geltenden Mietspiegelrichtwert um fast 45 Prozent übersteigen .

1.2 BSG B 4 AS 19/09 R , Urteil vom 17.12.2009

Jobcenter dürfen in Ausnahmefällen auch bereits beim ersten Antrag auf Hartz IV-Leistungen die Unterkunftskosten senken.

Eine Absenkung erfolgt insoweit nicht, wenn den Hilfebedürftigen keine Kostensenkungsobliegenheit trifft. Dieses gilt grundsätzlich auch, wenn der Hilfebedürftige kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine neue Wohnung zu einem unangemessenen Mietzins anmietet. Der Grundsicherungsträger ist daher zunächst verpflichtet, die tatsächlichen Kosten der Wohnung - in der Regel jedoch längstens für sechs Monate - zu tragen, es sei denn, der Hilfebedürftige hatte bei Abschluss des Mietvertrags ihm zurechenbar Kenntnis von der Unangemessenheit der Aufwendungen. Einer Zusicherung des Trägers zur Übernahme der Aufwendungen für die "neue" Wohnung im Sinne des § 22 Abs 2 SGB II bedarf es vor Leistungsbeginn/Erstantragstellung jedoch nicht.

Hinweise zur Rechtslage

§ 22 Abs 1 Sätze 1 und 3 SGB II

(1) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. … Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfe¬bedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.



§ 22 Abs 2 Satz 1 SGB II

(2) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. …

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2009&nr=11287&pos=1&anz=59

1.3 BSG B 8 SO 13/08 R, Urteil vom 29.09.2009

Im Recht der Sozialhilfe existiert keine Notwendigkeit eines Folgeantrages für einen neuen Bewilligungszeitraum.

Sozialhilfe - Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung bzw. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - keine Notwendigkeit eines Folgeantrages für neuen Bewilligungszeitraum - Einkommenseinsatz - Ansetzung von angemessenen Beiträgen zu Privatversicherungen

Im Recht der Grundsicherung spricht die in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in den §§ 1, 6 GSiG zur Notwendigkeit eines Antragserfordernisses für Fortzahlungsbewilligungen zu berücksichtigende Systematik und Entstehungsgeschichte der Vorschrift gerade gegen die Notwendigkeit eines Folgeantrags. Während der Erstantrag auf Grundsicherungsleistungen als materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung (vgl nur zur inhaltsgleichen Regelung in § 41 Abs 1 SGB XII: W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 41 RdNr 20; Münder, SGB 2006, 186, 189) eine umfassende Prüfung der Leistungsvoraussetzungen des § 1 GSiG, insbesondere des Vorliegens einer dauerhaften Erwerbsminderung iS des § 43 Abs 2 SGB VI unter Einschaltung des zuständigen Rentenversicherungsträgers erfordert (vgl § 5 GSiG, § 109a SGB VI) , diesem Erstantrag also gewissermaßen eine "Türöffnerfunktion" für den Systemwechsel von der Sozialhilfe zur Grundsicherung oder die Wahl des Systems zukommt, ging der Gesetzgeber nach erstmaliger Bewilligung der Grundsicherungsleistungen von weitgehend gleichbleibenden Verhältnissen aus. Da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei dem Grundsicherungsberechtigten in der Regel für längere Zeit unverändert bleiben, wollte der Gesetzgeber mit der Festlegung des einjährigen Bewilligungszeitraums des § 6 Satz 1 GSiG nur den jährlichen Rentenanpassungen Rechnung tragen und sah eine Mitwirkungspflicht des Hilfeempfängers nur bei der Meldung von Veränderungen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor (BT-Drucks 14/4595, S 30, 71) .

Für die Notwendigkeit eines Fortzahlungsantrags nach Ablauf des Bewilligungszeitraums lassen sich auch - als einzig denkbare Rechtfertigung - keine Vereinfachungs- oder Praktikabilitätsgründe anführen. Die Beklagte, der die gesundheitlichen und finanziellen Verhältnisse des Klägers bereits aufgrund der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.1. bis 30.6.2003 bekannt waren, konnte wegen fehlender Hinweise auf geänderte Einkommens- oder Vermögensverhältnisse nicht davon ausgehen, dass seine Hilfebedürftigkeit dem Grunde nach weggefallen sein konnte. Im Hinblick auf § 5 BSHG (Einsetzen der Sozialhilfe mit Kenntnis des zuständigen Leistungsträgers) wäre sie als zuständiger Träger für Grundsicherungsleistungen und für Sozialhilfe (§ 4 Abs 1 GSiG, § 96 BSHG) - wie dies regelmäßig der Fall sein dürfte - deshalb auch ohne Antrag auf Grundsicherungsleistungen von Amts wegen zur Prüfung verpflichtet gewesen, ob dem Kläger nicht Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG zu zahlen waren (vgl allgemein: Rothkegel, Die Strukturprinzipien des Sozialhilferechts, S 62; vgl zur Amtsermittlungspflicht insoweit: BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 23) . Eine fehlende Antragstellung auf Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung lässt den gegenüber der Grundsicherung nachrangigen Sozialhilfeanspruch nach dem hier noch anwendbaren BSHG nicht entfallen (so wohl Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph/Gröschel-Gundermann, BSHG/AsylbLG/Grundsicherungsgesetz, § 1 GSiG RdNr 21, Stand Juli 2004; Münder, SGB 2008, 186, 190; zum SGB XII Kreiner in Oestreicher, § 41 SGB XII RdNr 17, Stand Juni 2006; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.10 RdNr 4, Stand Februar 2007; vgl nunmehr § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII) .

Für den Einsatz von Einkommen und Vermögen gelten nach § 3 Abs 2 GSiG die §§ 76 bis 88 BSHG und die dazu erlassenen Rechtsvorschriften entsprechend. Nach § 76 Abs 2 Nr 3 BSHG sind Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen vom Einkommen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "angemessen" in § 76 Abs 2 Nr 3 BSHG sind der Sinn und Zweck dieser Regelung zu berücksichtigen und ist dem Umstand Rechnung zu tragen, "dass (gerade) auch Bezieher geringer Einkommen Risiken abzusichern pflegen, bei deren Eintritt ihre weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre" (BVerwGE 116, 342, 344) . Die "Angemessenheit" von privaten Versicherungen beurteilt sich somit sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden (BVerwGE 116, 342, 344; BVerwGE 118, 211, 212 f; vgl demgegenüber zum Lebensstandardprinzip in der Alhi BSGE 94, 109 ff RdNr 16 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1) .

