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Sächsisches LSG v. 14. 4.05: zu eäG, Verfassungswidrigkeit und Krankenbehandlungskosten in eäG-Fällen

Sächsisches Landessozialgericht
L 3 B 30/05 AS/ER
Aktz. Vorinstanz: S 7 AS 15/05 ER Leipzig

Beschluss

In dem Beschwerdeverfahren

XXXXX XXXX,
Leipzig

-Antragsteller und Beschwerdeführer-

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Sebastian E. Obermaier,
Selliner Straße 1c,
04207 Leipzig,

gegen

ARGE Stadt Leipzig, vertreten durch die Trägerversammlung,
diese vertreten durch den Geschäftsführer,
Georg- Schumann- Straße 150, 04159 Leipzig,

-Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin-

beigeladen:

1. XXXXX XXXX, Leipzig,
2. Stadt Leipzig vertreten d. d. Oberbürgermeister dieser vertreten d. d.
Rechtsamt, Martin- Luther- Ring 4- 6, 04109 Leipzig,
3. Esso BKK, Kapstadtring 2, 22297 Hamburg

Hat der 3. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts am 14. April 2005 in Chemnitz durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Ruby, den Richter am Landessozialgericht Weinholtz und den Richter am Sozialgericht Kirchberg gemäß § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Ab. 4 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

1. Unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Leipzig vom 08.02.2005 wird die Beigeladene zu 3. verpflichtet, die Krankenbehandlung des Beschwerdeführers vom 15.04.2005 bis zum 30.06.2005 gegen Kostenerstattung durch die Beigeladene zu 2. vorläufig zu übernehmen.

2. im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer dessen außergerichtliche Kosten für Antrags- und Beschwerdeverfahren zur Hälfte zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) und des damit verbundenen Schutzes in Kranken- und Pflegeversicherung.

Der im Jahre XXXX geborene Antragsteller bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe und war als Leistungsbezieher kranken- und pflegeversichert.

Er beantragte am 10.12.2004 bei der Antragsgegnerin die Bewilligung von Alg II. Im Antrag gab er an, mit der Beigeladenen zu !. in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben. Er selbst habe ab dem 01.01.2005 keinerlei Einkommen mehr, er und die Beigeladene zu 1. verfügten auch über keinerlei Vermögen von nennenswerter Höhe. Die Beigeladene zu 1. erziele einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von monatlich € 1.025,- was einem Nettolohn von € 786,70 entspreche. Darüber hinaus beziehe sie von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Witwenrente in Höhe von € 565,50. Für die gemeinsam bewohnte Wohnung sei als Mietzins € 350,- zzgl. Einer Miete für einen Pkw- Stellplatz zu zahlen. Zusätzlich seien je € 65,- für Heiz- und Warmwasserkosten sowie für weitere Betriebskosten zu entrichten. Für den auf ihn zugelassenen Pkw zahle er vierteljährlich einen Haftpflichtversicherungsbeitrag in Höhe von € 126,89.

Mit Bescheid vom 16.12.2004 lehnte die Beschwerdegegnerin die Bewilligung von Alg II ab. Der Beschwerdeführer sei nach den von ihm nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig, weil das Einkommen der Beigeladenen zu 1. aus Witwenrente und Lohn den Bedarf ihrer Lebensgemeinschaft übersteige.

Zum 01.01.2005 begründete der Beschwerdeführer bei der Beigeladenen zu 3. ein Versicherungsverhältnis als freiwilliges Mitglied in der Kranken- und Pflegeversicherung. Als monatliche Beiträge waren € 101,40 für die Krankenversicherung und 13,68 für die Pflegeversicherung festgesetzt. Der Beschwerdeführer zahlte die Beiträge für die Monate Januar und Februar 2005- auch nach Mahnung der Beigeladenen zu 3. mit Schreiben vom 07.03.2005 und 01.04.2005 unter Hinweis auf das drohende Ende der freiwilligen Versicherungen, dem Ausschluss aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und der Möglichkeit der Bezuschussung durch den örtlichen Träger der Sozialhilfe- nicht.

Am 19.01.2005 legte der Beschwerdeführer Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.12.2004 ein.

