Newsticker
Tacheles Rechtsprechungsticker KW 12/2025
1. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Bürgergeld ( SGB II )
1.1 LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19.12.2024 - L 2 AS 17/22 -
Betriebskostenguthaben - Monatsprinzip - Treu und Glauben - Rechtsmissbrauch
Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de
1. Es kann im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn Leistungsberechtigte einen Anspruch auf höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung darauf stützen, dass das Jobcenter ein Betriebskostenguthaben dem falschen Monat zugeordnet habe, wenn sie in einem anderen Monat desselben Bewilligungszeitraums entsprechend zu hohe Leistungen erhalten haben.
2. Ein Rechtsmissbrauch kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Leistungsberechtigten gezielt das sog Monatsprinzip ausnutzen wollen, um insgesamt höhere Leistungen zu erhalten, als ihnen tatsächlich zustehen, obwohl ihr tatsächlicher Bedarf in jedem Monat des Bewilligungszeitraums vollständig gedeckt war, und sie aufgrund der erfolgten Direktzahlungen des Jobcenters an ihren Vermieter keinen offenen Forderungen des Vermieters für den Bewilligungszeitraum ausgesetzt waren.
2. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Bürgergeld ( SGB II )
2.1 Sozialgericht Stuttgart – Beschluss vom 21.02.2025 – S 7 AS 4623/24 ER -
Bürgergeld: Jobcenter müssen Weiterbewilligungsanträge rechtzeitig bearbeiten - Ansonsten Einstweiliger Rechtsschutz
1. Jobcenter muss Eilverfahren bezahlen wegen verspäteter Leistungserbringung.
2. Haben Leistungsbezieher der Grundsicherung nach dem SGB II/ Bürgergeld rechtzeitig ( hier 6 Wochen vor Bewilligungsende ) einen Weiterbewilligungsantrag gestellt, welcher auch keinen erheblichen Bearbeitungsaufwand ( nur 1 Änderung hinsichtlich Einkommen ) verursacht hatte, ist das Jobcenter verpflichtet rechtzeitig den Antrag auf Weiterbewilligung von Bürgergeld zu bescheiden und die Leistungen aus zu zahlen.
3. Eine alleinerziehende Mutter mit 3 Kindern muss nicht auf ihre Leistungen nach dem Bürgergeld warten, wenn das Jobcenter nicht innerhalb von 6 Wochen ihren Weiterbewilligungsbescheid beschieden hat, sie kann einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht beantragen und die Auszahlung ihrer Leistungen nach dem SGB II verlangen (§ 42 Abs. 2 SGB II ).
3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht ( SGB III )
3.1 Sächsisches LSG, Urt. v. 24.10.2024 - L 3 AL 39/22 -
Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de
1. Mit dem Begriff "arbeitsvertragswidriges Verhalten" in § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III knüpft das SGB III an die zivilrechtlichen Regelungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber an. Ein solches Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitnehmer gegen Haupt- oder Nebenpflichten aus seinem Arbeitsvertrag (vgl. §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) verstößt, seien diese kraft Gesetzes angeordnet, seien sie – wirksam – einzelvertraglich vereinbart worden. Erfasst werden auch Verstöße gegen tarifvertragliche Regelungen oder eine Betriebsvereinbarung.
2. Die Verschwiegenheitspflicht eines Arbeitnehmers ergibt sich bereits aus seiner Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Sie ist nicht nur auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen beschränkt, sondern erfasst auch alle sonstigen Tatsachen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner Stellung im Betrieb bekannt geworden sind (Anschluss an BAG, Beschluss vom 23. Oktober 2008 – 2 ABR 59/07 – NZA 2009, 855 ff. = juris Rdnr. 23).
3. Sowohl bei einer außerordentlichen als auch bei einer ordentlichen Kündigung fehlt es jedenfalls an der Kausalität zwischen arbeitsvertragswidrigen Verhalten und Kündigung, wenn der Kündigung eine arbeitsrechtlich erforderliche Abmahnung nicht vorausgegangen ist. Unter Berücksichtigung der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist eine solche zivilrechtlich rechtswidrige Kündigung unwirksam und kann das Arbeitsverhältnis nicht beenden.
4. Zur arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bezüglich einer Abwägung des Interesses des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung zumutbar ist.