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann das LSG die Übernahme der von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die private Kranken-, Rechtsschutz- und Unfallversicherung nicht ohne Weiteres ablehnen, sondern wird ermitteln müssen, welche konkreten Risiken des Klägers durch diese abgedeckt werden sollen und ob es sich um übliche Versicherungen für Bezieher geringerer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe handelt. Dabei kann aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50 % der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen (vgl zu diesem Gedanken bereits zur Alhi BSGE 94, 109 ff RdNr 29 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1) . Es können aber auch besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, aufgrund derer die Beiträge für die privaten Versicherungen zu übernehmen sind. So können zB insbesondere bei Empfängern von Grundsicherungsleistungen spezifische gesundheitliche Verhältnisse eine private Krankenversicherung angemessen erscheinen lassen, auch wenn im Grundsatz davon auszugehen ist, dass der in der Krankenversicherung der Rentner gesetzlich krankenversicherte Kläger bereits einen auf die Risiken der Krankheit bezogenen, umfassenden sozialversicherungsrechtlichen Schutz hat ( Brühl in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 82 RdNr 66; Karmanski in Jahn, SGB XII, 2007, § 82 RdNr 33).

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2009&nr=11279&pos=5&anz=219

1. 4 BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R

Ein Hilfebedürftiger hat Anspruch gegen den Grundsicherungsträger auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlich gezahlten Miete, sodass auch der Mietzins aus einer möglicherweise unwirksamen Staffelmietvereinbarung grundsätzlich berücksichtigungsfähig ist. Hinsichtlich der Höhe des Abzugsbetrags für die Warmwasserbereitung widerspricht der 4. Senat des BSG dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Bei der Anwendung des § 22 Abs 1 Halbsatz 1 SGB II sind als Mietzinsen die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden (wie hier: Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 15c; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.6.2006 - L 8 AS 165/06 ER, FEVS 58, 148; weitergehend Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 27; aA Radüge in jurisPR-SozR 26/2008 Anm 2; SG Bremen, Beschluss vom 7.8.2009 - S 23 AS 1415/09 ER, jeweils zu Schönheitsreparaturen). Ausreichend ist also, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R).

Schon nach dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II ist auf die tatsächlichen Zahlungen abzustellen. Danach werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" erbracht. Für die Auffassung , der Grundsicherungsträger könne sich auf die Unwirksamkeit bestimmter Klauseln des Mietvertrages berufen und deshalb gegenüber den tatsächlich geleisteten Zahlungen Abzüge vornehmen, finden sich hingegen keinerlei Anhaltspunkte im Wortlaut des Gesetzes. ( BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R , RdNr 17 ) .

Diese Auslegung entspricht auch dem aus der Entstehungsgeschichte herzuleitenden Zweck der Vorschrift. Mit der Regelung über die Leistungen für Unterkunft und Heizung wollte der Gesetzgeber die Kosten wie in der Sozialhilfe in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigen. Hierbei sollen die zu beachtenden Voraussetzungen den sozialhilferechtlichen Regelungen entsprechen (BT-Drucks 15/1516 S 57). Es entspricht folglich dem Zweck der Vorschrift, die existenziellen notwendigen Bedarfe der Unterkunft und Heizung sicher zu stellen (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 15c). Das Ziel der Sicherstellung der insoweit entstehenden Bedarfe kann nur verwirklicht werden, wenn sich die Leistungsgewährung an den tatsächlich entstehenden Aufwendungen ausrichtet (BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R , RdNr 18 ) .

Mit seiner an der tatsächlichen Abwicklung des Mietverhältnisses orientierten Betrachtungsweise setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 19.2.2009 (B 4 AS 48/08 R, RdNr 16). Zwar hat der Senat diese Entscheidung hinsichtlich der Nebenkosten auf die in § 2 Betriebskostenverordnung aufgeführten Betriebskosten abgestellt, jedoch ist damit auch die Leistungsgewährung bei Nebenkosten nicht unter einen allgemeinen Rechtmäßigkeitsvorbehalt gestellt worden. Vielmehr diente der Hinweis auf § 2 Betriebskostenverordnung ersichtlich lediglich dazu abzugrenzen, welche Positionen grundsätzlich als erstattungsfähige Nebenkosten anzusehen sind. Für die Nebenkosten gelten im Wesentlichen die gleichen Überlegungen wie oben dargelegt.
((BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R , RdNr 19 ) .

Der Grundsicherungsträger, der eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam hält, kann das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II betreiben, denn eine auf Grund einer unwirksamen Vereinbarung getätigte Zahlung ist nicht angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II (vgl aber insoweit auch den abweichenden Standpunkt von Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: September 2009, § 22 RdNr 27, die für derartige Fälle eine Sanktion wegen unwirtschaftlichen Verhaltens vorschlägt). Dies gilt unabhängig von einer (allgemeinen) Angemessenheitsprüfung im Sinne der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/08 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Unangemessenheit der getätigten Aufwendungen ergibt sich - auch soweit die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach allgemeinen Grundsätzen nicht überschritten wird - allein aus der zivilrechtlichen Unwirksamkeit der angeblichen Forderung. (BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R , RdNr 22 ) .

Die Kostensenkungsaufforderung darf sich - unbeschadet der ansonsten hierzu geltenden Grundsätze (BSG, Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 7; BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R) - in diesem Fall ausnahmsweise nicht darauf beschränken, dem Hilfebedürftigen lediglich den nach Auffassung des Grundsicherungsträgers angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung vor Augen zu führen. Vielmehr muss dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Rechtsstandpunkt des Grundsicherungsträgers und das von diesem befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlicht werden, die ihn zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetzt. Bis zu den erforderlichen Erläuterungen durch das Informationsschreiben sind Maßnahmen der Kostensenkung für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen regelmäßig subjektiv unmöglich iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, es sei denn, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls ist aufgrund des Kenntnisstandes des Hilfebedürftigen eine derartige Information entbehrlich.
(BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R , RdNr 23 ) .

