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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 22/2017

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 24.05.2017 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1. 1 BSG, Urteil v. 24.05.2017 - B 14 AS 32/16 R

Grundsicherung für Arbeitsuchender - Einkommensberücksichtigung - Einbehalt eines Teils des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber - Arbeitgeberdarlehen zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges - keine Berücksichtigung der Schuldentilgung - bereite Mittel

Mindert der Einbehalt von monatlich 100 Euro zur Rückführung eines - zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugs verwandten - Arbeitgeberdarlehens durch den Arbeitgeber das zu berücksichtigende Einkommen nach dem SGB 2?

Leitsatz ( Redakteur )


Raten zur Darlehenstilgung sind nicht vom Einkommen absetzbar.

Quelle: https://www.juris.de/jportal/portal/t/12um/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA170504221&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp





1. 2 BSG, Urteil v. 24.05.2017 - B 14 AS 16/16 R

Zur Verwertbarkeit eines selbst genutzten Hausgrundstücks von unangemessener Größe - auch keine darlehnsweise Gewährung nach § 24 Abs. 5 S. 1 SGB II bei Ablehnung einer Verwertung

Leitsatz ( Redakteur )


Wird jegliche Verwertungsbemühung eines selbst genutzten großen Hausgrundstücks durch die Vermögensinhaber verweigert, scheidet eine darlehensweise Leistungsgewährung nach § 24 Abs. 5 SGB II aus.

Quelle: https://www.juris.de/jportal/portal/t/12um/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA170504221&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp





2. Entscheidungen  des Bundessozialgerichts vom 08.03.2017 zur Sozialhilfe ( SGB XII )

2. 1 Bundessozialgericht, Urteil vom 8.3.2017 - B 8 SO 20/15 R

Sozialgerichtliches Verfahren - notwendige Beiladung des überörtlichen Sozialhilfeträgers - Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Leistungserbringungsrecht - Bindung des örtlichen Sozialhilfeträgers an mit dem überörtlichen Sozialhilfeträger bestehende Vereinbarungen - Zuständigkeit für den Abschluss von Vereinbarungen - Übernahme einer Vergütung nach § 75 Abs 4 SGB 12

Heimvergütung für die Unterbringung in NRW: Nichtigkeit der Verträge


Die überörtlichen Sozialhilfeträger in Nordrhein-Westfalen haben nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) seit Jahren unwirksame und damit nichtige Verträge über die Heimvergütung für die Unterbringung behinderter Menschen abgeschlossen. Denn grundsätzlich ist nach Bundesrecht der örtliche und nicht der überörtliche Sozialhilfeträger ermächtigt, entsprechende Vergütungsvereinbarungen mit den Heimträgern zu vereinbaren.

Eine Ausnahme gebe es nur, wenn landesrechtliche Bestimmungen die überörtlichen Sozialhilfeträger zur Vertragsschließung ermächtigen. Dies sei in NRW aber nicht ersichtlich.

weiter: http://www.juraforum.de/recht-gesetz/heimverguetung-fuer-die-unterbringung-in-nrw-nichtigkeit-der-vertraege-585941





3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II )

3. 1 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 24.01.2017 - L 9 AS 2069/15

Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung - Laktoseintoleranz - Heranziehung der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge - keine Mehrkosten - Zumutbarkeit von Einsparungen bei anderen Lebensmitteln - Bagatellgrenze

Kein Mehrbedarf für Hartz-IV-Empfänger mit Laktoseintoleranz.

Leitsatz ( Redakteur )


Eine Laktoseintoleranz begründet keinen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=190176





3. 2 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 06.12.2016 - L 9 AS 4043/13

Das Einfamilienhaus des Klägers ist nicht angemessen im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II.

