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Tacheles Rechtsprechungsticker 45 KW/2008

Rechtsprechungsticker von Tacheles 45 KW/2008 erarbeitet von Lusjena (im Forum von Tacheles unter Willi 2 zu finden).

1. Zu den Kosten der Unterkunft ( § 22 SGB II ):
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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 AS 44/07 vom 17.09.2008, Urteil nicht rechtskräftig

Für das Vorliegen unwirtschaftlichen Heizens eines Hilfeempfängers trägt der Leistungsträger die Beweislast, wenn er es unterlässt, Nachforschungen anzustellen .

Ist die Größe der Wohnung angemessen, dann sind in der Regel die tatsächlichen Kosten zu übernehmen.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit und solange diese angemessen sind (vgl. BSG vom 16.05.2007 - B 7 b AS 40/06 R – Randnr. 9 und 14).

Es ist Aufgabe des Leistungsträgers, den Leistungsempfänger auf die Überschreitung des Grenzwertes hinzuweisen und aufzufordern darzulegen, weshalb im Einzellfall der Grenzwert überschritten wird. Dabei sind die örtlichen Gegebenheiten im Wege des Amtsermittlungsprinzips vor Ort festzustellen und Ermittlungen zur Lage der Wohnung oder zum Zustand der Wärmedämmung des Hauses sind anzustellen . Der Leistungsträger muß muss einen konkreten Vorwurf gegenüber dem Leistungsempfänger erheben, weshalb ihrer Meinung nach unsachgemäß geheizt wird. Unterlässt der Leistungsträger solche Hinweise, Aufforderungen oder örtliche Nachforschungen, so verbleibt die Beweislast für das Vorliegen unwirtschaftlichen Heizens bei ihm.

Erst wenn in einem solchen Fall von der Klägerseite keine Reaktion erfolgt, hält das Gericht eine Umkehr der Beweislast für denkbar (sowohl auch LSG Rheinland-Pfalz vom 04.10.2006 - L 3 ER 148/06 AS -; LSG NRW vom 21.12.2007 - L 19 B 157/07 AS -).

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Bayerisches Landessozialgericht L 7 B 886/07 AS ER vom 12.12.2007 , Beschluß rechtskräftig

Keine Übernahme von überhöhten Heizkosten für angemessene Wohnung, wenn der Antragsteller bauliche Defekte behauptet.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dürfen von Anfang an nur die angemessenen Heizkosten geleistet werden. Eine Billigkeitsregel wie die des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II für die ("kalten") Unterkunftskosten gibt es für die Heizkosten nicht. Die Angemessenheit der Heizkosten ist grundsätzlich nicht anhand abstrakter Kriterien, sondern anhand der konkret vorliegenden Wohnung zu beurteilen ; der Senat hat diese Auffassung bereits verschiedentlich vertreten (vgl. Beschluss vom 05.12.2006 - L 7 B 735/06 AS ER; Urteil vom 19.01.2007 - L 7 AS 184/06; Beschluss vom 12.03.2007 - L 7 B 110/07 AS ER; Beschluss vom 30.04.2007 - L 7 B 59/07 AS PKH). Bei einer Wohnung, die flächenbezogen die Angemessenheitsgrenzen (der Wohnraumförderungsbestimmungen 2003) einhält, können die Heizkosten in der Regel nur dann unwirtschaftlich sein, wenn konkret unwirtschaftliches Heizverhalten nachgewiesen wird; mit Pauschalen oder Durchschnittswerten darf im Prinzip nicht operiert werden.

Diese relative Betrachtung, die den baulichen Zustand der konkreten Wohnung zum entscheidenden Maßstab macht, dürfte aber auch an Grenzen stoßen. In extremen Ausnahmefällen, wenn allein ein schlechter baulicher Zustand zu exorbitanten Heizkosten führt, dürfte von dieser konkreten zu einer abstrakten Betrachtungsweise zu wechseln sein mit der Folge, dass das angemessene Maß anhand von Erfahrungswerten ermittelt wird.

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Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 20.10.2008,nicht rechtskräftig Az.: S 31 AS 282/07

Langzeitarbeitslose, die ohne Zustimmung des Grundsicherungsträgers umziehen, haben Anspruch auf volle Übernahme der höheren Mietkosten, wenn der Umzug erforderlich war und die Miete weiterhin angemessen ist.