Der Senat schließt sich hinsichtlich der Höhe des Abzugsbetrags für die Warmwasserbereitung auch für den Zeitraum bis zum 30.6.2008 den Ausführungen des 14. Senats im Urteil vom 27.2.2008 (B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 24, 25) an. Soweit insbesondere das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in dem Rundschreiben vom 4.8.2008 (II b 5 - 2910/1) eine andere Auffassung vertritt und bei einer Regelleistung in Höhe von 347 Euro einen Abzugsbetrag von 6,56 Euro für eine Alleinstehende und 3,94 Euro für die beiden Kinder der Bedarfsgemeinschaft empfiehlt, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Das BMAS begründet seine Auffassung damit, dass sich ab 1.7.2007 der Wert für die Warmwasserbereitung aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 errechnen müsse. Nach dieser sei es zu betragsmäßigen Verschiebungen innerhalb der einzelnen Abteilungen der EVS gekommen, so dass der Anteil für Haushaltsenergie nunmehr 21,75 Euro monatlich betrage und nicht mehr 20,74 Euro wie zuvor. Daraus folge - ein 30% iger Anteil hieran für die Warmwasserbereitung zu Grunde gelegt - ein Abzugsbetrag von 6,56 Euro für einen Alleinstehenden unter Berücksichtigung der Regelsatzerhöhung auf 347 Euro.

Die internen Verschiebungen des prozentualen Anteils der einzelnen Rechnungsposten der EVS haben jedoch nicht zu einer Regelleistungserhöhung geführt. Die Erhöhung der Regelleistung zum 1.7.2007 ist erst durch die Bekanntmachung vom 18.6.2007 (Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1.7.2007 vom 18.6.2007, BGBl I 1139) auf Grundlage des § 20 Abs 4 SGB II, also der Anpassung an den aktuellen Rentenwert erfolgt. Die "neue" EVS hatte mithin keine Auswirkungen auf die Höhe der Regelleistung und damit auf die Höhe des Betrags, der den SGB II-Leistungsempfängern tatsächlich zur Verfügung stand. Aus diesem Grunde hat der 14. Senat konsequenterweise auch den Anteil der Kosten der Warmwasserbereitung lediglich um den prozentualen Anpassungsbetrag (Dynamisierungsbetrag) der Regelleistung, also 0,58% erhöht. Auch der erkennende Senat geht davon aus, dass sich diese Erhöhung gleichmäßig auf alle in die Regelleistung eingeflossenen Bedarfe auswirkt, also auch auf die für Haushaltsenergie. (BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R , RdNr 28- 30 ) .

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=125023&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

2. Landesozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. Oktober 2009, L 5 AS 45/06, rechtskräftig

Händlereinkaufspreis ist nicht relevant für Auto-Verwertungsschutz bei Hartz IV.

Vor dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II müssen erst die Vermögensgegenstände verwertet werden, die für die Lebensumstände unangemessen sind. Autos mit einem Verkehrswert bis 7.500 Euro sind aber verwertungsgeschützt. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat eine Klage auf Hartz-IV-Leistungen abgewiesen, weil der Kläger einen Audi A 6 mit einem Verkehrswert von 12.000 Euro besaß. Der vom Kläger genannte Händlereinkaufspreis von unter 7.500 Euro sei nicht relevant. Der Verkehrswert sei der Preis, der bei einem Privatverkauf erzielt werden könnte. Der - meist niedrigere - Händlereinkaufspreis sei nur maßgeblich, wenn das Auto auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt nicht mehr verkäuflich wäre.

http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/lsg/2009/011_2009_9d907f11c2fc7f68af965e57020d7efd.htm

3. Sächsisches Landessozialgericht L 7 AS 219/08 26.11.2009 , Urteil

Der Träger der Grundsicherungsleistungen eines Hilfebedürftigen, der in einer Eigentumswohnung lebt, muss die Kosten einer Instandhaltungsrücklage als Kosten der Unterkunft übernehmen, wenn der Betroffene der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber zur Zahlung der Pauschale verpflichtet ist.

Der von einem Wohnungseigentümer laut Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft regelmäßig zu zahlende Anteil an der Instandhaltungsrücklage gehört dem Grunde nach zu den angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Für Grundsicherungsempfänger, die in einer Mietwohnung leben, gehören zu diesen tatsächlichen Aufwendungen auch diejenigen Nebenkosten, die mietvertraglich unausweichlich sind und denen nicht das Element der Freiwilligkeit innewohnt (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 48/08 R – Rn. 18). Dazu gehören insbesondere Nebenkosten, die unter § 2 der Betriebskostenverordnung fallen und daher vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden können, so dass eine mietvertragliche Verpflichtung zur Zahlung besteht. Denn nur die Aufwendungen, die mit der Unterkunft rechtlich und tatsächlich verknüpft sind, sind auch als Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 19 m. w. N.).

Eine entsprechende rechtliche und tatsächliche Verknüpfung mit der Unterkunft besteht auch bei der vom Kläger zu zahlenden Instandhaltungsrücklage. Denn gemäß § 16 Abs. 2 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht – Wohnungseigentumsgesetz – (WEG) ist jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Eine davon abweichende Regelung kann nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 4 jener Vorschrift getroffen werden. Danach können die Wohnungseigentümer nur im Einzelfall (u. a.) zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG durch Beschluss die Kostenverteilung anders regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt; der Beschluss zur Regelung einer derartigen Kostenverteilung bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung (durch einen Verwalter oder durch die Wohnungseigentümer selbst) gehört zudem gemäß § 21 Abs. 5 WEG insbesondere die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (Nr. 2) und die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung (Nr. 4). Aufgrund dieser gesetzlichen Regelungen besteht für den einzelnen Wohnungseigentümer keine Möglichkeit, den Anfall oder auch nur seinen Beitrag zur Instandhaltungsrückstellung zu verhindern oder sonst zu vermeiden.