Leitsatz ( Juris )

Die Angemessenheit eines selbstgenutzten Hausgrundstücks gem. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II richtet sich (allein) nach den Wohnflächengrenzen des 2. WoBauG und nicht nach der Einhaltung der nach der Wohnflächenverordnung bzw. der aktuellen Landesbauordnung erforderlichen Raumhöhe für Aufenthaltsräume. Nachträgliche Änderungen der Landesbauordnung sind nicht zu berücksichtigen, solange die weitere Nutzung der Räume weder baurechtlich untersagt wird noch wesentlich eingeschränkt ist.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=189526&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





3. 3 LSG Hamburg, Urt. v. 13.04.2017 - L 4 AS 384/16

Zur Erstattung von Kosten für eine vom Kläger durchgeführte Weiterbildung zur Erlangung eines Schweißerzertifikats - selbstbeschaffte Weiterbildungsmaßnahme - Bildungsgutschein - keine Ermessensreduzierung auf Null

Leitsatz ( Redakteur )


1. Dem Anspruch steht allerdings nicht entgegen, dass der Beklagte dem Kläger keinen Bildungsgutschein erteilt hat. Zwar sieht § 81 Abs. 4 SGB III vor, dass das Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen durch Ausstellung eines Bildungsgutscheins bescheinigt wird, der dem Weiterbildungsträger vor Beginn der Maßnahme vorzulegen ist. Es ist jedoch Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedanken im Sozialrecht, dass bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Fall einer rechtswidrigen Leistungsablehnung die Kosten für die selbstbeschaffte Leistung zu erstatten sind (vgl. BSG, Urteil vom 6.8.2014 – B 4 AS 37/13 R, und Urteil vom 23.5.2013 – B 4 AS 79/12 R; siehe auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24.5.2016 – L 2 AL 54/10; LSG Hamburg, Urteil vom 21.1.2015 – L 2 AL 37/12 unter Berufung auf § 15 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch).

2. Voraussetzung für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften Leistung ist jedoch, dass ein Anspruch auf diese Leistung bestand. Nur wenn ein Anspruch auf die Leistung bestand, kann bei einer Selbstbeschaffung der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des sog. Primäranspruchs treten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.5.2016 – L 8 AL 1234/15; LSG Mecklenburg-Vorpommern aaO; LSG Hamburg aaO). Hier hatte der Kläger aber keinen Anspruch auf Förderung der durchgeführten Weiterbildungsmaßnahme.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192577&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





3. 4 Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15.12.2016, L 6 AS 223/16 B ER

Kein ALG II bei bloß tatsächlichem Teilzeitstudium, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt


Von einigen Landessozialgerichten wurde ein ALG-II-Anspruch auch bei einem bloß faktischen Teilzeitstudium angenommen, also wenn ein Vollzeitstudiengang tatsächlich – etwa aus persönlichen, familiären oder gesundheitlichen Gründen – nicht in Vollzeit studiert werden kann. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht ist dieser Rechtsprechung nicht gefolgt. Mehr hier:

https://sozialberatung-kiel.de/2017/05/24/kein-alg-ii-bei-bloss-tatsaechlichem-teilzeitstudium/

Rechtstipp: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.09.2015 - L 31 AS 2074/15 B ER rechtskräftig

Teilzeitstudium - Leistungsausschluss - Folgenabwägung - einstweiliger Rechtsschutz

Leitsatz ( Juris )

1. Einem Antragsteller, der behauptet ein Teilzeitstudium zu betreiben, können Grundsicherungsleistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allenfalls im Rahmen einer Folgenabwägung zugesprochen werden.

2. Ließe man Studierenden nach, das Studium durch Reduzierung auf Teilzeit abstrakt der Förderfähigkeit nach BAföG zu entziehen und so in den Genuss von SGB II - Leistungen zu kommen, wären die Fördergrenzen (Altersgrenze, Förderungshöchstdauer, Rückzahlungspflicht) des BAföG praktisch wirkungslos.





3. 5 Hessisches Landessozialgericht, Urteil v. 27.03.2017 - L 9 AS 331/15 - rechtskräftig

§ 79 Abs. 1 SGB II verstößt nicht gegen das verfassungsrechtlich verankerte Rückwirkungsverbot.

Leitsatz der Vorinstanz


1. Erstattungsansprüchen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber Rentenversicherungsträgern aus § 40a Satz 2 SGB II steht bei Leistung des Rentenversicherungsträgers an den Leistungsberechtigten im Zeitraum vom 31. Oktober 2012 bis 5. Juni 2014 in der Regel die Vorschrift des § 79 Abs. 1 SGB II entgegen.

2. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende können sich gegenüber dem rückwirkend geltenden § 79 Abs. 1 SGB II bei Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot berufen.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192674





3. 6 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.05.2017 - L 19 AS 772/17 B ER - rechtskräftig

Übernahme von Mietschulden durch den Grundsicherungsträger - Fortschreibung schlüssiges Konzept in etwa alle 2 Jahre

Leitsatz ( Redakteur )


1. Die Übernahme von Mietschulden für eine unangemessene Wohnung i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II nach § 22 Abs. 8 SGB II grundsätzlich nicht gerechtfertigt (vgl. exemplarisch Senat, Beschluss vom 03.03.2012 - L 19 AS 2233/11 B ER unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R -).

2. Desweiteren ist die Übernahme der Mietschulden deshalb nicht gerechtfertigt, weil nicht absehbar ist, dass die Zahlung der vollen Unterkunftskosten durch die Antragsteller in Zukunft gesichert sein könnte. Angesichts der nicht unerheblichen Differenz zwischen den angemessenen und den tatsächlichen Unterkunftskosten und einer nicht allein hieraus erklärlichen Höhe der Mietrückstände der Antragsteller, ist nicht davon auszugehen, dass sie zukünftig in der Lage sein werden, den Differenzbetrag aus ihrer Regelleistung zu bestreiten. Hinzu tritt der Gesichtspunkt, dass im Falle der Gewährung eines Darlehens nach § 22 Abs. 8 SGB II dieses sofort nach Auszahlung mit einer monatlichen Aufrechnung in Höhe von 10% der Regelleistung nach § 42a Abs. 2 SGB II zu tilgen wäre und künftig nicht einmal die volle Regelleistung zur Verfügung stünde. Eine konkrete Aussicht auf wesentliche Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

3. Ein schlüssiges Konzept ist (in etwa) alle 2 Jahre fortzuschreiben ( SG Dortmund, 17.03.2017 - S 19 AS 4276/16). Dieses Intervall entspricht den normativen Vorgaben sowohl für die Fortschreibung qualifizierter Mietspiegel nach § 558b Abs. 2 S. 1 BGB wie auch für die Aktualisierung der Festlegung von Angemessenheitsgrenzen durch Satzung nach § 22c Abs. 2 SGB II. Es ist zunächst kein sachlich einleuchtender Grund ersichtlich, hinsichtlich der Aktualisierung "schlüssiger Konzepte" strengere oder aber weniger strenge Anforderungen (in diesem Sinne wohl LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 05.12.2016 - L 15 AS 257/16 B ER) zu stellen.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192677&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





3. 7 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 7. Senat, Beschluss vom 19.05.2017, L 7 AS 5/16 B

Leitsatz ( Juris )

1. Eine Kopie im Sinne des anwaltlichen Vergütungsrechts nach Nr. 7000 VV RVG ist nur in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (n.F.) die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, beispielsweise auf Papier, Karton oder Folie.

2. Nach Nr. 7000 Nr. 1 Buchstabe a VV RVG n.F. entsteht für das bloße Einscannen von Urkunden, Dokumenten oder sonstigen Unterlagen keine Dokumentenpauschale.