Am 24.01.2005 hat er beim Sozialgericht Leipzig den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Gewährung von Alg II beantragt. Die Sache sei besonders dringlich, weil er das Ende der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu gewärtigen habe. Er habe einen Anspruch auf Alg II. Die Ablehnung sei rechtswidrig, weil beim Bedarf nicht die Beiträge für die mittlerweile abgeschlossenen freiwilligen Versicherungen berücksichtigt worden seien. Diese könnten durch den von der Beschwerdegegnerin festgestellten Einkommensüberhang nicht gedeckt werden. Darüber hinaus seien vom Einkommen der Beigeladenen zu 1. die monatlichen Kreditraten in Höhe von € 484,- abzuziehen. Die Kreditraten würden sofort vom Konto der Beigeladenen zu 1. abgebucht und flössen dieser nicht zu. Zur Sicherung habe sie den pfändbaren Teil ihrer Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen an die Darlehensgläubigerin abgetreten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2005 wies die Beschwerdegegnerin den Widerspruch des Beschwerdeführers als unbegründet zurück. Er habe keinen Anspruch auf Alg II. Denn der Bedarf könne durch Einkommen gedeckt werden. Der Bedarf bestehe aus der Regelleistung für beide in Höhe von insgesamt € 596,- sowie den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von € 486,24, also insgesamt € 1.064,24. Dem stehe ein Einkommen der Beigeladenen zu 1. in Höhe von € 1.108,36 gegenüber, so dass diesem- ohne die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung des Beschwerdeführers- den Bedarf um € 44,32 übersteige. Es komme für die Versicherung grundsätzlich ein Beitragszuschuss in Betracht, weil der Beschwerdeführer sich nicht über die Beigeladene zu 1. familienversichern könne. Rechtsgrundlage hierfür sei die entsprechende Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ( SGB II ) . Dieser könne aber nur für den Teil des Versicherungsbeitrages gewährt werden, der nicht durch das überschießende Einkommen in Höhe von € 44,32 abgedeckt sei. Der Zuschuss komme tatsächlich derzeit nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer den Abschluss der freiwilligen Versicherung bisher nicht nachgewiesen habe.

Mit Beschluss vom 22.03.2005 hat der Senat die kreisfreie Stadt Leipzig als örtlichen Träger der Sozialhilfe als Beigeladene zu 2. beigeladen. Mit Beschluss vom 30.03.2005 hat der Senat die Esso Betriebskrankenkasse als die vom Beschwerdeführer gewählte Krankenkasse als Beigeladenen zu 3. beigeladen.

Der Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts vom 08.02.2005 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu verurteilen, ihm Alg II in gesetzlicher Höhe für die Zeit bis zum 30.06.2005 vorläufig zu zahlen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist nunmehr der Ansicht, dass sie die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung weder bedarfserhöhend noch im Wege des Zuschusses übernehmen müsse. Der Beschwerdeführer müsse auf die Hilfen zur Gesundheit des zuständigen Träger der Sozialhilfe nach dem Fünften Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ( SGB XII ) verwiesen werden.

Die Beigeladene zu 1. hat keinen Antrag gestellt,. Sie hält die Ablehnung aus den Gründen die der Beschwerdeführer vorgetragen hat, ebenfalls für rechtswidrig.

Die Beigeladen zu 2. hat ebenfalls keinen Antrag gestellt. Sie ist der Ansicht, dass dem Beschwerdeführer mangels Hilfebedürftigkeit keine Sozialhilfe zustehe.

Auch die Beigeladene zu 3. hat keinen Antrag gestellt. Sie meint, dass die Beigeladene zu 2. dem Beschwerdeführer Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung gewähren solle.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde ist statthaft; sie ist auch form- und fristgerecht im Sinne der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) erhoben.

1.
Sie ist nur teilweise begründet.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts war insoweit zurückzuweisen, als es gegen die Beschwerdegegnerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat. Denn eine einstweilige Anordnung kann zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, § 86 b, Abs. 2 Satz 2 SGG. Vorliegend ist der Erlass einer solchen Regelungsanordnung zwar statthaft, weil zwischen Beschwerdeführer und Beschwerdegegnerin noch kein Rechtsverhältnis besteht und damit eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage oder eine Sicherungsanordnung ins Leere gehen würde.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Beschwerdegegnerin war aber abzulehnen, weil dem Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage kein Anspruch auf das begehrte Alg II zusteht. Denn die Regelungsanordnung erfordert neben einem Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Dringlichkeit der Entscheidung einen Anordnungsanspruch, also einen der Durchsetzung zugänglichen materiell- rechtlichen Anspruch des Antragstellers ( Berlit, vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitssuchende- Ein Überblick, in: info also 2005, Seiten 3ff.,insbs. Seite 7 )