Im Unterschied zu Hauseigentümern hat ein Wohnungseigentümer – hier: monatlich – tatsächliche Aufwendungen in der seinem Anteil am Gemeinschaftseigentum entsprechenden Höhe, ohne dass damit ein aktueller Instandhaltungs- oder Instandsetzungsaufwand verbunden ist. Anders als bei einem Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft besteht für private Eigentümer eines Eigenheims keine rechtliche Verpflichtung zur Rücklagenbildung. Hingegen können bei einem selbstgenutzten Hausgrundstück die während des Leistungsbezuges tatsächlich getätigten Aufwendungen für eine Instandsetzung und Instandhaltung – soweit diese nicht zu einer Verbesserung des Standards führen und angemessen sind – als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 38/08 R – Rn. 17).

Diese tatsächlichen und rechtlichen Unterschiede bei der Bewertung einer vom Wohnungseigentümer mit dem Hausgeld zu entrichtenden Instandhaltungsrücklage einerseits und einer im Wesentlichen freiwilligen Instandhaltungspauschale privater Eigenheimbesitzer andererseits können die Grundsicherungsträger bei der Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 SGB II nicht außer Acht lassen. Allerdings ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die konkrete Instandhaltungsrücklage für die von einem Leistungsempfänger bewohnte Eigentumswohnung auch der Höhe nach angemessen ist.

Anmerkung : vgl. dazu LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.07.2009, Az. L 5 AS 111/09 , LSG Baden-Württemberg 26.1.2007 L 12 AS 3932/06, LSG Rheinland-Pfalz 28.6.2007 L 3 ER 136/07 AS; Piepenstock in jurisPK SGB II, § 22 Rn 40, 42 .

4. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 B 297/09 AS ER 26.11.2009 rechtskräftig , Beschluss

Ein Hilfebedürftiger muss sich zur Deckung seines Unterkunftsbedarfs nicht auf eine Obdachlosenunterkunft verweisen lassen, sondern ist berechtigt, eine eigene Wohnung anzumieten

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=124874&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

4.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 B 48/09 SO ER 04.12.2009 rechtskräftig , Beschluss

Leistungsträger dürfen existenzsichernde Leistungen nicht aufgrund von bloßen Mutmaßungen verweigern, die sich auf vergangene Umstände stützen, wenn diese über die gegenwärtige Lage eines Anspruchstellers keine eindeutigen Erkenntnisse ermöglichen.

Gemäß § 41 Abs. 2 SGB XII erhalten Leistungen nach diesem Gesetz u.a. Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen oder Vermögen nach den §§ 82 - 84 und 90 SGB XII beschaffen können, sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Der Leistungsempfänger ist dabei hinsichtlich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse darlegungs- und beweisbelastet.

Zwar dürfen Leistungsträger existenzsichernde Leistungen nicht aufgrund von bloßen Mutmaßungen verweigern, die sich auf vergangene Umstände stützen, wenn diese über die gegenwärtige Lage eines Anspruchstellers keine eindeutigen Erkenntnisse ermöglichen. Die schlichte Behauptung des Sozialleistungsträgers, es seien weitere Einnahmen vorhanden, ist daher für die Leistungsverweigerung nicht ausreichend (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 7.12.2005 - L 7 AS 81/05 ER-). Andererseits trifft den Ast eine Pflicht, alles ihm Zumutbare an der Aufklärung des Sachverhalts zu leisten.

Dem Senat sind auch vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen Zweifel daran verblieben, dass der Ast hilfebedürftig ist.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=124878&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

5. Sozialgericht Berlin S 82 AS 14094/09 27.11.2009 , Urteil

1. Zur Höhe der Warmwasser- und Kochgaspauschale: Die Anteile des Regelsatzes nach dem SGB 2 bestimmen sich nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) für das Jahr 1998.

2. Anders als in der Sozialhilfe nach SGB 12 existiert für die Neubemessung des SGB-2-Regelsatzes keine Verordnungsermächtigung.

Nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, ab 1. Juli 2008 351,00 EUR. Die Regelleistung beträgt gemäß § 20 Abs. 3 SGB II jeweils 90 % der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II, wenn zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben, somit ab 1. Juli 2008 316,00 EUR. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Ein Anspruch auf Übernahme der Heizkosten besteht jedoch nur, sofern der Bedarf nicht bereits anderweitig gedeckt ist. Die Kosten der Warmwasseraufbereitung und des Kochgasbezuges sind bereits von der Regelleistung nach § 20 SGB II erfasst. Denn nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst die Regelleistung auch die auf die "Haushaltsenergie ohne die auf die auf die Heizung entfallenden Anteile". Sofern keine konkrete Erfassung der Warmwasserbereitung möglich ist, darf (nur) der tatsächlich von der Regelleistung umfasste Betrag von den Kosten der Unterkunft herausgerechnet und in Abzug gebracht werden, um eine Doppelgewährung zu vermeiden (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07). Das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass die Festsetzung der Höhe der Regelleistung durch den Gesetzgeber in § 20 Abs. 2 SGB II ein normativ-wertender Prozess ist, welcher in seinen einzelnen Schritten keinen naturwissenschaftlich-mathematisch ableitbaren Richtigkeitsansprüchen unterliegt. Maßgeblich ist daher, mit welchem Anteil des Regelsatzes der Gesetzgeber die Haushaltsenergie bemessen hat. Der Beklagte geht zu Unrecht davon aus, dass Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des auf die Warmwasseraufbereitung und den Kochgasbezug entfallenen Regelsatzanteils die EVS 2003 sei und bringt daher den in dieser Einkommens- und Verbrauchsstichprobe enthaltenen, höheren Anteil für die Warmwasserwasseraufbereitung in Abzug. Jedoch ist nicht die Einkommens- und Verbrauchstichprobe 2003 (i.F. EVS 2003), sondern die Einkommens- und Verbrauchstichprobe 1998 (i.F. EVS 1998) Grundlage der Regelsatzbemessung nach dem SGB II. Darin folgt die Kammer der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 27. Februar 2008, Az. B 14/11b AS 15/07, Rdnr. 24 ff., sowie im Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 8/09 R Rdnr. 28 ff; ebenso auch OLG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 11.12.2008, L 13 AS 210/08; vorgehend SG Oldenburg, Urt. v. 18.06.2008, Az: S 47 AS 238/08; SG Darmstadt, Urteil vom 22.04.2009, Az.: S 22 AS 724/08; SG Berlin, Urteil vom 27.03.2009 - S 26 AS 19501/08; SG Detmold, Urt. v. 13.03.2009, S 13 AS 21/07; SG Lüneburg, 11.01.2009, S 25 AS 2115/08 ER - jeweils zitiert nach juris; a.A. Schwabe, ZfF 2007, 25 und ZfF 2009, 145, 149. Nach Überzeugung der Kammer fließen die Kosten der Warmwasserbereitung mit 5,70 EUR und die Kosten für Kochgasbezug mit 4,24 EUR in die Regelleistung von 316,00 EUR ein. Sie bemessen sich nach den durch die EVS 1998 vorgegebenen Anteilen. Die erstmalige Bemessung des Regelsatzes nach § 20 Abs. 2 SGB II erfolgte mit der Entstehung des SGB II zum 1. Januar 2005 durch das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt". Der Gesetzgeber verwies in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1516, S. 56) auf die Regelungen im SGB XII einschließlich der Regelsatzverordnung vom 03. Juni 2004 (BGBl. I 2004, S. 1067, Begründung siehe BR Drs-206/04) als Referenzsystem und bezog damit die EVS 1998 als Grundlage in die gesetzgeberische Entscheidung zu erstmaligen Bemessung des SGB-II-Regelsatzes ein. Zugleich regelte der Gesetzgeber in § 20 Abs. 4 SGB II das Verfahren für die Anpassung und Neubemessung der Regelleistung. Er legte fest, dass eine jährliche Anpassung der Regelleistung durch Kopplung an den Rentenwert der gesetzlichen Rentenversicherung ohne weitere gesetzgeberische Willensbetätigung durch Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erfolgt, während für eine Neubemessung des Regelsatzes, also dessen strukturelle Änderung, ein gesetzgeberischer Akt erforderlich ist. In der Sozialhilfe ist gemäß § 28 Abs. 3 S. 4 und 5 SGB XII die Regelsatzbemessung anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichproben zu überprüfen und ggf. weiterzuentwickeln. Aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 40 SGB XII kann der SGB-XII-Regelsatz durch Rechtsverordnung neu bemessen und angepasst werden. Eine solche Verordnungsermächtigung fehlt im SGB II. Nach § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II findet für die Neubemessung des SGB-II-Regelsatzes ausdrücklich nur § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII entsprechende Anwendung, wonach die Bemessung überprüft und weiterentwickelt wird, sobald die Ergebnisse einer neuen EVS vorliegen. Anders als im SGB XII ist keine Neubemessung auf allein untergesetzlicher Ebene vorgesehen, erforderlich ist eine gesetzgeberische Entscheidung. Eine Neubemessung des SGB II-Regelsatzes erfolgte – jedoch ohne Beachtung der EVS 2003 – letztmalig bei Anpassung der Regelsätze Ost und West mit Gesetz vom 24. März 2006. Nachfolgende Regelsatzanpassungen erfolgten lediglich durch Bekanntmachung der dynamisierten Regelsatzhöhe, ohne dass das Verhältnis der darin enthaltenen, auf Basis der EVS 1998 gewichteten Anteile verändert wurde. Mit dem "Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze" vom 24. März 2006 (BGBl. 2006 I, S. 558) wurden die damals noch unterschiedlich hohen Regelsätze Ost und West angeglichen, ohne dass der Gesetzeswortlaut Anhaltspunkte für eine Einbeziehung der Regelsatzbemessung nach der EVS 2003 bietet. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber von der Einbeziehung der EVS 2003 ausdrücklich abgesehen hat. Auf den Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 2. September 2005 (siehe BT-Drs. 657/05) nahm der Bundesrat in seiner Sitzung am 14. Oktober 2005 wie folgt Stellung (BT-Drs. 16/99, S. 8): "Mit der beabsichtigten Erhöhung der Regelleistung für die neuen Länder wird die bundesgesetzlich nach § 20 Abs. 4 SGB II vorgesehene Anpassungssystematik durchbrochen, wonach sich die Höhe der Regelleistung an den Veränderungen des aktuellen Rentenwertes bzw. den Anpassungen im SGB XII orientiert. Eine Entscheidung über die Änderung der Höhe der Regelleistung sollte bis zu der für Ende 2005 zu erwartenden Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 zurückgestellt werden." Dem erteilte die Bundesregierung in einer Gegenäußerung aus politischen Gründen eine Absage und äußerte sich wie folgt (BT-Drs. 16/99, S. 9): "Es soll, unabhängig von den Ergebnissen der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003, eine bundeseinheitliche Regelleistung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende festgelegt werden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt dies um." Den in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Bundestages vom 13. Februar 2006 erhobenen Bedenken gegen eine Abkehr von der gesetzlichen Anpassungssystematik vor Auswertung der EVS 2003 (BT- Drs. 16/688 S. 10-12) folgte der Ausschuss nicht und empfahl in seiner Sitzung am 15. Februar 2006 dem Deutschen Bundestag die Annahme des Gesetzentwurfs. Die unveränderte Umsetzung erfolgte mit Gesetz vom 24. März 2006 (BGBl. 2006 I, S. 558). Auch in der nachfolgenden Änderung des § 20 SGB II erfolgte keine Neubemessung der Regelsätze auf der Grundlage der EVS 2003, da diese noch nicht in das Gesetzgebungsverfahren einfloss. Mit dem "Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende" vom 20. Juli 2006 (BGBl. 2006 I, S. 1706) stellte der Gesetzgeber lediglich klar, dass die Regelleistung die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile umfasst, ohne den Regelsatz