Langzeitarbeitslose, die ohne Zustimmung des Grundsicherungsträgers umziehen, haben Anspruch auf volle Übernahme der höheren Mietkosten, wenn der Umzug erforderlich war und die Miete weiterhin angemessen ist. Der Umzug ist beispielsweise erforderlich, wenn der Leistungsempfänger als Untermieter nach der Wohnungskündigung kein Nutzungsrecht an der alten Wohnung hat.

Sozialgericht Duisburg S 32 AS 284/08 ER 23.10.2008, Beschluß nicht rechtskräftig

Alleinerziehende Mutter mit 4 Kindern darf bei einer Wohnungsgröße von 76,75 qm umziehen, denn die Wohung ist unangemessen klein.

Bei der Frage, welche Wohnungsgröße im Rahmen des SGB II für einen Hilfebedürftigen als angemessen anzusehen ist, sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen heranzuziehen (BSG, Urteil vom 18.06.08, B 14/7b AS 44/06 R). Diese weisen für das Land NRW für eine Fünfzimmerwohnung eine Grenze von 107 qm (RdErl. d. Ministeriums f. Bauen und Verkehr v. 26.01.2006, IV A 2 - 2010 – 02/06 – zuletzt geändert durch RdErl. v. 17.01.2008 - IV A 2-2010-2/08 –) aus, ein Anspruch auf ein vollständiges Ausschöpfen dieser Höchstgrenze besteht für Hilfebedürftige dabei nicht.

Eine Wohnung, die für einen Drei-Personen-Haushalt angemessen groß ist, kann nicht ausreichend Platz bieten für einen Fünf-Personen-Haushalt. Erschwerend kommt im vorliegenden Fall noch hinzu, dass der Haushalt der Antragstellerin nicht aus zwei Partnern, die sich gewöhnlich ein Schlafzimmer teilen, und drei Kindern, sondern aus vier Kindern und einer alleinerziehenden Mutter besteht.

So wies die Küche in der bisherigen Wohnung der Bedarfsgemeinschaft lediglich eine Größe von 12,37 m² auf. Dies ist zur Überzeugung der Kammer nicht ausreichend um neben der Unterbringung der üblichen Küchenutensilien Raum für einen angemessenen Essplatz für fünf Personen zu bieten. Ein Esszimmer stand nicht zur Verfügung und auch das Wohnzimmer bot nicht ausreichend Platz zum Aufstellen eines Esstisches, da auch dieses lediglich 14,76 m² umfasste.

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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 AS 28/07 vom 17.09.2008, Urteil nicht rechtskräftig

Der Unterkunftsbedarf für zwei zwei in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen ist an den tatsächlichen Kosten eines Zwei-Personen-Haushalts zu messen .

Eine Ermittlung des Unterkunfts- und Heizungskostenbedarfs anhand zweier fiktiven Ein-Personen-Haushalte würde zu einer Überversorgung dieser Haushaltsgemeinschaft führen, denn durch gemeinsames Wohnen würde die Haushaltsgemeinschaft finanzielle Aufwendungen einsparen. Damit würde aus Steuermitteln ein nicht bestehender Bedarf gedeckt werden.

Es ist somit der Bedarf der einzelnen Bewohner danach zu bemessen, welche Unterkunfts- und Heizungskosten in einem Zwei-Personen-Haushalt tatsächlich entstehen und dieser Bedarf ist dann anteilig auf beide Bewohner zu verteilen ( Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rdnr. 39; zur Rechtslage nach dem BSHG vgl. OVG Nds. Urteil vom 16.06.2004 - 12 LC 67/04 - ).

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Sozialgericht Berlin S 159 AS 10603/08 ER vom 26.05.2008 , Beschluß nicht rechtskräftig

Keine Verpflichtung der Behörde zur Übernahme von Mietschulden für unangemessene Wohnung des Hilfebedürftigen.

Die Übernahme von Schulden ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Notlage vom Leistungsberechtigten nicht selbst beseitigt werden kann. Schließlich ist von Bedeutung, wie es zur Notlage gekommen ist. Zwar bedingt nicht jede durch den Hilfebedürftigen verschuldete Herbeiführung der Notlage den Ausschluss von Leistungen. Es kommt insofern auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine Übernahme von Schulden kann nicht gerechtfertigt sein, wenn sich das Verhalten des Hilfebedürftigen als vorwerfbar bzw. missbräuchlich darstellt und die Übernahme von Schulden sich als "positiver Verstärker nicht erwünschten Verhaltens" darstellen würde (Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 34 Rdn. 7 mwN.