a)
Es besteht zwar ein Anordnungsgrund. Denn der Beschwerdeführer hat im Antragsverfahren glaubhaft gemacht, dass ihm durch Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache wesentliche Nachteile drohen. Nach derzeitigem Sachstand ist er seit dem 15.04.2005 nicht mehr in der Kranken- und Pflegeversicherung versichert. Die freiwillige Krankenversicherung endet mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet werden, § 191 Satz 1 Ziff. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ( SGB V ). Der Beschwerdeführer hat die Beiträge für Januar und Februar 2005 nicht entrichtet; eine Mahnung, die den Erfordernissen des § 191 Satz 1 Ziff. 3, Satz 2 SGB V entspricht, liegt ebenfalls vor. Eines gesonderten Bescheides der Beigeladenen zu 3. bedarf es hierzu nicht. Denn das Ende tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes ein ( Kasseler Kommentar, SGB V, § 191, Rz. 14 ). Gleiches gilt für die freiwillige Pflegeversicherung nach § 49 Abs. 3 Satz 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ( SGB XI).

Des weiteren kann sich für ihn und die Beigeladene zu 1. die Gefahr der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit irreversiblen Nachteilen ergeben.

b)
Gegen die Beschwerdegegnerin steht dem Beschwerdeführer aber kein Anordnungsanspruch zu, weil er nach der im Antragsverfahren gebotenen summarischen Prüfung keinen Anspruch auf Alg II hat. Denn erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, § 19 Satz 1 SGB II; erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des SGB II sind Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Beschwerdeführer ist mittlerweile 41 Jahre alt, wohnhaft in Leipzig und nach Aktenlage erwerbsfähig.

Er ist aber nicht hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Denn hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen und Trägern anderer Sozialleistungen erhält, § 9 Abs. 1 SGB II. Es ist somit dem Unterhaltsbedarf der Bedarfsgemeinschaft deren zu berücksichtigendes Einkommen gegenüberzustellen ( Münder et al., Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II <im folgenden: LPK>, § 9, Rz. 12 ).

aa)
Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist auch das Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen, § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Der Bedarfsgemeinschaft gehören der Erwerbsfähige Hilfebedürftige und als dessen Partner die Person, die mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, § 7 Abs. 3 Ziff. 1, 3, lit. B SGB II. Das Einkommen der Beigeladenen zu 1. ist demnach von Gesetzes wegen grundsätzlich anzurechnen. Diese Regelungsgrundlage ist von der Verwaltung und den Gerichten zu beachten.

Die Einbeziehung von Partnern aus eheähnlichen Lebensgemeinschaften und die Außerachtlassung homosexueller eheähnlicher Lebensgemeinschaften verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Zwar gebietet Art. 3 Abs. 1 GG eine Gleichbehandlung von wesentlich gleichen Sachverhalten und erlaubt eine Differenzierung nur aus sachlichen Gründen ( Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.10.1980, Az.: 1 BvL 50/79 u.a., abgedruckt in BverfGE 55, Seiten 72ff., insbs. Seiten 88ff.) Die beiden zu vergleichenden Sachverhalte sind aber nicht wesentlich gleich ( andere Ansicht: Sozialgericht Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2005, Az. S 35 SO 28/05 ER, zu finden in JURIS). Denn insofern sind nicht jegliche Gemeinschaften heterosexueller und homosexueller Prägung zu vergleichen, weil der Gesetzgeber auch die Partner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes zur Bedarfsgemeinschaft und damit zur Einkommensanrechnung herangezogen hat ( § 7 Abs. 3 Ziff. 3 lit e SGB II, § 33 b SGB I). Als Vergleichsgruppen sind daher nur die Mitglieder eheähnlicher und partnerschaftsähnlicher Lebensgemeinschaften heranzuziehen. Eine Gleichbehandlung dieser beiden Lebensgemeinschaften ist aber verfassungsrechtlich nicht geboten. Denn bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber generalisieren, typisieren und pauschalieren ( Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.10.1991, Az. 1 BvL 50/86, abgedruckt in BverfGE Bd. 85, Seiten 348ff., insbs. Seite 359). Er darf bei bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen, die auch vom Einkommen eines Partners abhängig gemacht werden, zwischen eheähnlicher und partnerschaftsähnlicher Gemeinschaft differenzieren, weil erstere in weitaus größerer Zahl vorkommt und sich als sozialer Typus deutlicher herausgebildet hat als letztere ( Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1992, Az.: 1 BvL 8/87, zu der schon im Recht der Arbeitslosenhilfe vorgenommenen Differenzierung, abgedruckt in BverfGE Bd. 87, Seiten 234ff.,insbs. Seite 267). Hieran hat sich seit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts Grundlegendes geändert; insbesondere hat die partnerschaftsähnliche Lebensgemeinschaft noch keinen vergleichbaren sozialen Stellenwert wie die eheähnliche Lebensgemeinschaft ( Anmerkung von Hänlein zum Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.02.2005, zu finden in JURIS, Praxisreport Sozialrecht Nr. 9/2005); ansonsten bedürfte es keines „Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien ( Antidiskriminierungsgesetz)“, dessen Benachteiligungsverbot wegen der geschlechtlichen Identität den Schutz Homosexueller bezweckt. ( vgl. BT- Drs. 15/4538, Seite 21).