4. Entscheidungen der Landessozialgerichte und Sozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB XII )
4.1 LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 24.02.2025 - L 2 SO 3616/24 -
Sozialhilfe: Vertrag über Nebenkosten zum Nachteil des Sozialhilfeträgers ist sittenwidrig, wobei auf Inhalt, Beweggrund und Zweck der getroffenen Vereinbarung abzustellen ist
1. Ein schwerbehinderter Sozialhilfeempfänger mit lebenslangem Wohnrecht in einer Dachgeschosswohnung bei seiner Schwester hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für - Instandhaltungsmaßnahmen - als Kosten der Unterkunft, wenn der Vertrag mit seiner Schwester über die Instandhaltungskosten nur abgeschlossen wurde, die Kosten für die Instandhaltung der Wohnung mittelbar durch den Kläger auf die Sozialbehörde abzuwälzen.
2. Die zwischen dem schwerbehinderten Sozialhilfebezieher und seiner Schwester getroffene Vereinbarung über die Überlassung der Wohnung verstoße gegen § 138 Abs. 1 BGB und ist daher nichtig.
Urteilsbesprechung durch Detlef Brock hier: https://www.gegen-hartz.de/urteile/sozialhilfe-bei-sittenwidrigen-zusatzvereinbarungen-zahlt-das-sozialamt-nicht-wegweisender-beschluss
Praxistipp
LSG BW, Urt. v. 08.04.2024 - L 2 SO 264/24 - BSG, Beschluss vom 20. August 2024 , Az: B 8 SO 20/24 BH - Keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Instandhaltungskosten zum Nachteil des Sozialamts ist sittenwidrig.
Ein schwerbehinderter Sozialhilfeempfänger mit lebenslangem Wohnrecht in einer Dachgeschosswohnung bei seiner Schwester hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Klimaanlage als Kosten der Unterkunft, wenn der Vertrag mit seiner Schwester über die Instandhaltungskosten nur abgeschlossen wurde, die Kosten für die Instandhaltung der Wohnung mittelbar durch den Kläger auf die Sozialbehörde abzuwälzen. Der Vertrag ist sittenwidrig und damit nichtig nach § 138 Abs. 1 BGB.
Des weiteren wäre die Kostenübernahme der Heiz- und Klimaanlage nicht angemessen im Sinne des § 35 Abs. 1 SGB XII .
4.2 SG Hannover, Beschluss vom 10.09.2024 - S 4 SO 334/24 ER – rechtskräftig - Beschwerde vom LSG Niedersachsen-Bremen zurück gewiesen
Sozialhilfe: Sozialbehörde zahlt Ausländerin bei Besuchervisum keine Krebstherapie
Gericht lehnt Übernahme von Brustkrebstherapie-Kosten durch Sozialbehörde für mit einem Besuchervisum eingereiste Patientin ab
Der Eilantrag einer ausländischen Staatsangehörigen auf Übernahme von Kosten ihrer Brustkrebstherapie in Deutschland in Höhe von etwa 80.000 € wurde vom Sozialgericht abgelehnt.
Die Antragstellerin war im November 2023 mit einem dreimonatigen Besuchervisum eingereist und hatte vor ihrer Einreise eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Nach ihrer Ankunft in Deutschland begann sie eine Krebsbehandlung, für die sie im Dezember 2023 staatliche Unterstützung beantragte.
Begründung
1. Die Antragstellerin verfüge weder über ein Aufenthaltsrecht noch liege ein Härtefall vor, der eine Kostenübernahme durch die Sozialbehörde rechtfertigen könnte, so das Gericht.
2. Besonders ausschlaggebend für die Ablehnung eines Härtefalls war für die Kammer, dass die als Ärztin in Deutschland tätige Tochter der Antragstellerin eine entsprechende Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde zur Übernahme der ärztlichen Behandlungskosten abgegeben hatte.
3. Zudem argumentierte das Gericht, dass der Antragstellerin die hohen Kosten einer Krebstherapie bekannt gewesen sein müssten und sie sich durch eine umfassendere und auch auskömmlichere Krankenversicherung hätte absichern können.
4. Ferner stellte das Gericht infrage, ob die Behandlung zwingend in Deutschland hätte erfolgen müssen. Es sei nicht ersichtlich, warum die Antragstellerin nicht die Gesundheitsversorgung in ihrem Heimatland genutzt habe. Ihre Tochter hätte die Therapie auch aus der Ferne medizinisch begleiten können.
Die Antragstellerin ist inzwischen wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt.
5. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG
5.1 Sozialgericht Trier – Beschluss vom 24.02.2025 – Az.: S 3 AY 11/25 ER
Normen: § 1 Abs. 4 AsylbLG – Schlagworte: Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 4 AsylbLG, Europarecht
Orientierungssatz Detlef Brock
1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 1 Abs. 4 AsylbLG.
