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Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 27/2011

Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 27/2011

1. Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.04.2011 zur Sozialhilfe (SGB XII)

1.1 BSG, Urteil vom 14.04.2011, - B 8 SO 19/09 R -

Bei der Betreuungspauschale handelt es sich um Kosten der Unterkunft im Sinne von § 29 SGB XII, weil es sich um eine zwingende Verpflichtung aus dem Mietvertrag handelt, die zudem als Auflage im Bescheid an den Vermieter über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus enthalten ist.

Eine Absenkung des Regelsatzes um die Betreuungspauschale wegen ersparter Aufwendungen gemäß § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 28 Abs 1 Satz 2 2. Alt SGB XII (vgl zu dieser Möglichkeit auch bei Grundsicherungsleistungen BSGE 99, 252 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3) scheidet aus. Denn abzustellen ist im Rahmen einer erforderlichen Gesamtbetrachtung nur auf einem erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarf von nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichem Umfang sowie auf nicht nur möglicherweise eintretende Ersparnisse (BSGE, aaO, RdNr 28).

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2011&nr=12032&pos=1&anz=56

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 04.04.2011, - L 19 AS 179/10 -, Revision zugelassen

In der Rechtsprechung ist nicht geklärt, ob es sich bei einem Schenkungsrückforderungsanspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB - also einer Forderung - um Vermögen i.S.v. § 12 SGB II oder Einkommen i.S.v. § 11 SGB II handelt (offengelassen BSG Urteil vom 02.02.2010 - B 8 SO 21/08 R , Rn 13 zum SGB XII; bejahend SG Stade Urteil vom 25.04.2007 - S 18 AS 107/07 -; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 12 Rn 24; BVerwG Urteil vom 25.06.1992 - 5 C 37/88 = BVerwGE 90, 245: wonach der Anspruch aus § 528 BGB kein Schonvermögen i.S.v. § 88 BSHG darstellt).

Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände. Hierzu können neben beweglichen Sachen und Immobilien auch verbriefte oder nicht verbriefte Forderungen und Geldleistungen in Form von Rückkaufswerten aus Versicherungen gehören. Der Berücksichtigung von Forderungen als Vermögen i.S.v. § 12 SGB II steht nicht entgegen, dass weitere Verwertungshandlungen "zwischengeschaltet" werden müssen, um einen tatsächlichen Zufluss der Forderung als Einnahme in Geld oder Geldeswert und damit als Einkommen i.S.v. § 11 SGB II zu erreichen. Daher können auch (künftig fällig werdende) Forderungen und Rechte, die als Vollrecht begründet sind (vgl. hierzu BSG Urteil vom 06.05.2010 - B 4 AS 2/09 R , Rn 14 m.w.N.), Vermögensgegenstände i.S.v. § 12 SGB II sein, die als nicht bereite Mittel im Falle ihrer Verwertbarkeit zur Existenzsicherung einzusetzen sind (vgl. BSG Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R , Rn 14, 15).

Wenn die Voraussetzungen für das Entstehen eines Schenkungsrückforderungsanspruchs nicht vorgelegen haben, sind Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss zu erbringen.

Denn bei einer Antragstellung nach 37 SGB II liegt der Notbedarf des Hilfebedürftigen für künftige Zeiträume noch nicht vor, so dass zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 37 SGB II ein Anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB für Zeiträume nach der Antragstellung noch nicht entstanden ist, die Forderung existiert noch nicht.

Es handelt sich auch nicht um eine gesicherte Rechtsposition i.S. einer Anwartschaft, sondern nur um eine tatsächliche Aussicht auf die Entstehung einer Forderung, die bei Vorliegen des Notbedarfs sich realisieren kann, wenn zu diesem Zeitpunkt der Beschenkte nicht entreichert nach § 818 Abs. 3 BGB ist. Eine tatsächliche Aussicht auf die Entstehung einer Forderung zählt aber nicht zum Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II. Die Zweckgebundenheit des Anspruchs aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB - Vermeidung der Inanspruchnahme der Allgemeinheit durch den Schenker - wird dadurch gewahrt, dass der Anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB nach seiner Entstehung durch Legalzession auf den Beklagten nach § 33 Abs. 1 SGB II übergeht, wenn dieser wegen der Nichtleistung des Beschenkten Leistungen nach dem SGB II erbringt (vgl. Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. § 33 Rn 23), und dem Beklagten gegenüber einem Schenker ggf. Ersatzansprüche nach § 34 SGB II zustehen.