Darüber hinaus würde die Gleichbehandlung von eheähnlicher und partnerschaftsähnlicher Lebensgemeinschaft im Sinne einer Anrechnungsfreiheit ebenfalls zu –noch schwerwiegenderen- verfassungsrechtlichen Friktionen führen. Besondere Einschränkungen der o. g. gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit können sich nämlich aus anderen Verfassungsnormen wie Art. 6 Abs. 1 GG ( Schutz der Ehe und Familie ) ergeben ( Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1992, aaO.,insbs. Seite 256). Die durch das Grundgesetz besonders geschützte Ehe wäre in diesem Falle besonders benachteiligt, weil sie- neben der Lebenspartnerschaft- als einzige Lebensgemeinschaft zur vorrangigen Unterstützung des Arbeitssuchenden herangezogen würde ( Anmerkung von Hänlein, aaO.).

bb)
Der Bedarf von Beschwerdeführer und Beigeladener zu 1. kann durch das Einkommen dieser Bedarfsgemeinschaft gedeckt werden.

Den Bedarf hat die Beschwerdegegnerin korrekt mit € 1.064,24 beziffert. Denn dies ist die Summe aus den Regelleistungen für Beschwerdeführer und Beigeladene ( je € 298,- , § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II ), dem Mietzins ( € 350,-), den weiteren Betriebskosten (€ 65,-) und den Heiz- und Warmwasserkosten ( € 65,- abzüglich der vom Regelsatz bereits erfassten Kosten der Warmwasserzubereitung, hier pauschaliert € 11,76).

Das zu berücksichtigende Einkommen dürfte allerdings auf € 1.100,41 festzusetzen sein; das ist die Summe aus dem Arbeitseinkommen der Beigeladenen zu 1. (€ 1.050,-) und ihrer Rente (€ 565,50) abzüglich der in §§ 11 Abs. 2, 30 SGB II und § 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld ( Alg II-V) vorgesehenen Freibeträge und Abzüge ( insgesamt € 515,09). Abweichend vom Widerspruchsbescheid ist dabei als Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 30 SGB II ein Betrag in Höhe von € 164,16 zu berücksichtigen ( zur Berechnungsweise vgl. LPK, § 30, Rz. 7ff).