3. Nr. 7000 VV RVG ist nicht verfassungswidrig, insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 20a GG vor.

Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=7419A831DC56384378565E31AE30A587.jp26?doc.id=JURE170029311&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint





3. 8 LSG München, Beschluss v. 27.04.2017 – L 7 AS 277/17 B ER

Begründete Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit der Verpflichtung zur vorläufigen Leistung

Leitsatz ( Juris )


1 Ein während der laufenden Widerspruchsfrist eingehendes Schreiben ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung als Widerspruch auch gegen einen vermeintlich bestandskräftig gewordenen Bescheid auszulegen. (redaktioneller Leitsatz)

2 Aus der fehlenden Vorsprache beim Beschwerdegegner darf nicht auf eine vermeintlich nicht bestehende Hilfebedürftigkeit geschlossen werden. Die Verknüpfung von Vorprache und Feststellung der Hilfebedürftigkeit ist sachwidrig. Es ist dann nach Aktenlage zu entscheiden oder zur Mitwirkung aufzufordern. (redaktioneller Leitsatz)

3 Auch ein als Abhilfebescheid bezeichneter Bescheid hilft nur ab, wenn er tatsächlich in vollem Umfang dem Widerspruchsbegehren entspricht. Ist das nicht der Fall, handelt es sich allenfalls um einen Teilabhilfebescheid mit der Folge, dass das anderweitige noch offene Vorverfahren zum Abschluss zu bringen ist. (redaktioneller Leitsatz)

4 Im Rahmen der Folgenabwägung und unter Einbeziehung der Verletzung von Mitwirkungspflichten sind vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Diese unterliegen Einschränkungen, indem Kosten für Unterkunft und Heizung mangels Eilbedürftigkeit durch fehlende Gefährdung der Unterkunft nicht und der Regelbedarf befristet sowie mit einem Abschlag zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache zu gewähren ist. (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:
Leistung, Bedarfsgemeinschaft, Bewilligung, einstweiliger Rechtsschutz, Abhilfebescheid, Hilfebedürftigkeit, Einfamilienhaus, Unterlagen, Nachweis

Quelle: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2017-N-109510?hl=true 





4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II )

4. 1 Sozialgericht Dortmund, Urt. v. 16.05.2017 - S 19 AS 2534/15

Hartz IV: Jobcenter streiten über Schulgeld für Besuchskinder - Trennungskinder

Hinweis Gericht


Das Schulgeld für Kinder von Langzeitarbeitslosen muss das Jobcenter zahlen, in dessen Bezirk die Schüler ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies gilt auch dann, wenn sie sich zum Stichtag am Beginn des Schulhalbjahres bei dem umgangsberechtigten Elternteil im Zuständigkeitsbereich eines anderen Jobcenters aufhalten.

Leitsatz ( Redakteur )

Schuldgeld ist nicht in der Bedarfsgemeinschaft des umgangsberechtigten Elternteils zu berücksichtigen.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192684&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





4. 2 SG Augsburg, Beschluss v. 16.05.2017 – S 8 AS 401/17

Hemmung der Verjährung wegen schwebenden Vergleichsverhandlungen

Leitsatz ( Juris )


Hemmung der Frist für eine Untätigkeitsklage bei Vergleichsverhandlungen entsprechend den Regelungen des BGB.

Quelle: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2017-N-109980?hl=true





4. 3 Sozialgericht Nordhausen, Urt. v. 16.01.2017 - S 31 AS 2363/14 -rechtskräftig

Leitsatz ( Juris )


1. Ein Anspruch auf Freistellung vom Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten nach § 63 SGB X ist ausgeschlossen, wenn der Mandant im Zeitpunkt des Kostenerstattungsantrags die Einrede der Verjährung erheben könnte (Anschluss an S 31 AS 818/14). Dies gilt unabhängig davon, ob der Mandant aktuell die Einrede der Verjährung erheben würde.

2. Der Beklagte ist berechtigt, die Erstattung der Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten unter Hinweis auf die Kostenminderungspflicht abzulehnen.

3. Es spricht vieles dafür, von einer dreijährigen Verjährungsfrist der Ansprüche nach § 63 SGB X auszugehen (obiter dictum).