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2.2 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 21.03.2011, - L 20 AS 22/09 -, Revision anhängig beim BSG unter dem AZ.: - B 14 AS 103/11 R -

Zinsen aus Schmerzensgeld bleiben bei Bezug von Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) geschützt, denn zwischen dem Schmerzensgeld selbst und den aus ihm erzielten Zinsen besteht ein untrennbarer Zusammenhang.

Zinsen aus Schmerzensgeld werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3. Nr. 2 SGB II geschützt. Hiernach sind als Einkommen solche Entschädigungen nicht zu berücksichtigen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geleistet werden.

Das Schmerzensgeld dient dem Zweck, einen angemessenen Ausgleich für einen erlittenen immateriellen Schaden sowie eine Genugtuung für das erlittene Unrecht zu gewähren. Da dieser Ausgleich gerade nicht von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende erfasst wird und der Zweck des Schmerzensgeldes als solcher im Falle einer Berücksichtigung vereitelt würde, ist ein gezahltes Schmerzensgeld selbst im Rahmen der §§ 11, 12 SGB II umfassend geschützt. Handelt es sich hierbei um Einkommen, folgt der Schutz bereits aus § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Soweit demgegenüber eine Berücksichtigung als Vermögen in Betracht kommt, enthält zwar § 12 SGB II eine dem § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II entsprechende ausdrückliche Regelung nicht. Die Verwertung des Vermögens aus einer Schmerzensgeldzahlung stellt jedoch eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II dar, welche zur Unverwertbarkeit dieses Vermögens führt (BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 6/07 R, Rz. 16).

Ist jedoch das Schmerzensgeld im Zeitpunkt seines Zuflusses als Einkommen unmittelbar durch § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II geschützt und setzt sich dieser Schutz im Rahmen der Prüfung der Verwertbarkeit des aus diesem Zufluss folgenden Vermögens fort, so sind auch die aus dem Schmerzensgeld gewonnenen Früchte in diesen Schutz mit einzubeziehen .

Der Senat schließt sich insoweit der bisher in der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - einhellig und überzeugend vertretenen Auffassung an, dass zwischen dem Schmerzensgeld selbst und den aus ihm erzielten Zinsen ein untrennbarer Zusammenhang bestehe (Verwaltungsgericht (VG) Münster, Urteil vom 07.03.2006 - 5 K 2547/04; Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.04.2006 - L 8 SO 50/05; SG Karlsruhe, Urteil vom 27.01.2010 - S 4 SO 1302/09).

Auch in der (Kommentar-) Literatur wird - soweit diese Problematik behandelt wird - auf die vorstehend zitierte Rechtsprechung Bezug genommen (Brühl in: LPK-SGB II, § 11 Rn. 71) bzw. sich - weit überwiegend - dieser explizit angeschlossen (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, 32. Erg.-Lfg. VI/2010, § 11 Rn. 690; Hohm in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2011, § 82 SGB XII Rn. 22 zu der § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII inhaltlich entsprechenden Regelung des § 83 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII); ebenso Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 83 SGB XII Rn. 16; Schmidt in: jurisPK-SGB XII, § 83 SGB XII Rn. 17; Decker in: Oestreicher, SGB II, SGB XII, § 83 SGB XII Rn. 22; Wolf in: Fichtner/wenzel, SGB XII, 4. Auflage 2009, § 83 SGB XII Rn. 7; a. A. soweit ersichtlich nur Steimer in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand August 2008, § 83 Rn. 34 unter Verweis auf ein Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Vorsorge vom 23.10.2002 - G 33/02 in: NDV 2003, 35 zu § 847 BGB a. F.).