cc)
Vom Einkommen sind nicht die monatlichen Kreditkosten in Höhe von € 484,- abzuziehen. Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt. Insofern gilt auch in der Grundsicherung für Arbeitssuchende der Grundsatz des Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilferechts, dass in aller Regel Tilgungsleistungen für Schulden nicht als einkommensmindernd berücksichtigt werden ( zum Sozialhilferecht vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.06.1965, Az.: BverwG V C 63.64, abgedruckt in BverwGE, Bd. 21, Seiten 208ff.,insbs. Seite 209; Schellhorn, Kommentar zum Bundessozialhilfegesetz <BSHG>, § 76, Rz. 40; zum Arbeitslosenhilferecht vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.10.2004, Az.: B 7 AL 2/04 R, abgedruckt in Breithaupt 94. Jg. ( 2005), Seiten 164ff.,insbs. Seiten166f.). Das Einkommen fließt der Beigeladenen zu 1. insoweit auch ungemindert zu. Denn Zufluss ist die wertmäßige Vermehrung der geld- oder geldwerten Mittel, die dem Inhaber- wenn auch nur für einen Augenblick- endgültig zur Verfügung stehen und deshalb zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet werden können ( Schellhorn, aaO., §88, Rz. 16; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.02.1999, Az.: BverwG 5 C 35.97, abgedruckt in BverwGE Bd. 108, Seiten 296ff.; Urteil des Bundessozialgerichts vom 13.06.1985, Az.: 7 RAr 27/84, abgedruckt in BSGE, Bd. 58, Seiten 160ff.). Nur Vermögenszuflüsse, die von Anfang an mit einer entsprechenden Rückzahlungspflicht verbunden sind, fallen nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht unter den Einkommensbegriff ( Urteil des Bundessozialgerichts vom 06.04.2000, Az.: B 11 AL 31/99 R, abgedruckt Breithaupt 89. Jg. (2000), Seiten 883ff.,insbs.Seiten 884ff. ). Über den Arbeitslohn und die Witwenrente kann die beigeladene zu 1. zunächst einmal frei verfügen; sie kann sie zur Tilgung ihrer Schulden einsetzen, muss es aber nicht. Hierzu ändert auch die zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruches erklärte Abtretung der Lohn- und Sozialleistungsansprüche an die Darlehensgläubigerin nichts. Denn eine Abtretung von Ansprüchen zur Tilgung von Schulden ist als freiwillige Disposition über die eigenen Mittel bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen ( vgl. zum insofern vergleichbaren § 2 Abs. 1 BSHG Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.01.1983, Az.: BverwG 5 C 114.81, abgedruckt in BverwGE Bd. 66, Seiten 342ff.,insbs. Seite 346).

dd)
Der Bedarf ist auch nicht um den Schutz der Kranken- und Pflegeversicherung zu erweitern; einer Bewilligung von Alg II allein zur Vermeidung eines sog. Infiniten Regresskreisels bedarf es- zumindest bei der vorliegenden Fallgestaltung- nicht. Der Beschwerdeführer ist vielmehr auf die Leistung der Beigeladenen zu 2. zu verweisen. Denn gemäß § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V wird die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ( SGB XII ), die nicht versichert sind, von der gewählten Krankenkasse übernommen; die Aufwendungen, die der Krankenkasse über die Übernahme dieser Krankenbehandlung entstehen, werden ihnen von den für die Hilfe zuständigen Sozialhilfeträgern erstattet, § 264 Abs. 7 Satz 1 SGB V. Der Beschwerdeführer ist- wie bereits ausgeführt- ab dem 15.04.2004 nicht mehr versichert. Er hat nach der gebotenen summarischen Prüfung einen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit. Der das Sozialhilferecht bestimmende Nachrangigkeitsgrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII ist dadurch nicht verletzt, weil der Beschwerdeführer keine vorrangigen anderen Sozialleistungen erhält. Des weiteren ist die Gewährung der Krankenhilfe auch nicht durch § 5 Abs. 2 SGB II oder § 21 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen ( zur anderen Ansicht vgl. den Beschluss des Sozialgerichts Saarbrücken vom 28.01.2005). Denn hiernach sind nur Leistungen nach dem Dritten Kaptitel des SGB XII, also Hilfen zum Lebensunterhalt, ausgeschlossen; nicht berührt sind hingegen die Hilfen in besonderen Lebenslagen, zu denen auch die Krankenhilfe zählt ( LPK, § 5 Rz. 50).
Der Gewährung der Krankenhilfe steht auch nicht die Eigenleistungsfähigkeit des Beschwerdeführers und der Einsatzgemeinschaft entgegen. Weder der Beschwerdeführer noch die Beigeladene zu 1. verfügen über nennenswerte Vermögensgegenstände, deren Einsatz zumutbar im Sinne von § 90 Abs. 2, 3 Satz 2 SGB XII ist. Auch das Einkommen der Einsatzgemeinschaft erreicht die Einkommensgrenze nicht. Denn insofern gilt eine für die Einsatzgemeinschaft günstigere Einkommensgrenze als bei Hilfen zum Lebensunterhalt oder für das Alg II. Bei der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII ist der nachfragenden Person und der Person, die mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes, den Kosten der Unterkunft und einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70% v. H. des Eckregelsatzes für die Person, die mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, 85 Abs. 1 in Verbindung mit § 20 Satz 1 SGB XII. Der Eckregelsatz bestimmt sich nach dem Ort, an dem der Leistungsberechtigte seine Leistung erhält. § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB XII. Im Freistaat Sachsen beträgt der Eckregelsatz € 331,-, §1 Abs.1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs. 2 SGBXII vom 28.02.2005 ( GVBI, Seite 2 ); folglich beträgt der zweifache Eckregelsatz € 662,-. Die Kosten der Unterkunft betragen- ohne Heizkosten ( vgl. hierzu Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGBYIII, § 85, Rz. 14)- € 415,-. Der Familienzuschlag beträgt € 232,-; denn dies ist der aufgerundete Betrag von € 231,70 als 70 v. H. von 331,-. Hiernach ist die Einkommensgrenze auf € 1.309,- als Summe aus zweifachem Eckregelsatz, Kosten der Unterkunft und Familienzuschlag zu bestimmen.

