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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 02/2018

1. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

1. 1 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.10.2017- L 11 AS 335/14

Einkommensberücksichtigung - Kindergeld in unterschiedlicher Höhe für mehrere Kinder in der Bedarfsgemeinschaft

Leitsatz ( Juris )

Kindergeld ist im SGB II bei dem jeweiligen Kind in der Höhe als Einkommen anzurechnen, in der es für das jeweilige Kind gezahlt wird (§ 11 Abs 1 S 4 i.V.m. S 3 SGB II in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung bzw. § 11 Abs 1 S 5 i.V.m. S 4 SGB II in der seit dem 1. April 2011 geltenden Fassung). Die Anrechnung eines Durchschnittskindergeldes ist nicht zulässig.

Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=DED868BD2C4245687EEB97EBEC4D31C2.jp12?doc.id=JURE170041615&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint



Rechtstipp: ebenso: SG Osnabrück, Urteil vom 25.03.2015 - S 24 AS 1022/12; Thür. LSG, Urteil vom 17. April 2014 - L 9 AS 1180/13 - , vgl. auch die Anschluss ergangene Entscheidung des BSG, Beschluss vom 2. Dezember 2014 - B 14 AS 241/14 B; i.E. BSG, Urteil vom 14. März 2012 - B 14 AS 17/11 R; Schmidt in: Eicher/Luik, SGB III, 4. Aufl. 2017, § 11 Rn. 32; J. Neumann in: BeckOK Sozialrecht, Stand 1.6.2017, § 11 Rn. 24; Mues in: Estelmann, SGB II, Stand April 2016, § 11 Rn. 42; ebenso auch die Fachlichen Hinweise der BA, Stand 18. August 2016 zu §§ 11-11b SGB II Rz. 4.1; aA. Geiger in: LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 11 Rn. 54; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand Juni 2014, § 11 Rn. 381; Saarl. LSG, Urteil vom 25. Mai 2010 - L 9 AS 9/07 -; und insb. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30. Januar 2013 - L 13 AS 67/11)




1. 2 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.11.2017- L 7 AS 934/17 B ER, L 7 AS 935/17 B

Angelegenheiten nach dem SGB II

Leitsatz ( Juris )

1. Es bleibt offen, ob § 7 Abs 4a SGB II von vorn herein unanwendbar ist, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Nr 4 oder Nr 5 SGB II vorliegen, oder die Erfüllung der Voraussetzungen lediglich einen wichtigen Grund für eine Ortsabwesenheit i. S. des § 7 Abs 4a SGB II begründen können.

2. Eine die Erwerbstätigkeit hindernde Pflege i. S. des § 10 Abs 1 Nr 4 SGB II setzt voraus, dass der Leistungsberechtigte einen wesentlichen, nicht durch Dritte abgedeckten Pflegebedarf erfüllt. Maßgeblich ist die Bedarfssituation im Einzelfall. Zur Ermittlung des Pflegebedarfs kann auf § 14 Abs 1 und 4 SGB XI aF zurückgegriffen werden.

3. Die Begleitung eines an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidenden Angehörigen in ein Krankenhaus stellt zwar eine im Zusammenhang mit der pflegerischen Versorgung stehende Beistandsleistung dar, jedoch keine Pflegeleistung, wenn Dritte in wesentlichem Umfang zumindest physische Pflegeleistungen erbringen.



Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=DED868BD2C4245687EEB97EBEC4D31C2.jp12?doc.id=JURE170041619&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint





1. 3 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 11.12.2017 - L 2 AS 2057/17 B ER - rechtskräftig

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Leistungsgewährung an EU-Ausländer bei Aufenthalt wegen Familiennachzug zu einem erwerbstätigen Angehörigen - Gewährung von Unterhalt

Leitsatz ( Redakteur )


1. Antragstellerin hat einen Anspruch auf Leistungen nach § 7 Abs. 1 SGB II, denn sie erfüllt die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU.

2. Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, dass dieser ihr Unterhalt gewährt. Eine solche Unterhaltsgewährung liegt vor, wenn dem Verwandten tatsächlich Leistungen zukommen, die die vom Ansatz her als Mittel der Bestreitung des Lebensunterhalts angesehen werden können. Dazu gehört eine fortgesetzte regelmäßige Unterstützung in einem Umfang, der es ermöglicht, zumindest einen Teil des Lebensunterhalts regelmäßig zu decken (Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 3 FreizügG/EU RdNr. 47).

3. Ausreichend kann diesbezüglich eine Unterhaltsgewährung in Höhe von 100,- Euro monatlich sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2017 - L 19 AS 1131/17 B ER; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.05.2015 - L 7 AS 372/15 B ER, L 7 AS 373/15 B; SG Augsburg, Urteil vom 20.10.2017 - S 8 AS 1071/17). Es ist auch nicht erforderlich, dass derjenige, dem Unterhalt gewährt wird, einen Anspruch auf Unterhaltsgewährung hat.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=197472&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





1. 4 Hessisches Landessozialgericht, Urt. v. 27.11.2017 - L 9 AS 3/15

Eine "dezentrale Warmwasserversorgung" im Sinne des § 21 Abs. 7 SGB II umfasst nur solche Vorrichtungen, die warmes Wasser separat, d.h. nicht in einer Vorrichtung mit der Heizung erwärmen.

Leitsatz ( Redakteur )


Erfolgt - wie hier - die Warmwasserbereitung zusammen mit der Heizung in einer Gaskombitherme und werden die Kosten für die Gasenergie und den Betriebsstrom bereits im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II übernommen, fehlt es an einem die Gewährung eines Zuschlags nach § 21 Abs. 7 Satz 1 SGB II begründenden Mehrbedarf. Der Anspruch nach § 21 Abs. 7 SGB II setzt das Bestehen eines ungedeckten Bedarfs voraus, der nicht bereits durch die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II gedeckt ist.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=197471



Rechtstipp: ebenso SG Aachen, 08.11.2016 - S 14 AS 757/15 





1. 5 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.12.2017 - L 1 AS 4157/17 ER-B

Leitsatz ( Juris )


1. Zur Bedarfsgemeinschaft einer Hilfebedürftigen gehört als Partner ihr nicht dauernd getrennt lebender Ehemann auch dann, wenn sich dieser dauerhaft in Saudi-Arabien aufhält, solange es sich dabei um eine einvernehmliche Lebensgestaltung handelt und ein Trennungswille nicht besteht.

2. Sind die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X normierten Voraussetzungen nicht erfüllt, weil zutreffende Angaben gemacht wurden, bedarf es für eine Rücknahme der Leistungsbewilligung der Ausübung von Ermessen.

3. Hat die Behörde versäumt, die Hilfebedürftigen vor Erlass des Rücknahmebescheides anzuhören, lässt sich die Rechtswidrigkeit des Bescheides durch die Nachholung einer Anhörung im gerichtlichen Verfahren jedenfalls dann nicht mehr beseitigen, wenn dieser auch materiell ermessensfehlerhaft ist.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=197361&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=







2. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

2. 1 SG Chemnitz,Beschluss v. 09.10.2013 - S 26 AS 3702/11

Jobcenter muss Mehrbedarf für Schuhe der Übergröße 50h nicht - zahlen ( § 21 Abs. 6 SGB II).

Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf wegen eines unabweisbaren laufenden besonderen Bedarfs - Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung

Leitsatz ( Juris )


1. Die Übergröße 50 h bei Schuhen rechtfertigt nicht die Gewährung eines Mehrbedarfs als atypischer Härtefall nach § 21 Abs 6 SGB 2.

2. Mehrausgaben von 2,6 % des Regelbedarfs nach § 20 Abs 2 S 1 SGB 2 begründen keinen Härtefall iS von § 21 Abs 6 SGB 2. Insoweit ist ein Ausgleich unter den verschiedenen Ausgabeabteilungen bzw die Nutzung des im Regelbedarf vorhandenen Ansparpotentials ohne weiteres möglich.

3. Zur Frage eines Mehrbedarfs aus medizinischen Gründen nach § 21 Abs 5 SGB 2, wenn bei den vorliegenden Gesundheitsstörungen (Diabetes mellitus, Hyperurikämie, Hypertonie) eine Vollkost empfohlen wird.