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2.3 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 03.06.2011, - L 14 AS 99/11 B PKH

Eine vom Arbeitgeber gewährte, arbeitsvertraglich geregelte Aufwandspauschale u.a. für das Bereithalten eines Pkws des Arbeitnehmers stellt keine zweckbestimmte Leistung iSd § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a) SGB 2 in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung dar, wenn es an einer vertraglich verpflichtenden Regelung fehlt, hierfür auch die entsprechenden Kosten (mindestens teilweise) zu decken; der Bewilligung von Prozesskostenhilfe fehlen daher die hinreichenden Erfolgsaussichten

Eine Arbeitgeberleistung, die es dem Arbeitnehmer letztlich offen lässt, wofür er sie verwendet, erfüllt eine zweckbestimmte Einnahme iSd § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II (a.F.) nicht.

Eine Auslegung der getroffenen Regelung i.S.e Gesamtschau der getroffenen privatrechtlichen Vereinbarung scheidet nach der Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 01. Juni 2010 – B 4 AS 89/09 R -, m. w. N. aus.

Die im Arbeitsvertrag getroffene Regelung ist objektiv nicht so zu verstehen, dass die Aufwandspauschale gewährt wurde, um damit – vertraglich verpflichtend (!) – die Kosten für ein eigenes Fahrzeug, das Telefon, die Winterkleidung oder verpflegungsbedingten Mehraufwand (wenigstens teilweise) zu bezahlen oder zu decken. Dies wäre aber Voraussetzung, um zu Gunsten des Klägers annehmen zu können, ihm sei durch den Arbeitsvertrag ein bestimmter Verwendungszweck auferlegt worden(BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 29/08 R – in SozR 4 – 4200 § 11 Nr. 22).

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2.4 Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 28.02.2011, - L 16 AS 767/09 NZB -

Berufung zuzulassen, denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist ein Wertzufluss, der vor Antragstellung nach § 37 SGB II erfolgt, als Vermögen i. S. d. § 12 SGB II zu qualifizieren, ein Wertzufluss ab Antragstellung als Einkommen nach § 11 SGB II (vgl. nur BSG, Urteil vom 01.07.2009 Az. B 14 AS 4/08 R, ZFSH/SGB 2009, 740).

Die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn Wertzufluss und Antragstellung am selben Tag erfolgen, ob insbesondere die Uhrzeit von Antragstellung und Wertzufluss maßgeblich ist, oder ob - wie die Bekl. meint - wegen der Rückwirkung der Antragstellung auf den Tagesbeginn ein Geldzufluss am Tag der Antragstellung immer als Einkommen anzusehen ist, ist höchstrichterlich nicht entschieden und stellt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.

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2.5 Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 11.03.2011, - L 7 AS 83/11 B ER -

Hilfebedürftige nach dem SGB II müssen Hausbesuche von Mitarbeitern des Jobcenters - nicht - dulden

Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X). Der Hausbesuch ist als Inaugenscheinnahme ein nach § 21 Abs. 1 Satz 2 SGB X grundsätzlich zulässiges Beweismittel. Ob es eingesetzt wird, unterliegt nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X dem pflichtgemäßen Ermessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Hausbesuch in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre der Wohnung eingreift (Art. 13 Abs. 1 GG).

Es gibt keine Verpflichtung, einen Hausbesuch zu dulden. Er ist nur mit Einwilligung des Betroffenen möglich. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X sollen die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen nach Satz 2 dieser Vorschrift insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben - darunter fällt ein Hausbesuch nicht. Nach Satz 3 besteht eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist. Aus §§ 60 ff SGB I und dem SGB II ergibt sich keine Pflicht (besser Obliegenheit), einen Hausbesuch zu dulden. Damit bleibt es bei dem allgemeinen Appell zur Mitwirkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Ein Hausbesuch ist nur mit Einwilligung (vorherige Zustimmung) des Betroffenen möglich. Wenn infolge einer Ablehnung des Hausbesuchs ein Sachverhalt nicht festgestellt werden kann, trägt der Beteiligte die Folgen der Nichterweislichkeit, der für den Sachverhalt die objektive Beweislast trägt. Allein aus der Ablehnung eines Hausbesuchs lässt sich dagegen nichts folgern. (Vgl. zum Hausbesuch Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, Rn 14 ff vor § 56).

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2.6 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil vom 15.04.2011, - L 13 AS 333/10 -

Abgetretene Steuererstattung an den Steuerberater ist anrechenbares Einkommen

Während des laufenden SGB II Bezuges zugeflossene Steuerstattung ist anrechenbares Einkommen.

Es entspricht daher nicht nur der ständigen Rechtsprechung des Senats (s. etwa den Beschl. vom 28. August 2007 - L 13 AS 46/06 ER - und das Urt. vom 4. März 2008 - L 13 AS 7/06 -, bestätigt durch Urt. des BSG vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 49/09 R -, ), sondern auch der heute ganz überwiegend vertretenen Auffassung (BSG, Urt. vom 13. Mai 2009, aaO, Rz. 12; Urt. vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R -, Rz. 11; Urt. vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R -, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 SGB II Nr. 15 = SGb 2009, 672 = NJW 2009, 2155 = FEVS 60, 337 -, zit. nach juris, Rz. 18; Hasske, in: Estelmann, SGB II, Stand: März 2011, Rdn. 26 zu § 11; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: Dezember 2010, Rdn. 267 zu § 11 m. w. Nachw).

Es bleibt auch anrechenbares Einkommen, wenn die Steuerstattung an den Steuerberater abgetreten wurde und der Leistungsbezieher somit die Erstattung nicht erhalten hat.

Ein Hilfesuchender ist im Rahmen der ihm obliegenden Selbsthilfemöglichkeiten gehalten, alle zumutbaren, kurzfristig realisierbaren Möglichkeiten zu nutzen, um ohne staatliche Hilfe seinen notwendigen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten (vgl. Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II. 2. Aufl. 2008, Rdn. 14 zu § 11). Die Subsidiarität der staatlichen Fürsorge (BSG, Urt. vom 30. September 2008, B 4 AS 29/07 R ,Rz. 19) schließt daher eine Leistungsgewährung nach dem SGB II aus, soweit der Hilfesuchende ihm zur Verfügung stehende Geldmittel nicht für die Bestreitung seines Lebensunterhalts eingesetzt, sondern zur Tilgung privater Schulden verwandt hat (BSG, Urt. vom 30. September 2008, aaO; Urt. vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 43/07 R -, Rz. 28).

Mithin konnte der Kläger, wie dies in dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 9. September 2010 bereits zutreffend dargelegt worden ist, während des laufenden Bezugs von SGB II-Leistungen nicht einfach über die an sich zur Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts einsetzbaren Geldmittel in Gestalt von Steuerstattungsansprüche in der Weise disponieren, dass er diese Mittel nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einsetzte, sondern - aufgrund freiwilliger Disposition - mit ihnen private Schulden durch Abtretung tilgte.

Da er dies gleichwohl getan hat, muss er sich bei der Beurteilung seiner Hilfebedürftigkeit bzw. bei der Frage, ob die Steuerstattungsansprüche als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen sind, so behandeln lassen, als ob die Abtretungen nicht erfolgt wären (BSG, Urt. vom 30. Juli und 30. September 2008, aaO; SächsLSG, Beschl. vom 14. April 2005 - L 3 B 30/05 AS/ER -, NDV-RD 2005, 77 = Breith. 2005, 794 = FEVS 57, 80 = NZS 2006, 107 -, Rz. 37; a. A. Brühl, in: Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, Rdn. 24 zu § 11).

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=141830&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

++ Anmerkung: Vgl. dazu auch meinen Beitrag beim Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann

Ganz anderer Auffassung der 15. Senat des LSG Niedersachsen- Bremen , Beschluss vom 03.02.2010, - L 15 AS 1081/09 B -

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/

2.7 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 24.05.2011, - L 13 AS 274/10 -

Keine Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Toranlage als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bzw. der in § 23 Abs. 3 SGB II a. F. geregelten Ausnahmefälle nun § 24 Abs. 3 SGB II n. F.