Dem steht ein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII in Höhe von € 1.304,70 gegenüber. Denn dies ist die Summe aus dem Arbeitseinkommen der Beigeladenen zu 1. ( € 1.050,-) und ihre Rente ( € 565,50) abzüglich der in Verbindung mit § 3 Abs. 1, 3 bis 5 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII vorgesehenen Freibeträge und Abzüge ( insgesamt € 310,80).

Dem Anspruch auf Erbringung der Krankenbehandlung kann schließlich auch nicht entgegengehalten werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich deswegen keine Krankenbehandlung beanspruchen könnte, weil er von der Beigeladenen zu 3. Krankenbehandlung erhält. Denn aus Sinn und Zweck der Vorschrift, insbesondere dem Auffangcharakter der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII, ergibt sich, dass auch derjenige Leistungsempfänger im Sinne des § 264 Abs. 2 SGB V ist, der ausschließlich Hilfen bei Krankheit beanspruchen kann, die ihm aber wegen des Vorrangs der Versicherung nach § 264 Abs. 2 SGB V tatsächlich nicht gewährt werden müssen (Grube/Wahrendorf, aaO., § 48, Rz. 15).

2.
Die Beschwerde hat deshalb nur dahingehend Erfolg, als die Beigeladene zu 3. zu verpflichten war, vorläufig die Krankenbehandlung des Beschwerdeführers gegen Kostenerstattung durch die Beigeladene zu 2. zu gewährleisten. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch ergeben sich aus den obigen Ausführungen. Die vorläufige Verpflichtung war gemäß des Antrages des Beschwerdeführers und in Anlehnung an die halbjährlichen Bewilligungsabschnitte des Alg II (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II ) auf die Zeit bis zum 30.06.2005 zu beschränken.

3.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Demnach entspricht es billigem Ermessen, der Beschwerdegegnerin die Erstattung der hälftigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers aufzuerlegen. Den der Beschwerdeführer hat mit einem seiner beiden Vorbringen ( Gewährleistung des Krankenversicherungsschutzes) faktisch Erfolg. Die Übernahme der Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 SGB V entspricht- weil ohne Leistungseinschränkungen gewährt – dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser Kostenanteil war auch der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen, weil diese das Verfahren zumindest teilweise dadurch veranlasst hat, dass sie – entgegen den ihr nach den §§ 14ff. SGB I obliegenden Beratungspflichten- den Beschwerdeführer nach der Ablehnung der Leistung nicht an den zuständigen Leistungsträger, die Beigeladene zu 2. verwiesen hat.

Eine weitere Kostenerstattung zugunsten des Beschwerdeführers erscheint angesichts des Unterliegens mit der anderen Begründung ( Berücksichtigung der Tilgungsleistungen) nicht billig. Die Kostenerstattung der Beigeladenen zu 2. und zu 3. scheidet wegen § 193 Abs. 4 SGG aus. Eine Kostenerstattung der Beigeladenen zu 1. entspricht nicht billigem Ermessen, weil sie am Verfahren nur untergeordnet beteiligt und zudem mit ihren Begehren ( keine Anrechnung ihres Einkommens, Abzug der Tilgungsleistungen ) nicht erfolgreich war.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG endgültig.

gez.

Ruby
Weinholtz
Kirchberg

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