Eine Mietschuldenübernahme zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt (u.a. LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 22.03.07 Az. L 28 B 269/07 AS ER ). Dies gilt gerade dann, wenn der Hilfebedürftige bereits zum Umzug in eine kostengünstigere Wohnung aufgefordert wurde.

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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 B 75/08 AS 17.09.2008 , Beschluß rechtskräftig

Hartz IV Empfänger haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer abstrakten Zustimmung zum Umzug

Im SGB II fehle es an einer Rechtsgrundlage für eine abstrakte Zusicherung zum Auszug. Eine Zusicherung des Leistungsträgers kann erst im Zusammenhang mit der Anmietung einer bestimmten Wohnung beantragt werden, weil nur somit die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft beurteilt werden kann (vgl. bereits Beschluss des Senates vom 16.10.2007 - L 20 B 68/07 AY ER zu § 29 Sozialgesetzbuch 12. Buch - Sozialhilfe ( SGB XII)) .

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2. Sanktionen ( § 31 SGB II )
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SG Berlin, Beschluss vom 09.09.2008,nicht rechtskräftig Az. S 119 AS 23189/08 ER

Ein Eingliederungsangebot muss durch Leistungsträger in Art und Umfang selbst festgelegt werden .

Die Verweigerung muss sich zunächst auf eine nach Beschäftigungsgeber, Ort, Art und Umfang hinreichend bestimmt bezeichnete Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II beziehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2008 – L 10 B 445/08 AS ER- ) .

Ein in diesem Sinn ausreichend bestimmtes Angebot liegt nicht vor. Aus dem Bestimmtheitserfordernis folgt, dass der SGB II-Träger selbst die Art und die Bedingungen für die angebotene Tätigkeit festlegen muss. Er darf dies nicht dem Maßnahmeträger überlassen (vgl. VG Bremen, Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2008 – S7 K 784/07 -), da die Arbeitsvermittlung eine hoheitliche Aufgabe ist. Der Anspruch auf Eingliederung besteht gegenüber dem Leistungs- und nicht gegenüber dem Maßnahmeträger. Nur der Leistungsträger kann aufgrund des im Rahmen der Arbeitsvermittlung erstellten Profils eines Arbeitssuchenden und der entwickelten Eingliederungsstrategie die Entscheidung darüber treffen, für welche Tätigkeit genau der Arbeitssuchende geeignet ist. Für eine Übertragung von Entscheidungsbefugnissen an den Maßnahmeträger ist eine gesetzliche Grundlage nicht vorhanden .

Zweifel an der Zumutbarkeit der angebotenen Tätigkeit bestehen auch vor dem Hintergrund, dass es sich nach der gesetzgeberischen Konzeption bei einer MAE um ein Instrumentarium handelt, das nur Ersatzfunktion hat und dessen Einsatz erst dann zu erwägen ist, wenn eine Eingliederung in reguläre versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse des ersten Arbeitsmarktes, hilfsweise in Beschäftigungsverhältnisse des sog. "Zweiten Arbeitsmarktes" (ABM), aus objektiven oder subjektiven, d.h. in der Person des Arbeitssuchenden liegenden Gründen, nicht gelingt (vg. Niewald in Münder, SGB II, 2. Aufl. 2007, § 16 RN 31). Es müsste daher erkennbar sein, dass der Antragsgegner von einer mangelnden Vermittelbarkeit des Antragstellers auf dem ersten Arbeitsmarkt ausging. Auch insoweit gibt die Eingliederungsvereinbarung keinen Aufschluss.

Die angebotene Tätigkeit begegnet weiter Zweifeln im Hinblick auf ihren zeitlichen Umfang. Ob eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung bei einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden zuzüglich Wegezeiten generell unzumutbar ist (so LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. März 2008 – L 3 AS 127/07 -; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 29. Juni 2007 – L 7 AS 199/06 -), kann vorliegend dahinstehen (vgl. insoweit das beim Bundessozialgericht anhängige Verfahrens B 4 AS 60/07 R, in dem es um diese Frage geht). Denn im konkreten Fall ist zu sehen, dass aufgrund der Lern- und Sehbehinderung des Antragstellers und seiner Suchterkrankung erhebliche Bedenken daran bestehen, ob sein derzeitiges Leistungsvermögen dazu ausreicht, eine Tätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden zu bewältigen.

Unklarheiten gehen zu Lasten des für die Sanktionsentscheidung zuständigen Grundsicherungsträgers (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2007 – L 28 B 166/07 AS ER).

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