selbst neu zu bemessen. In der Entwurfsbegründung vom 9. Mai 2006 wird ausgeführt (BT-Drs. 16/1410, S. 23): "Die Regelung stellt klar, dass die Regelleistung auch die Bedarfe für Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile erfasst. Die Klarstellung ist vor dem Hintergrund notwendig, dass die Sozialhilfe grundsätzlich als Referenzsystem für die Bemessung der Regelleistung im SGB II dient. Bei der Bemessung des Regelsatzes nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe werden insbesondere auch die Bedarfe für die Kochfeuerung, die Warmwasserbereitung und Beleuchtung berücksichtigt. Eine Übernahme dieser Kosten im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung würde daher zu einer systemwidrigen "doppelten" Leistungserbringung führen." Eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis der einzelnen Anteile der Regelleistung erfolgte nicht. Da erst kurz zuvor, am 15. Juni 2006, zunächst nur die Unterrichtung des Ausschusses für Arbeit und Soziales durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die Auswertung der EVS 2003 als Grundlage der Neubemessung der Regelsätze nach dem SGB XII erfolgt war (BT-Drs. 16(11)286), konnte die EVS 2003 keinen Eingang in das Gesetzgebungsverfahren zum "Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende finden. Da sich mit der EVS 2003 die Summe der einzelnen Abteilungswerte nicht veränderte und sich ein Sozialhilferegelsatz von ebenso 345 EUR ergab, ist zu vermuten, dass der Gesetzgeber auch keinen Anlass für eine Neubemessung des Regelsatzes sah. Im Jahr 2006 blieb somit eine gesetzgeberische Neubemessung der Regelsätze im SGB II aus. Damit blieb eine Neubemessung des SGB-II-Regelsatzes im Jahr 2006 aus, wovon auch der Beklagte ausgeht. Die weiteren Regelsatzanpassungen erfolgten lediglich durch Bekanntmachung der nach der Entwicklung der Rentenwerte dynamisierten Regelsätze auf 347 EUR zum 1. Juli 2007 (BGBl. I 2007, S. 1139), auf 351 EUR zum 1. Juli 2008 (BGBl. I 2008, S. 1102) sowie auf 359 EUR zum 1. Juli 2009 (BGBl. I 2009, S. 1342). Mit der Einführung des § 74 SGB II, nach welchem vorübergehend in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2011 Kindern ab Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 70 % der Regelleistung zugedacht wurden, erfolgte schließlich auch keine Neubemessung des Regelsatzes. Der Gesetzgeber bewährte lediglich einen prozentual erhöhten Satz für ältere Kinder, um deren gestiegenen Bedarf zu befriedigen. Eine Neujustierung der Regelsatzanteile erfolgte damit nicht, da wiederum anteilig der nach der EVS 1998 bemessene Regelsatz gewährt und nur eine provisorische Regelung eingeführt wurde. Die Anteile der Kosten der Warmwasserbereitung und die Kosten für Kochgasbezug sind somit anhand des in der Regelleistung nach Vorgaben der EVS 1998 enthaltenen Haushaltsenergieanteils zu bestimmen. Nach der EVS 1998, auf welche das Bundessozialgericht auch ausdrücklich Bezug nimmt, entsprachen die Gesamtausgaben in der Abteilung 04 (Wohnung, Wasser, Strom, Gas und Brennstoffe) einem Wert von 313,23 EUR. Hieraus werden als Regelsatz relevant 24,18 EUR anerkannt, aus denen die Kosten für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung in Höhe von 4,84 EUR herauszurechnen sind, sodass insgesamt für Strom/Haushaltsenergie 19,34 EUR regelsatzrelevant wurden. Die aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 gewonnenen Werte bzw. anerkannten Regelsatzbestandteile wurden zum 1. Januar 2005 um (kumulativ) 7,23 % dynamisiert bzw. angepasst entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts im Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 1. Januar 2005 (vgl. BT-Drucks 206/04, S. 13) woraus sich der Betrag für Haushaltsenergie in Höhe von 20,74 EUR monatlich bei einem Regelsatz von 345 EUR ergibt. Eine weitere Aufgliederung dieses Betrages in Einzelpositionen kann weder den Materialien noch der EVS entnommen werden. Da in der Regel der gesamte elektrische Energieverbrauch eines Haushalts über einen Zähler gemessen wird, lässt sich der Energieaufwand für Warmwasserbereitung nicht exakt messen, sondern lediglich schätzen. Mangels anderer Anhaltspunkte greift die Kammer daher in Übereinstimmung mit dem Urteil des BSG vom 27. Februar 2008 (a.a.O.) auf die Empfehlung des Deutschen Vereins aus dem Jahre 1991 zurück, nach der auf der Grundlage verschiedener Modellrechnungen die Kosten der Warmwasserbereitung mit 30 % des im Regelsatz enthaltenen Betrags für Haushaltsenergie anzusetzen sind (vgl. NDV 1991, 77). Die Kochgaspauschale ist mit 22,3 % des im Regelsatz enthaltenen Betrags für Haushaltsenergie anzusetzen. Die Regelsatzleistung des § 20 SGB II wurde entsprechend § 20 Abs. 4 Satz 1 SGB II dynamisiert. Im Verhältnis der Erhöhung der Regelleistung von 345 EUR ergibt sich ein relativer Anstieg unter Einbeziehung der Rundungen zum 1. Juli 2007 um 0,579 %, zum 1. Juli 2008 um 1,739 % sowie zum 1. Juli 2009 um 4,058%. Dementsprechend ist auch der für Haushaltsenergie anerkannte Betrag in Höhe von 20,74 EUR um 0,579 % bzw. 1,739 % bzw. 4,058 % zu dynamisieren. Daraus ergibt sich bei voller Regelleistung ein Betrag für Haushaltsenergie in Höhe von monatlich 20,86 EUR von 347 EUR, von monatlich 21,10 EUR bei einer Regelleistung von 351 EUR sowie von monatlich 21,58 EUR bei einer Regelleistung von 359 EUR. Die Anteile der Regelsätze nach § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II, § 20 Abs. 2a SGB II, § 20 Abs. 3 SGB II, § 74 SGB II sowie nach § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II ergeben sich anteilig. Von den tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für Unterkunft und Heizung von 370,86 EUR ist der in der Regelleistung enthaltene Anteil für die Warmwasseraufbereitung und Kochgas von insgesamt 52,3 % des im Regelsatz enthaltenen Betrags für Haushaltsenergie in Abzug zu bringen. In einem Regelsatz von 316 EUR (90 % von 351 EUR) sind 18,99 EUR (90 % von 21,10 EUR) Haushaltsenergie enthalten, 52,3 % davon entsprechen je Kläger 9,93 EUR. Für beide Kläger war zur Vermeidung einer Doppelzahlung ein Abzug von den tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 19,86 EUR zulässig. Somit waren den Klägern nach § 22 Abs. 1 SGB II von den Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 370,86 EUR monatlich insgesamt 351,00 EUR für die Monate September 2008 sowie November 2008 bis einschließlich Februar 2009 zu bewilligen. Damit ergibt sich für diese Monate ein jeweils um 0,96 EUR höherer Anspruch. Für Oktober 2008 bestanden unter Hinzurechnung der Betriebskostennachzahlung von 38,62 EUR angemessene Aufwendungen für die Unterkunft von insgesamt 389,62 EUR. Nach § 41 Abs. 2 SGB II ist dieser Betrag auf einen vollen EUR-Betrag aufzurunden, so dass im Oktober 2008 ein Anspruch der Kläger von insgesamt 390,00 EUR bestand und sich ein um 0,34 EUR höherer Anspruch der Kläger ergibt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die Anteile des Obsiegens und Unterliegens der Kläger, die zunächst die Gewährung von Kosten der Unterkunft gänzlich ohne Pauschalabzüge begehrt haben. Die Berufung war nach § 144 SGG zuzulassen. Die Berufungszulassung war erforderlich, da der Berufungsstreitwert gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR nicht erreicht ist und die Klage keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Nach Auffassung der Kammer hat die Rechtssache jedoch grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, da der Beklagte sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durchweg von der Geltung der EVS 2003 auch für die Regelsätze des SGB II ausgehen und damit höheren Anteile für die Warmwasseraufbereitung in Abzug gebracht werden.

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5.1 Sozialgericht Berlin S 82 AS 40096/08 16.10.2009 rechtskräftig , Urteil

1. Die Einholung der vorherigen Zusicherung des Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 SGB 2 hat nur die Bedeutung einer Obliegenheit, deren Nichtbeachtung keine Auswirkungen hat, wenn der Umzug gemäß § 22 Abs 2 S 2 SGB 2 erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2007 -L 10 B 854/07 AS ER-).

2. Ob die Aufwendungen für die Wohnung angemessen sind, ist nicht anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gem. § 22 SGB II (AV-Wohnen) zu bestimmen, vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. August 2008, Az.: L 28 1389/07 AS ER. Die Angemessenheitsprüfung setzt eine Einzelfallprüfung voraus und hat für die Unterkunftskosten und für die Heizkosten getrennt zu erfolgen (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 18/06 R – sowie vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R, Rn. 18 ).

3. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 2. Juli 2009, Az.: B 14 AS 36/08 R können die Heizkosten nicht – wie die angemessene Bruttokaltmiete – durch einen Rückgriff auf örtliche, durchschnittliche, für "einfache" Wohnungen anfallende Heizkosten bestimmt werden (BSG, a.a.O.). Die Angemessenheit der Heizkosten ist gesondert zu ermitteln. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten sind die tatsächlichen Kosten für die Heizung mit einen Grenzwert abzugleichen, der kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen indiziert. Soweit die tatsächlich anfallenden Heizkosten diesen Grenzwert nicht überschreiten, sind sie als angemessen anzusehen und vom Sozialleistungsträger zu übernehmen (vgl. Urteil des BSG vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, Rn. 15).

4. Im Einzelfall kann der Umzug einer Hilfebedürftigen wegen der Lage der früheren Wohnung (4. Obergeschoss ohne Fahrstuhl), ihrer Belastungssituation als alleinerziehende Mutter zweier Kinder im Alter von etwa 2 1/2 Jahren und 7 Monaten sowie durch das Vorliegen weiterer gesundheitliche Beeinträchtigungen erforderlich sein.

5. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten im Land Berlin bemisst sich nach den Mittelwerten des qualifizierten Berliner Mietspiegels sowie den Werten des Berliner Betriebskostenspiegels, die jeweils im Verhältnis ihres Anteils am Wohnungsbestand zu gewichten sind.

6. Bei der Bestimmung des Anteils der Regelleistung für die Warmwasseraufbereitung sind die dynamisierten Anteile nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 zugrunde zu legen Darin folgt die Kammer der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 27. Februar 2008 (Az. B 14/11b AS 15/07, Rdnr. 24 ff.); ebenso auch OLG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 11.12.2008, L 13 AS 210/08; vorgehend SG Oldenburg, Urt. v. 18.06.2008, Az: S 47 AS 238/08; SG Darmstadt, Urteil vom 22.04.2009, Az.: S 22 AS 724/08; SG Berlin, Urteil vom 27.03.2009 - S 26 AS 19501/08; SG Detmold, Urt. v. 13.03.2009, S 13 AS 21/07; SG Lüneburg, 11.01.2009, S 25 AS 2115/08 ER. Stütze dieser Rechtsauffassung ist der Umstand, dass im Gesetzgebungsverfahren auf die Aufforderung des Bundesrates in der Sitzung am 14. Oktober 2005 (BT-Drs. 16/99, S. 8), vor der Angleichung der Regelsätze Ost/West die Veröffentlichung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) abzuwarten, die Bundesregierung eine schnelle Anpassung ohne Berücksichtigung der EVS 2003 beschloss (BT-Drs. 16/99, S. 9). Da nachfolgend keine Neubemessung der Regelsätze § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II, sondern lediglich eine Dynamisierung erfolgte, fand die EVS 2003 keinen Eingang in das Gesetzgebungsverfahren zur Zusammensetzung der Regelsätze.