Die Erneuerungskosten fallen nicht unter den Begriff der Unterkunftskosten i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Begriff der Unterkunft i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst alle baulichen Anlagen (oder Teile hiervon), die geeignet sind, Schutz vor den Unbilden der Witterung zu bieten und einen Raum der Privatheit zu gewährleisten, also die existenziell notwendigen Bedarfe der Unterkunft sicherzustellen (BSG, Urt. vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 1/08 R -, SozR 4-4200 § 22 SGB II Nr. 14 = ZFSH/SGB 2009, 146 = NDV-RD 2009, 69 = FEVS 60, 535 -, Rz. 14 u. 15 - jeweils mit m. Nachw. - ; Berlit, in: Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, Rdn. 12 a zu § 22).

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3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 Sozialgericht Kassel Urteil vom 10.05.2011, - S 6 AS 685/09 -

Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die als Darlehen mit einer zivilrechtlich wirksamen Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, sind nach der Rechtsprechung des BSG nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zu berücksichtigen.

Aus dieser Rechtsprechung des BSG kann nicht abgeleitet werden, dass eine Einkommensanrechnung nur dann zu unterbleiben hat, wenn ein reiner Darlehensvertrag im Sinne des § 488 BGB nachgewiesen wird.

Es ist vielmehr bei besonderen Vertragskonstellationen geboten, im Einzelfall anhand der vom BSG entwickelten Kriterien zu überprüfen, ob die zugeflossenen Geldmittel bei wirtschaftlicher Betrachtung wertmäßig als Einkommen zu behandeln sind.

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=142997&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

3.2 Sozialgericht Karlsruhe Urteil vom 31.05.2011, - S 8 AS 419/10 -

Eine Lebensversicherung ist bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Vermögen des Hilfebedürftigen nach § 12 Abs. 3 Satz. 1 Nr. 6 dann nicht zu berücksichtigen, wenn deren Verwertung für den Betroffenen offensichtlich unwirtschaftlich wäre. Das ist dann der Fall, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert steht. Der gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen.

Bei der Ermittlung des Substanzwertes sind bereits geleistete Teilauszahlungen wertmindernd zu berücksichtigen.

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143047&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

3.3 Sozialgericht Bremen Beschluss vom 24.06.2011, - S 22 AS 943/11 ER-

Besteht die Bedarfsgemeinschaft aus einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II und einem Leistungsberechtigten nach § 3 AsylbLG ist dem Leistungsberechtigten nach dem SGB II der volle Regelbedarf zu gewähren.

Dies folgt für die Rechtslage ab dem 01.01.2011 aus dem Wortlaut von § 20 Abs. 4 SGB II.

Danach beträgt der Regelbedarf für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, seit monatlich 364- Euro.

Der Antragsgegner geht zu Unrecht von der Anwendbarkeit von § 20 Abs. 4 SGB II aus. Danach ist als Regelbedarf für jede dieser Personen ein Betrag in Höhe von monatlich 328,- Euro anzuerkennen, wenn zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben. haben. Diese Norm ist aber nicht auf Fälle anzuwenden, in denen Leistungsbezieher nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft mit Leistungsbeziehern nach dem AsylbLG leben(dem folgend SG Hamburg - S 56 AS 796/08 ER- unter Bezugnahme auf LSG Berlin Brandenburg - L 18 B 472/07 AS ER).

§ 20 Abs. 4 SGB II in der neuen Fassung stellt nun eindeutig klar, dass die Vorschrift nur auf Bedarfsgemeinschaften anwendbar ist, die aus zwei nach dem SGB II leistungsberechtigten Personen bestehen (so auch bereits SG Bremen, Beschluss vom 20.05.2011, Az.: S 28 AS 775/11 ER).

http://www.sozialgericht-bremen.de/sixcms/media.php/13/S_22_AS_943_11_ER_ER-BESCHLUSS_20110624_101656Anonym.pdf

3.4 Sozialgericht Aachen Urteil vom 03.05.2011, - S 14 AS 667/10 -

Besteht die Bedarfsgemeinschaft – wie hier - aus mehreren Mitgliedern, richtet sich der Bedarf nach den einschlägigen Regelungen der §§ 19 ff. SGB II, und zwar auch dann, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23. November 2006, Az. B 11b AS 1/06 R; Urteil vom 29.03.2007, Az. B 7b AS 2/06 R). Die Regelung des § 20 Abs. 3 SGB II ist dann entsprechend des eindeutigen Wortlauts aber anzuwenden mit der Folge, dass nur 90 Prozent der Regelleistung eines Alleinstehenden Hilfebedürftigen anzusetzen sind.

Zinsgutschriften aus einem Sparguthaben sind Einnahmen in Geld im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und als Einkommen des Hilfebedürftigen zu berücksichtigen, wenn sie ihm zeitlich nach Stellung seines Antrags auf Grundsicherungsleistungen zugeflossen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 57/07 R).

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3.5 Sozialgericht Aachen Urteil vom 26.05.2011, - S 14 AS 22/10 -, anhängig beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 1061/11 -

Rückzahlungsansprüche sind auch gegenüber Minderjährigen geltend zu machen, wenn zwischenzeitlich die Volljährigkeit des Verpflichteten eingetreten ist.

Nach § 1629a Abs. 1 Satz 1 BGB beschränkt sich die Haftung für Verbindlichkeiten, die die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht oder sonstige vertretungsberechtigte Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft oder eine sonstige Handlung mit Wirkung für das Kind begründet haben, oder die auf Grund eines während der Minderjährigkeit erfolgten Erwerbs von Todes wegen entstanden sind, auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens des Kindes. Es handelt sich dabei, wie der Verweis in Abs. 1 Satz 2 auf die §§ 1990, 1991 BGB zeigt, um eine dauerhafte rechtshemmende (peremptorische) Einrede, die die Durchsetzbarkeit eines an sich bestehenden Anspruchs entfallen lässt.

Die Regelung des § 1629a Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht zu Gunsten des nunmehr vermögenslos in die Volljährigkeit übergetretenen Klägers anwendbar.

Nach Abs. 2 gilt Abs. 1 Satz 1 nämlich nicht für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die allein der Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse des Minderjährigen dienten. Die von den Eltern des Klägers beantragten und vom Kläger bezogenen Leistungen dienten als Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II aber gerade unmittelbar der Sicherung der persönlichen Existenz des Klägers. Eine Haftungsbeschränkung ist dann nicht gerechtfertigt, weil ihm der Gegenwert unmittelbar zu Gute gekommen ist (BT-Drucksache 13/5625 S. 13; vgl. auch Diederichsen in: Palandt, BGB, 69. Auflage 2010, § 1629a Rn. 11; so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 01.07.2010, Az. L 11 AS 162/09).

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=142841&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

++ Anmerkung: Vgl. dazu Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 01.07.2010.- L 11 AS 162/09 - ,Revision anhängig beim BSG unter dem AZ. : - B 14 AS 144/10 R- veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 13/2011.

Die Rücknahme und Aufhebung von Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch gegen einen minderjährigen 15 - jährigen Hilfebedürftigen wegen falscher Angaben seiner Mutter als Vertreterin der Bedarfsgemeinschaft in Bezug auf das Verschweigen ihrer Witwenrente bei Antragstellung ALG II ist statthaft

Eine Zurechnung des Vertreterhandelns kommt nämlich in Betracht, wenn - wie vorliegend - eine ausdrückliche gesetzliche Bevollmächtigung bejaht werden kann. Die Befugnis zu einer eigenen Antragstellung des Minderjährigen nach § 36 Abs. 1 S.1 SGB I ist zwar vorrangig gegenüber den daneben bestehenden Rechten des gesetzlichen Vertreters, verdrängt diese jedoch nicht (vgl. Seewald in KassKomm, § 36 SGB I Rdnr. 4, Stand 09/2007; Fastabend in Hauck-Haines, SGB I, § 36 Rdnr. 15).

Das Verschulden der Mutter ist dem Sohn auch zuzurechnen. Der durch die Mutter vertretene Sohn muss die Folgen wissentlich unwahrer Angaben oder das Verschweigen wesentlicher Umstände durch seine gesetzliche Vertreterin gegen sich gelten lassen (vgl. Waschull in Fichte/Plagemann/ Waschull, Sozialverwaltungsverfahren, Rdnr. 156; Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, § 45 Rdnr. 40, 43,44; Radüge in jurisPK - SGB II, § 38 Rdnr. 16;). Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - nur in der Person der vertretenden Klägerin zu 1 die Voraussetzungen für zumindest grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig gemachte Angaben vorliegen (vgl. BSGE 28, 258ff; Schütze in von Wulffen SGB X, 6. Aufl. § 45 Rdnr. 51). Soweit das Sozialgesetzbuch schon von einer eigenen Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen ausgeht, ist es ihm dann auch möglich und zumutbar, die Angaben der ihn vertretenden Mutter zu überprüfen.

§ 1629 a BGB findet keine (entsprechende) Anwendung.

Anmerkung: Lesenswert dazu HEGA 03/11 - 09 - Rücknahme, Aufhebung des Bewilligungsbescheides und Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II – Individualanspruch -, Geschäftszeichen: SP II 21 – II-2080.3 / II-1403 ; Gültig ab: 21.03.2011

Zitat: " Die Vertretungsvermutung nach § 38 SGB II bezieht sich nur auf die Antragstellung und Entgegennahme von Leistungen nach dem SGB II. Bescheide zur Rückabwicklung von Ansprüchen sind an die jeweiligen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft individuell zu richten.

Eine Rücknahme gegenüber minderjährigen Kindern ist möglich, da diese sich das Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen müssen. Auch minderjährige Kinder sind wegen des Individualprinzips Schuldner der an sie zu Unrecht gewährten Leistung. Der Rückforderungsbescheid richtet sich an das minderjährige Kind, ist jedoch dem gesetzlichen Vertreter bekannt zu geben. Diesem Tatbestand wird durch die Formulierung „Soweit der Bescheid Ihr Kind betrifft, ergeht er an Sie als gesetzlicher Vertreter“ Rechnung getragen.

Nicht vom Rückgriff erfasst sind volljährige Kinder und Kinder des Partners (nicht eigenen Kinder). Die Leistungen für diese Personen können in der Regel nicht von diesen zurückgefordert werden, weil diese die unrechtmäßige Leistungsgewährung nicht verursacht haben bzw. die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nicht kannten und ihnen das Verhalten des Bevollmächtigten nicht zugerechnet werden kann. Dies gilt auch für den Partner, soweit es sich um Rückforderungstatbestände gegenüber dem Bevollmächtigten handelt. Soweit der Partner selbst z. B. Einkommen oder Vermögen hatte, das bei der Antragstellung nicht angegeben wurde, liegt gegenüber ihm ein Rücknahmegrund nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 SGB X vor.

http://www.arbeitsagentur.de/nn_166486/zentraler-Content/HEGA-Internet/A07-Geldleistung/Dokument/HEGA-03-2011-VG-Bewilligungsbescheid-GA-06.html

Anmerkung: Ein Volljähriger in der Bedarfsgemeinschaft lebender Hartz IV - Empfänger muss sich nicht das Verschulden seiner Mutter zurechnen lassen, wenn diese bei Antragstellung auf ALG II falsche Angaben gemacht hat

