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Jahresarchiv

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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 01/2019

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II ) und zur Sozialhilfe ( SGB XII )

1. 1 BSG, Urteil vom 12.09.2018 - B 14 AS 18/17 R

Orientierungssatz ( Redakteur )

Zum Arbeitnehmerstatus von EU-BürgerInnen, hier bejahend, mit Hinweis auf den bereits aufgestellten Kriterien für den Arbeitnehmerstatus (BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R ).

Quelle: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/2018_09_12_B_14_AS_18_17_R.html





2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

2. 1 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 06.12.2018 - L 7 AS 3870/16

Orientierungssatz ( Redakteur )

1. Nach der Rechtsprechung des BSG erfolgt im SGB II keine Saldierung von Einnahmen und Verlusten aus mehreren Gewerbebetrieben (dazu eingehend BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 17/15 R ).

2. Eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Lage der hilfebedürftigen Personen im Sinne eines Verlustausgleichs ist im SGB II auch nicht entsprechend der für das SGB XII geltenden Härtefallregelung (§ 10 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII) zuzulassen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 17/15 R). Aus dem Sinn und Zweck dieses Saldierungsverbots, nämlich der Realisierung des im Einkommensbegriff des § 11 SGB II konkretisierten Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 2 SGB II, der die Erwartung an die hilfebedürftige Person umfasst, ihr vorhandenes Einkommen zunächst zur Bedarfsdeckung zu verwenden, bevor bestehende Verpflichtungen erfüllt werden (dazu näher BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 17/15 R ) folgt, dass es nicht darauf ankommt, ob gewerberechtlich ein Gewerbe vorliegt, sondern erforderlich ist eine materielle Beurteilung.

3. Ausgehend davon kommt eine Saldierung der Einnahmen und Ausgaben aus dem Handel mit Metallteilen einerseits und denjenigen aus dem Handeln mit Textilien andererseits nicht in Betracht.

4. Wird eine vorläufige Bewilligungsentscheidung vollständig "aufgehoben", handelt es sich dabei regelmäßig um die endgültige Entscheidung, dass ein Leistungsanspruch nicht besteht.

5. Eine vorläufige Bewilligung kann unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X durch eine endgültige Bewilligung ersetzt werden.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=203978&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





2. 2 LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 20.12.2018 - L 6 AS 202/18 B ER

Rechtsmittelbelehrung muss auch im SGB II auf elektronische Form hinweisen.


Quelle: SABINE VOLLRATH, Rechtsanwältin

Fachanwältin für Sozialrecht

https://www.kanzlei-vollrath.de/2018/12/20/rechtsmittelbelehrung-muss-auch-im-sgb-ii-auf-elektronische-form-hinweisen/?fbclid=IwAR2TmDlj0ZbFiodwIrR6IM9dxt9cOwhunZUxpbUfX9pgxxthvwYiDAG3Bo4



S. a. dazu Entscheidung von RA Kay Füßlein: Beschluss des SG Berlin vom 01.10.2018- S 123 AS 9514/18 ER

http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/wp-content/uploads/2018/10/Beschluss_erv_.pdf





3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

3. 1 Sozialgericht Karlsruhe, Urt. v. 21.11.2018 - S 4 AS 2297/18

Antrag auf Kinderzuschlag – nicht grundsätzlich zugleich Antrag auf Alg II – Meistbegünstigungsprinzip – objektive Gründe für eine Beschränkung des Antrags auf den Kinderzuschlag – Nachträgliches Entfallen der Voraussetzungen für den Kinderzuschlag und Nachholung der Antragstellung – Rückwirkung des Antrags – sozialrechtlicher Herstellungsanspruch – Möglichkeit eines Erlasses der Rückforderung der Familienkasse

Orientierungssatz ( Redakteur )

1. Der Antrag auf Kinderzuschlag gelte nicht als Antrag auf Leistungen nach dem SGB II.

2. Eine Berufung auf den Meistbegünstigungsgrundsatz kann in einer Konstellation wie der hier vorliegenden - also der ausdrücklichen Beantragung einer Sozialleistung (Kinderzuschlag) bei einem für die weitere Leistung (Alg II/Sozialgeld) unzuständigen Träger (Jobcenter) - allenfalls dann angenommen werden, wenn der Antragsteller einen für den unzuständigen Leistungsträger erkennbaren Willen zum Ausdruck bringt, neben der beantragten Leistung noch weitere Sozialleistungen zu begehren (BSG, Urteil vom 02. April 2014 – B 4 AS 29/13 R, hier nicht vorliegend ).

Leitsatz ( Juris )

1. Wird ein zu Unrecht gewährter Kinderzuschlag zurückgefordert, kann die Familienkasse zu einer Ermessensentscheidung über den Erlass der Rückforderung verpflichtet sein, wenn ein fristwahrender Antrag auf Alg II für denselben Leistungszeitraum nicht mehr möglich ist

2. Ein Antrag auf Kinderzuschlag ist nicht grundsätzlich auch als Antrag auf Leistungen nach dem SGB II auszulegen. Eine erweiternde Auslegung eines solchen Antrags nach dem Meistbegünstigungsprinzip kommt nicht in Betracht, wenn der tatsächliche Wille des Antragstellers auf die ausdrücklich beantragte Leistung (Kinderzuschlag) begrenzt war und diese Einschränkung nicht objektiv unvernünftig war.

3. Eine erweiternde Auslegung der Regelung in § 28 SGB X, etwa durch Verlängerung der in der Vorschrift vorgesehenen Rückwirkung, ist in diesem Fall nicht veranlasst.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=204013&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB XII )

4. 1 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss v. 03.12.2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B

Orientierungssatz ( Redakteur )

1. Staatsangehöriger der Republik Portugal hat kein Anspruch auf Sozialhilfe, denn für die Frage der Arbeitnehmereigenschaft bleiben Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (BSG, Urteil von 13. Juli 2017 – B 4 AS 17/16 R ).

2. Ein Leistungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin folgt auch nicht aus Art. 1 EFA. Denn jedenfalls erfordert die Anwendung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 1 EFA, dass sich der Antragsteller im streitigen Zeitraum erlaubt im Sinne des Art. 11 EFA in Deutschland aufgehalten hat bzw. aufhält (BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 32/17 R ). Insoweit kommt, da ein Arbeitnehmerstatus nicht vorliegt und auch nicht nachwirkt (siehe oben), vorliegend allein eine materielle Freizügigkeitsberechtigung als EU-Ausländer zur Arbeitsuche in Betracht (BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 32/17 R ). Für den zur Anwendung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 1 EFA erforderlichen erlaubten Aufenthalt genügt nicht die von den materiellen Freizügigkeitsberechtigungen zu unterscheidende generelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Ausländer (BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 32/17 R . Diese Vermutung beinhaltet keine "Erlaubnis" des Aufenthalts im Sinne des EFA, die den Zugang zur Inländergleichbehandlung eröffnet und für die eine materielle Freizügigkeitsberechtigung oder ein anderes Aufenthaltsrecht erforderlich ist.

3. Der Leistungsausschluss gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII für Personen, die kein Aufenthaltsrecht haben oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, ist verfassungsgemäß.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=203979&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





Wir wünschen allen Lesern ein frohes und gesundes neues Jahr.



Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock











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