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192416&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive





5. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Arbeitsförderung ( SGB III )

5. 1 Sächsisches Landessozialgericht, Urteil v. 09.02.2017 - L 3 AL 274/15 - Revision anhängig beim BSG unter dem Az. B 11 AL 4/17 AR

Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs - Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme - Angebot außerhalb einer Eingliederungsvereinbarung

Sperrzeit für Arbeitslose bei Nichttteilnahme an einer Maßnahme auch rechtens, wenn die Maßnahme nicht Inhalt der EGV war.

Leitsatz ( Redakteur )


Eine Agentur für Arbeit kann einer oder einem Arbeitslosen eine berufliche Eingliederungsmaßnahme auch außerhalb einer Eingliederungsvereinbarung anbieten. Die Sperrzeitregelung in § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III wiederum stellt nur darauf ab, dass eine berufliche Eingliederungsmaßnahme abgelehnt wurde, und nicht darauf, auf welcher Grundlage sie der oder dem Arbeitslosen angeboten wurde.



Hinweis: Habel: Zum Eintritt einer Sperrzeit bei Ablehnung einer Maßnahme, die nicht Gegenstand einer bestehenden Eingliederungsvereinbarung ist.veröffentl.icht in NZS 2017, 398

Zum Eintritt einer Sperrzeit bei Ablehnung einer Maßnahme, die nicht Gegenstand einer bestehenden Eingliederungsvereinbarung ist

SGB III § 3 Abs. 2, § 5, § 37, § 45, § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 4

1. Die Agentur für Arbeit kann einer Arbeitslosen oder einem Arbeitslosen auch außerhalb einer bestehenden Eingliederungsvereinbarung eine Maßnahme zur beruflichen Eingliederung anbieten.

2. Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, die auf Grundlage einer Eingliederungsvereinbarung erbracht werden, stehen neben solchen, die auf Grundlage von § 5 SGB III erbracht werden; eine Vorrangregelung existiert nicht.

3. Der Sperrzeittatbestand des § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB III differenziert nicht danach,
auf welcher Grundlage die abgelehnte Maßnahme angeboten wurde.

4. Eine Sperrzeit tritt auch dann ein, wenn eine Arbeitslose oder ein Arbeitsloser eine Maßnahme ablehnt, die nicht Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung ist.
(Redaktionelle Leitsätze)

Sächsisches LSG, Urteil vom 9.2.2017 – L 3 AL 274/15





5. 2 Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 05.04.2017 - L 2 AL 68/16

Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung ihres nach erfolgter unwiderruflicher Freistellung von der Arbeitsleistung erzielten Einkommens aus abhängiger Beschäftigung bei der Bemessung oder des im Jahr vor der Freistellung erzielten Arbeitsentgelts ( verneinend ).

Leitsatz ( Redakteur )


Im Bemessungszeitraum nach § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III können lediglich die Entgelte berücksichtigt werden, die aufgrund einer Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinn gezahlt wurden. Hierzu gehören nicht Entgelte, die für Zeiträume nach einer erfolgten Freistellung von der Arbeit gezahlt werden (so ausdrücklich zuletzt Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Juli 2016 – L 10 AL 133/16 NZB, ebenso BSG vom 30. April 2010 – B 11 AL 160/09 B ).

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192395&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





6. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Arbeitsförderung ( SGB III )

6. 1 Sozialgericht Braunschweig vom 07.03.2017 - S 9 AL 146/13

Leitsatz RA Michael Loewy


Es liegt keine grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht eines Leistungsempfängers über seinen gewöhnlichen Aufenthalt gegenüber der Bundesagentur für Arbeit vor, sofern dieser seinen Umzug dem Jobcenter mitgeteilt hat. Es hat insoweit dem Jobcenter oblegen, den Umzug der Bundesagentur für Arbeit mitzuteilen.

Quelle: https://www.anwaltskanzlei-loewy.de/urteile/





7. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB XII )

7. 1 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 27.03.2017- L 15 SO 333/16 B ER - rechtskräftig

Anordnungsanspruch - Stromschulden - Ermessen

Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme rückständiger Stromkosten i.H.v. 13.450,39 Euro als verlorenen Zuschuss, hilfsweise als Darlehen ( hier ablehnend )

Leitsatz ( Redakteur )


1. § 36 SGB XII gewährt keinen gebundenen Leistungsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, die bei drohender Wohnungslosigkeit - also auch im Fall des Antragstellers - eingeschränkt ist. Für die Ermessensentscheidung über die Übernahme von Energiekostenrückständen sind im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau alle Umstände des Einzelfalles erheblich. Zu berücksichtigen sind die Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des eventuell von der Räumung (oder der Energiesperre) bedrohten Personenkreises, das in der Vergangenheit von dem Hilfesuchenden gezeigte Verhalten (erstmaliger oder wiederholter Rückstand, eigene Bemühungen, entstandene Rückstände auszugleichen) und ein erkennbarer Wille zur Selbsthilfe (Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Januar 2014 – L 9 SO 532/13 B ER ). Danach ist die Ermessensentscheidung des Antraggegners im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.

2. Die Höhe der Rückstände ist enorm und lässt sich nicht nachvollziehbar erklären, auch nicht unter Berücksichtigung der vom Antragsteller vorgebrachten Argumente, nämlich insbesondere der hohen Belastung durch die psychisch kranken Söhne und auch eine eigene Erkrankung. Der Antragsteller hätte sehr viel früher, und nicht erst nach Jahren, in denen immer wieder Stromschulden aufgelaufen sind, die Heizungsart wieder auf Kohle umstellen müssen.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192304&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





7. 2 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 23.03.2017 - L 9 SO 538/16 - Die Revision wird zugelassen

Zur Frage, ob das im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes erzielte Taschengeld ( hier in Höhe von 200,00 EUR ) als Einkommen anzurechnen gewesen ist.

Die Härteklausel des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII findet auf das im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes erzielte Taschengeld Anwendung. § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII ermöglicht es dem Sozialhilfeträger, von einer Einkommensanrechnung ganz oder teilweise abzusehen, um Ungleichbehandlungen und besondere Härten zu vermeiden.

Leitsatz ( Juris )


§ 82 Abs. 3 S. 3 SGB XII ist auf das im Rahmen des Bundes freiwilligen Dienstes erzielte Taschengeld mit dem Ergebnis anzuwenden, dass der gesamte monatliche Verdienst in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 7 S.1 Alg II-VO in der Fassung vom 01.01.2013 bis 31.07.2016, ab dem 01.08.2016 § 11b Abs. 2 S. 6 SGB II vollständig zu berücksichtigen ist.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192336&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





8. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

8. 1 VG Berlin, Urt. v. 16.05.2017 - 4 K 572.16 A, 4 K 683.16 A

Flüchtlingsanerkennung für syrische "Wehrdienstentzieher"

Das VG Berlin hat in zwei Grundsatzurteilen entschieden, dass syrische Männer, die sich durch ihre Flucht aus Syrien dem Wehrdienst entzogen haben, unter bestimmten Voraussetzungen die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus beanspruchen können.

Gegen die Urteile ist der Antrag auf Zulassung der Berufung zum OVG Berlin-Brandenburg statthaft.

Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin Nr. 18/2017 v. 22.05.2017



Rechtstipp: VG Göttingen 3. Kammer, Urteil vom 22.03.2017, 3 A 25/17

Flüchtlingsanerkennung für syrische Familie; Wehrdienstentziehung; minderjährige Kinder; inländische Fluchtalternative

1. Rückkehrenden syrischen Asylbewerbern droht gegenwärtig unabhängig von einer Vorverfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung wegen (illegaler) Ausreise, Asylantragstellung und des nicht nur kurzfristigen Aufenthalts im westlichen Ausland (im Anschluss an VG Sigmaringen, Urteil vom 31.01.2017 - A 3 K 4482/16 -, juris, Rn. 27 - 113).

2. Darüber hinaus droht Rückkehrern im wehrdienstfähigen Alter unabhängig von einer Vorverfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, in Syrien menschenrechtswidrigen Behandlungen ausgesetzt zu sein. Gleich wahrscheinlich ist es, dass wehrfähige Rückkehrer der Gefahr ausgesetzt sind, in einer die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG erfüllenden Weise zum Wehrdienst herangezogen zu werden.

3. Auch minderjährigen syrischen Kindern ist - ebenso wie Ehefrauen - die Flüchtlingseigenschaft wegen Rückkehrergefährdung infolge Reflexverfolgung zuzuerkennen.

Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod?feed=bsnd-r-vwg&showdoccase=1&paramfromHL=true&doc.id=MWRE170005380





8. 2 So unterschiedlich kürzen Jobcenter den Hartz IV-Empfängern das Existenzminimum

EXKLUSIV: Wir zeigen, wie ungleich die mehr als 400 Jobcenter Arbeitslose behandeln

weiter: https://correctiv.org/recherchen/arbeit/artikel/2017/05/23/so-unterschiedlich-kuerzen-jobcenter-den-hartz-iv-empfaengern-das-existenzminimum/





8. 3 Neue Info-Broschüre zum Thema "Konfrontiert mit dem Ablehnungsbescheid.
Was nun?


Weiter: http://www.frnrw.de/fileadmin/frnrw/media/Ehrenamtliche/20170515_WebVersion_Final.pdf 





8. 4 VG Chemnitz, Urteile vom 11. Mai 2017, 7 K 3769/16.A und 7 K 2874/16.A

Kein subsidiärer Schutz für Asylbewerber aus Libyen im Hinblick auf einen möglichen innerstaatlichen Konflikt

Ausgangspunkt der von der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Chemnitz am 11.05.2017 getroffenen Entscheidungen ist der § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Ziffer 3. AsylG. Demnach ist ein Ausländer, soweit er nicht bereits als Asylberechtigter beziehungsweise Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG anzuerkennen ist, subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorbringen kann, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Unabhängig von der Frage, inwieweit in Libyen noch flächendeckend ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt anzunehmen ist, geht die Kammer in ihrer Entscheidung davon aus, dass für Zivilpersonen ohne das Hinzutreten besonderer persönlicher gefahrerhöhender Gründe zumindest für den Großraum Tripolis derzeit keine ernsthafte und individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt vorliegt, so dass hier auch für Personen aus anderen Landesteilen eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht.

Für eine solche ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson ist es nicht ausreichend, wenn der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu einer permanenten Gefährdung der Bevölkerung führt.

weiter: https://www.justiz.sachsen.de/vgc/content/1118.php?page=1&behoerde=0&stichwort=&startdate=2017-01-01&enddate=2017-12-31 





8. 5 Hier die Kurzmitteilungen 4/2017 (Mai 2017) von SOZIALRECHT JUSTAMENT.

Inhalt der Ausgabe sind zwei Gerichtsentscheidungen des Landessozialgerichts Hessen im Bereich des SGB II.


Die eine Entscheidung (LSG Hessen, 29.03.2017- L 6 AS 334/16) beschäftigt sich mit einer nicht genehmigten Ortabwesenheit im Monat der Antragstellung. Das LSG Hessen hat hier Leistungen zugesprochen. Die rechtliche Begründung geht über den Einzelfall hinaus. Die Revision wurde zugelassen.

Die andere Entscheidung (LSG Hessen vom 11.10.2016 - L 7 AS 139/16) setzt sich mit der Frage auseinander, ob MigrantInnen die oftmals hohen Kosten für die Passbeschaffung oder verlängerung vom Jobcenter erhalten können.

Download:

http://www.sozialrecht-justament.de/neu-kurzmitteilungen-zum-sozialrecht-sgb-ii-sgb-xii/kurzmitteilungen-mai-2017/

http://www.sozialrecht-justament.de/neu-kurzmitteilungen-zum-sozialrecht-sgb-ii-sgb-xii/





Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

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