3. Entscheidungen der Landessozialgericht zur Sozialhilfe ( SGB XII )

3. 1 LSG München, Urteil v. 16.11.2017 – L 8 SO 284/16

Kostenerstattungsanspruch - Übernahme einer Vollzeitpflege

Antragsteller hat einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe für die Betreuung in der Pflegefamilie nach §§ 19 Abs. 3, 53, 54 Abs. 3 SGB XII gegen den Beklagten.

Kurzfassung:


Notwendig, aber auch ausreichend ist es nach § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII, wenn durch die Leistungen der Eingliederungshilfe die Behinderungsfolgen gemildert werden und in diesem Rahmen eine Teilhabe ermöglicht wird. Dies ist hier der Fall. Dass es sich bei den erbrachten Leistungen in der Pflegefamilie um „niedrigschwellige“ handelt, nimmt ihnen nicht den Charakter einer Eingliederungshilfeleistung; das Gesetz stellt nur auf die Wesentlichkeit der Behinderung, nicht den quantitativen oder qualitativen (Mindest-)Aufwand für die Hilfeleistung ab (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2017 - B 8 SO 1/16 R).

Quelle: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2017-N-135257?hl=true



Rechtstipp: ebenso Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 54 SGB XII, Rn. 73_4)





3. 2 LSG Stuttgart, Urt. v. 06.12.2017 - L 2 SO 3268/16

Schulische Inklusion: Anspruch auf Schulbegleitung auch beim Besuch einer Förderschule


Das LSG Stuttgart hat entschieden, dass nicht nur in der "Regelschule", sondern auch beim Besuch einer Förderschule für behinderte Kinder ein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe (Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung) besteht, deren Umfang sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls richtet.

Hinweis: Das LSG Stuttgart hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BSG zugelassen, da bislang Entscheidungen des BSG nur zur Beschulung behinderter Kinder im Rahmen der inklusiven Beschulung in der "Regelschule" vorlägen, aber noch nicht zu den "Förderschulen".

Hinweis der Pressestelle des Gerichts: Noch während des laufenden Berufungsverfahrens hat das SG Freiburg in einem Eilverfahren im einstweiligen Rechtsschutz dem Schüler im September 2017 eine Schulassistenz im Umfang von 34 Wochenstunden während der gesamten Unterrichtszeit für das Schuljahr 2017/2018 zugesprochen.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Stuttgart v. 02.01.2018: https://www.juris.de/jportal/portal/t/17yc/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180100002&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp



Rechtstipp: Kinder mit Behinderung haben auch an Förderschulen Anspruch auf umfassenden Begleitung

weiter: http://www.deutschlandfunk.de/urteil-kinder-mit-behinderung-haben-auch-an-foerderschulen.1939.de.html?drn:news_id=834271





4. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

4. 1 Kritische Bewertung des IWU- Gutachten Göttingen 2017, ein Beitrag von Herbert Masslau

weiter: http://herbertmasslau.de/mediapool/5/50745/data/Kritik_IWU_2017.pdf





4. 2 Bundesamt muss abgeschobenen Asylbewerber bis zum 1. Februar 2018 nach Deutschland zurückholen

Gericht droht der Behörde die Festsetzung eines Zwangsgeldes im Falle nicht fristgerechter Umsetzung an.

weiter: http://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/bundesamt-muss-abgeschobenen-asylbewerber-bis-zum-1-februar-2018-nach-deutschland-zurueckholen-160672.html





4. 3 Neue Mietobergrenzen für Kiel ab 01.01.2018, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt

weiter: https://sozialberatung-kiel.de/2018/01/02/neue-mietobergrenzen-fuer-kiel-ab-01-01-2018/





4. 4 Jobcenter muss Kosten einer Brillenreparatur übernehmen, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt - BSG, Urteil vom 25.10.2017, B 14 AS 4/17 R

weiter: https://sozialberatung-kiel.de/2018/01/01/jobcenter-muss-kosten-einer-brillenreparatur-uebernehmen/



Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock









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