2. Syrischer Staatsbürger hat Anspruch auf vorläufige Leistungen nach §§ 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz nach Regelbedarfsstufe 1.
3. Das Gericht hat erhebliche Zweifel daran, ob der Antragsteller gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG von Leistungen ausgeschlossen werden kann, denn das Gericht kann bereits eine (positive) Feststellung des BAMF, dass die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich ist, nicht erkennen.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/17/sozialgericht-trier-beschluss-vom-24-02-2025-az-s-3-ay-11-25-er/
Praxistipp
ebenso SG Trier, Beschluss vom 24.02.2025 – Az.: S 3 AY 10/25 ER
5.2 Sozialgericht Gotha – Beschluss vom 26.02.2025 – Az.: S 6 AY 2181/24 ER
Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Regelbedarfsstufe 2, Leistung nach §3 AsylbLG, Leistung nach §3a AsylbLG
Regelungen des § 3a Abs. 2 Nr. 2b und Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG sind verfassungswidrig – BSG – Vorlagebeschluss v. 26.09.2024 - B 8 AY 1/22 R
Orientierungssatz Detlef Brock
1. Vorläufige Gewährung von Grundleistungen gemäß §§ 3, 3a des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in der Bedarfsstufe 1- denn Regelungen des § 3a Abs. 2 Nr. 2b und Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG sind verfassungswidrig
2. Die Kammer geht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Vorlagebeschluss vom 26. September 2024, Az.: B 8 AY 1/22 R) davon aus, dass die entsprechenden Regelungen des § 3a Abs. 2 Nr. 2b und Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG, wonach erwachsene Leistungsberechtigte nur Anspruch auf Bedarfe der Bedarfsstufe 2 haben, wenn sie in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Abs. 1 AsylG untergebracht sind, verfassungswidrig sind.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/19/sozialgericht-gotha-beschluss-vom-26-02-2025-az-s-6-ay-2181-24-er/
5.3 Sozialgericht Trier – Beschluss vom 03.03.2025 – Az.: S 3 AY 5/25 ER
Normen: § 1 Abs. 4 AsylbLG – Schlagworte: Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 4 AsylbLG, Europarecht, keine Feststellung zu tatsächlich und rechtlich möglicher Ausreise, Stadt Trier, Sozialgericht Trier
Vorläufige Leistungen nach §§ 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz nach Regelbedarfsstufe 1 für syrischen Staatsbürger - Zweifel an der Europarechtskonformität von § 1 Abs. 4 AsylbLG
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 1 Abs. 4 AsylbLG
Orientierungssatz Detlef Brock
1. Die ernstlichen Zweifel an der Europarechtskonformität von § 1 Abs. 4 AsylbLG, die durch den Vorlagebeschluss des BSG hinreichend untermauert sind, müssen im vorliegenden Fall im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zur Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes zu Gunsten des Antragstellers ausfallen und zu einer vorläufigen Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin führen.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/20/sozialgericht-trier-beschluss-vom-03-03-2025-az-s-3-ay-5-25-er/
5.4 Sozialgericht Magdeburg – Beschluss vom 03.03.2025 – Az.: S 31 AY 13/25 ER
Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Regelbedarfsstufe 2, Leistungen nach § 3 AsylbLG, Leistungen nach § 3a AsylbL
Gewährung von Leistungen gemäß §§ 3, 3a AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1 – Folgenabwägung
Orientierungssatz Detlef Brock
1. Die Regelungen der §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG seien evident verfassungswidrig, da sie das durch Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletzten und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen.
2. Nunmehr hat der 8. Senat des BSG das Verfahren B 8 AY 1/22 R zudem ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 3a Abs. 1 Nr. 2b AsylbLG und § 3a Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG, soweit für eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende alleinstehende erwachsene Person ein Bedarf lediglich in Höhe der Bedarfsstufe 2 anerkannt wird, mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/19/sozialgericht-magdeburg-beschluss-vom-03-03-2025-az-s-31-ay-13-25-er/
5.5 Sozialgericht Gotha – Beschluss vom 24.02.2025 – Az.: S 6 AY 2193/24 ER
Normen: § 1a Abs. 3 AsylbLG – Schlagworte: Leistungskürzung, Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung, Zeitraum der Kürzung
Orientierungssatz Detlef Brock
Zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Kürzungsbescheides
1. Nach § 14 Abs. 1 AsylbLG sind die Anspruchseinschränkungen auf sechs Monate zu befristen. Die Frist von sechs Monaten beginnt mit Wirkung der Anspruchseinschränkung. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes ist nicht maßgebend.