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5.2 Sozialgericht Berlin S 37 AS 7127/09 13.11.2009 , Urteil

Bei einem überregionalen, nicht allein zur Optierung von Wohnansprüchen vorgenommenen Umzug kommt § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 nicht zur Anwendung, denn eine Mietkappung soll nur den nicht notwendigen Wohnungswechsel unter Ausnutzung regionaler Angemessenheitsgrenzen, also innerhalb des örtlichen Wohnungsmarktes, verhindern.

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6. Sozialgericht Duisburg S 31 (17) AS 19/07 07.07.2009 , Urteil

Nachtzuschläge sind anrechenbares Einkommen eines Hilfebedürftigen.

Die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur sieht Nachtzuschläge allerdings als zweckbestimmte und daher nicht als Einkommen zu berücksichtigende Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II an (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 08.03.2005, L 7 AS 112/05 ER, Juris, Rdnr. 29; Sozialgericht - SG - Chemnitz, Urteil vom 20.06.2008, S 22 AS 4269/07, Juris, Rdnr. 60 ff; SG Lüneburg, Urteil vom 25.10.2007, S 28 AS 1055/07; Brühl, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 11 Rdnr. 54; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: VIII/08, § 11 Rdnr. 231; Zeitler/Dauber, in: Mergler/Zink, SGB II, Stand: Oktober 2008, § 11 Rdnr. 89). Nur vereinzelt werden hinan Zweifel geäußert (vgl. Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 Rdnr. 39; Hänlein, in: Gagel, SGB II/SGB III Stand: Januar 2009, § 11 SGB II Rdnr. 61a). Als Argument für eine Zweckbestimmung wird insbesondere angeführt, Nachtarbeit beanspruche den Menschen physisch stärker als Arbeit, die am Tage geleistet werde, weswegen zusätzliche Mahlzeiten und insofern besondere Aufwendungen erforderlich seien. Die Nachtzuschläge hätten insofern Aufwandsentschädigungscharakter (vgl. LSG Thüringen, a.a.O.). Demgegenüber wird eingewandt, es sei nicht erkennbar, welcher spezifische Aufwand durch die Zuschläge für Nachtarbeit abgedeckt werden solle (vgl. Hänlein, a.a.O.). Die erkennende Kammer geht davon aus, dass der Zuschlag für Nachtarbeit im Wesentlichen einen Anreiz darstellt, nachts zu arbeiten. Die Kompensation etwaiger Mehraufwendungen steht nach Auffassung der Kammer dagegen nicht im Vordergrund. Das LSG Thüringen (a.a.O.) hat im Zusammenhang mit der Erörterung der Nachtarbeitszuschläge zu Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeiten ausgeführt, dass der Verpflegungsaufwand während Sonn- und Feiertagen höher sei. Dieses Argument ist nach Auffassung der Kammer gerade angesichts geänderter Ladenöffnungszeiten zweifelhaft und jedenfalls auf den Fall der Nachtzuschläge nicht übertragbar. Ob die Arbeit des Nachts tatsächlich zu einem höheren Verpflegungsaufwand führt, lässt die Kammer dahinstehen. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, so ist dies nicht eigentlicher Grund für die Gewährung von Nachtzuschlägen. Die Kammer stützt sich bei dieser Einschätzung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - zur Steuerfreiheit von Nachtzuschlägen. Der BFH führte allerdings noch in einem Urteil vom 26.10.1984 (VI R 99/80 Rdnr. 8) aus: "Durch die Steuerfreiheit soll dem Arbeitnehmer ein finanzieller Ausgleich für die besonderen Erschwernisse und Belastungen, die mit dieser Arbeit verbunden sind, gewährt werden". Hier wird also durchaus eine Ausgleichsfunktion erwähnt. Sie wird jedoch nicht den Nachtzuschlägen, sondern der Steuerfreiheit zugeschrieben. Zu dieser Steuerbefreiung heißt es dann in einem späteren Urteil vom 21.05.1987 (IV R 339/84, Juris, Rdnr. 26), dass diese "einen zusätzlichen Anreiz zur Leistung von Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit" biete. Die Beibehaltung dieser Steuerbefreiung sei 1973 aus wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Gründen für zweckmäßig gehalten worden, weswegen die Steuerbefreiung "als Leistungsanreiz" erhalten werden sollte. Zu den Zuschlägen selbst heißt es in einem Urteil vom 28.11.1990 (VI R 90/87 Rdnr. 23), sie stellten "ein Entgelt für Arbeiten an besonders ungünstigen Zeiten" dar. Ergänzend wird auf die Definition im online-Lexikon wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Zuschlag f%C3%BCr Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, 06.08.2009) hingewiesen: "Mit dem Zuschlag zum Grundlohn soll die Leistungserbringung des Arbeitnehmers zu Zeiten, an denen die Mehrheit der Beschäftigten arbeitsfrei hat, finanziell vom Arbeitgeber honoriert werden." Dafür, dass die Nachtzuschläge im Wesentlichen einen Leistungsanreiz für das Arbeiten an besonders ungünstigen Zeiten und nicht in erster Linie eine Aufwandsentschädigung darstellen, spricht auch die Tatsache, dass es sich hierbei um pauschale Zuschläge handelt, die auf den Einkommensbescheinigungen nicht etwa als Aufwandsentschädigungen ausgewiesen werden. Anders ist dies z.B. bei ausdrücklich als solchen bezeichneten Spesen bzw. Verpflegungspauschalen. Die demnach im Vordergrund stehende Anreizfunktion steht dem generellen "Zweck" von Arbeitseinkommen so nah, dass ein Anrechnungsausschluss nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht gerechtfertigt ist. Dass Nachtarbeit besonders anstrengend sein mag, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch dann, wenn ein Arbeitnehmer tariflich höher eingestuft ist, weil er eine als anstrengender bzw. härter angesehene Arbeit verrichtet, wird der aus der Höhereinstufung resultierende Mehrverdienst nicht als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II angesehen.

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Anmerkung: vgl. dazu SG Dresden, Urteil vom 26.10.2009, Az. S 32 AS 1317/08 und Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 34 AS 1308/08 vom 10.09.2009, Urteil

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