Denn die gesetzliche Vertretungsmacht seiner Mutter nach § 1629 BGB und mithin eine Zurechnung nach §§ 166, 278 BGB (zur Anwendung vgl. BSGE 28, 258ff.; 42, 184, 186; 57, 274, 279; Steinwedel in Kasseler Kommentar SGB X § 45 Rn 36, von Wulffen § 45 Rn 59) endete mit der Volljährigkeit. Nach eingetretener Volljährigkeit kann eine Zurechnung des Verschuldens des Vertreters nur im Rahmen einer gewillkürten Vertretung erfolgen (vgl. dazu § 13 SGB X, Udsching/Link Aufhebung von Leistungsbescheiden im SGB II in Die Sozialgerichtsbarkeit 2007 S. 513, 517). § 38 SGB II lässt eine Bevollmächtigungsvermutung nur im Rahmen der Antragsstellung und Entgegennahme von Leistungen zu. Eine darüber hinausgehende, generelle Bevollmächtigungsvermutung kommt der Vorschrift hingegen nicht zu, der Vertretene muss sich ein Verschulden des Vertreters nicht zurechnen lassen (vgl. dazu Udsching/Link Aufhebung von Leistungsbescheiden im SGB II" in "Die Sozialgerichtsbarkeit 2007 S. 513, 517; Eicher/Spellenbrink , 2. Aufl. § 38 Rn 19 (unter ausdrücklicher Aufgabe der in der Vorauflage noch vertretenen anderen Auffassung), LPK Münder/Schoch 2. Aufl. § 38 Rn 17).

Quelle: Grundsätzliches zu Aufhebung - und Rückforderungsbescheiden, veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 22/2010.

4. Die Neuregelung der Regelbedarfe im SGB II und SGB XII

Nach der Reform ist vor der Reform? – Die Neuregelung der Regelbedarfe im SGB II und SGB XII - Ein interessanter Aufsatz von Ute Kötter, abgedruckt in der Info also Heft 3.

Zitat: "Die Neuregelung des Verfahrens der Bedarfsermittlung wirft eine Vielzahl von verfassungsrechtlichen Fragen auf, so dass zu erwarten ist, dass das Bundesverfassungsgericht sich- wie ja auch schon von der Opposition angekündigt- erneut mit dem Gesetz befassen muss."

http://www.info-also.nomos.de/fileadmin/infoalso/doc/Aufsatz_infoalso_11_03.pdf

5. Jobcenter muss für Nachhilfe zahlen, wenn das bedürftige Kind an einer Lese-Rechtschreibschwäche oder einer Entwicklungsverzögerung des mathematischen Denkens leidet.

§ 28 Abs. 5 SGB II

SG Oldenburg AZ. : S 49 AS 611/11 ER

Die Schülerin besucht die dritte Klasse einer Grundschule. Um die Versetzung in die vierte Klasse zu erreichen, war nach Ansicht der Schule Nachhilfeunterricht in den Fächern Mathematik und Deutsch notwendig.

Das Jobcenter lehnte einen entsprechenden Antrag ab, weil die Bezahlung der Fördermaßnahme nur sinnvoll sei, wenn es darum gehe, verübergehende Lernschwächen zu beseitigen. Wer hingegen generell lernschwach sei, habe keinen Anspruch auf die staatliche Übernahme der Nachhilfekosten.

Nach Meinung des SG Oldenburg kommt es gerade - nicht - darauf an, ob jemand eine dauerhafte Schwäche habe. Entscheidend sei vielmehr die Frage, ob die Nachhilfe geeignet und notwendig sei, um das wesentliche Lernziel der Klasse zu erreichen. Nur wenn das Ziel der Versetzung in die nächste Klasse nicht mehr erreicht werden könne, dürfe die Kostenübernahme abgelehnt werden.

Die Entscheidung über den erforderlichen Förderbedarfs sei eine pädagogisch gebotene Diagnoseaufgabe der Lehrkräfte des betroffenen Schülers. Da die zuständigen Lehrkräfte in diesem Fall bestätigt hätten, dass mit dem beantragten Nachhilfeunterricht das Lernziel zu erreichen sei, müsse das Jobcenter die anfallenden Kosten übernehmen.

http://www.nwzonline.de/Region/Ticker/Artikel/2638893/Hartz-IV-Urteil-in-Oldenburg-Staat-muss-Nachhilfe-zahlen.html

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles

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