2. Da die Leistungseinschränkung kraft Gesetzes endet, bedarf es nach Ablauf dieses Zeitraums der Überprüfung, ob die Anspruchseinschränkung aufrechterhalten bleiben kann. D. h., die Behörde muss erneut prüfen, ob die Pflichtverletzung andauert und die Voraussetzungen für eine Anspruchsänderung weiterhin erfüllt werden Die Formulierung „weiterhin erfüllt“ weist darauf hin, dass allein das zurückliegende Fehlverhalten, unabhängig davon, ob es bereits korrigiert wurde oder nicht, eine Sanktion nach sechs Monaten nicht mehr rechtfertigt.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/19/sozialgericht-gotha-beschluss-vom-24-02-2025-az-s-6-ay-2193-24-er/
5.6 Thüringer Landessozialgericht – Beschluss vom 07.03.2025 – Az.: L 8 AY 111/25 B ER
Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Regelbedarfsstufe 2, Leistungen nach § 3 AsylbLG, Leistungen nach § 3a AsylbLG, Landratsamt Greiz, Thüringer Landessozialgericht
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/20/thueringer-landessozialgericht-beschluss-vom-07-03-2025-az-l-8-ay-111-25-b-er/
5.7 Sozialgericht Fulda – Beschluss vom 17.03.2025 – Az.: S 7 AY 3/25 ER
Normen: § 1a Abs. 4 AsylbLG, § 45 SGB X – Schlagworte: Sozialgerichtliches Eilverfahren, Leistungskürzung, Ermessensentscheidung, Sozialgericht Fulda
Orientierungssatz Detlef Brock
1. Bei einer Leistungskürzung muss die Behörde „ Ermessen „ ausüben.
2. Das Zurücktreten des Vertrauensschutzes, welches erst nach dem Abwägungsprozess feststeht, ist gewissermaßen negatives Tatbestandsmerkmal für die Rücknahmeentscheidung.
3. Die Vertrauensschutzprüfung ist der Ermessensentscheidung damit zeitlich und sachlich vorgelagert (BSG, Urteil vom 5. November 1997 – 9 RV 20/96 –, juris, Rn. 16; Jan Oliver Merten in: Hauck/Noftz SGB X, 1. Ergänzungslieferung 2025, § 45 SGB 10, Rn. 44).
4. Eine Ermessensentscheidung ist demzufolge erst dann zu treffen, wenn die allgemeinen und besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmenorm vorliegen und kein Vertrauen des Begünstigten einer Rücknahme entgegensteht.
5. Dass eine solche Ermessensentscheidung im vorliegenden Fall getroffen wurde, ist der nachgeholten Begründung nicht zu entnehmen.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/20/sozialgericht-fulda-beschluss-vom-17-03-2025-az-s-7-ay-3-25-er/
5.8 Sozialgericht Trier – Beschluss vom 17.03.2025 – Az.: S 3 AY 13/25 ER
Normen: § 1 Abs. 4 AsylbLG – Schlagworte: Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 4 AsylbLG, Europarecht, keine Feststellung zu tatsächlich und rechtlich möglicher Ausreise, Stadt Trier, Sozialgericht Trier
Vorläufige Leistungen nach §§ 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz nach Regelbedarfsstufe 1 - Verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 1 Abs. 4 AsylbLG
Orientierungssatz Detlef Brock
1. Die ernstlichen Zweifel jedenfalls an der Europarechtskonformität von § 1 Abs. 4 AsylbLG, die durch den Vorlagebeschluss des BSG hinreichend untermauert sind, müssen im vorliegenden Fall im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zur Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes zu Gunsten der Antragstellerin ausfallen und zu einer vorläufigen Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin führen.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2025/03/20/sozialgericht-trier-beschluss-vom-17-03-2025-az-s-3-ay-13-25-er/
5.9 SG Halle, Beschluss v. 17.03.2025 - S 17 AY 3/25 ER -
Orientierungssatz Detlef Brock
1. § 28a Absatz 5 SGB XII findet auch im AsylbLG Anwendung und daher ist die Minusrunde ab 01.01.2025 im Bereich des AsylbLG rechtswidrig.
Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/minusrunde-im-asylblg-ab-01-01-2025/
Praxistipp
ebenso SG Marburg, Beschluss vom 14.02.2025 - S 16 AY 11/24 ER -
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE250000222
Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock