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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 24/2014

 



1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 04.06.2014 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)



 



1.1 BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 53/13

Die WAV des Landes Berlin ist für die Zeit vom 1.5.2012 bis zum 31.7.2013 insgesamt rechtswidrig und unwirksam - Die Verwendung der Werte des bundesweiten Heizspiegels sind nicht geeignet eine Gesamtangemessenheitsgrenze ausreichend zu begründen, weil es nur ein Grenzwert ist (BSG vom 12.5.2013 - B 14 AS 60/12 R ).



 



Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2014&nr=13422



 



Anmerkung 1 : Aktuell anderer Auffassung SG Berlin, Urt. v. 28.04.2014 - S 82 AS 28836/12 - Die Wohnaufwendungenverordnung (WAV) in der Fassung vom 3. April 2012 ist wirksam.



 



Anmerkung 2: BSG kippt Heiz-Pauschalen für Hartz-IV-Empfänger: http://www.morgenpost.de/berlin/article128775206/Sozialgericht-kippt-Heiz-Pauschalen-fuer-Hartz-IV-Empfaenger.html



 



 



 



1.2 BSG, Urteile vom 04.06.2014 - B 14 AS 41/13 R und - B 14 AS 42/13 R

Die Rentenzahlungen sind Tilgungsleistungen zur Finanzierung eines Eigenheims gleichzustellen.

Leitsätze (Autor)

Die von den Leistungsbeziehern gezahlte monatliche Rente iHv von 440 Euro an die frühere Eigentümerin des von ihnen nun bewohnten und in ihrem Eigentum stehenden Hauses ist nicht als Aufwendung für die Unterkunft anzuerkennen.

In der hier vorliegenden Ausgestaltung des Übergabevertrages sind die Rentenzahlungen in der Gesamtheit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zivilrechtlich als Kaufpreis für den Erwerb des Grundstücks anzusehen und daher nach dem SGB II nicht anders zu behandeln wie die monatlichen Tilgungsraten nach einem Grundstückskauf. Die Übernahme solcher Raten ist nach der Rechtsprechung des BSG, an der festgehalten wird, nur in solchen besonderen Ausnahmefällen angezeigt, in denen es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Alg II bereits weitgehend abgeschlossen ist (vgl BSG vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R). So lagen die Verhältnisse hier bei dem Alter der früheren Eigentümerin nicht.



 



Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2014&nr=13422



 



 



1.3 BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 38/13 R

Leitsatz (Autor)
Arbeitgeber muss Jobcenter kostenfrei Auskunft erteilen.


Verfassungsrecht steht dem nicht entgegen. Der Ausschluss einer Kostenerstattung für Arbeitgeberauskünfte ist sowohl mit Art 12 Abs. 1 GG als auch - im Vergleich mit Auskunftsverpflichteten, denen ein Anspruch eingeräumt ist (§ 60 Abs 2 und 4 SGB II) -  mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar.



 



Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2014&nr=13422



 



 



1.4 BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 30/13 R



 



Leitsatz (Autor)
Keine Bagatellgrenze von 10 % des Regelbedarfs für die Umgangskosten mit Kind, denn dafür gibt es im SGB II keine Rechtsgrundlage.



 



Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2014&nr=13420&pos=0&anz=13



 



 



 



2. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 05.06.2014 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)



 



2.1 BSG, Urteil vom 05.06.2014 - B 4 AS 49/13 R

Ein (teilweiser) ungenutzter Freibetrag kann sich nicht auf andere Einkommensarten auswirken.

Leitsätze (Autor)

Der Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. ist nur bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen, nicht jedoch von anderen Einkommensarten.

Absetzungen vom Einkommen sind nur vorzunehmen, soweit die abzugsfähige Belastung nicht bereits (vorab) in voller Höhe oder anteilig abgesetzt worden ist. Bei dem Freibetrag nach dieser Vorschrift handele es sich um eine Pauschale, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, ein bestimmter in diese eingeflossener Betrag stünde durch den nicht vollständigen Verbrauch der Pauschale noch zum anderweitigen Abzug zur Verfügung.



 



Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2014&nr=13424



 



 



 



2.2 BSG, Urteil vom 05.06.2014 - B 4 AS 31/13 R

Ein "SGB II-Aufstocker" kann auch notwendige Leasingraten für einen Pkw von seinem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit absetzen.



 



Medienbericht des BSG dazu:
Bei sogenannten "Aufstockern", die neben den SGB II-Leistungen Betriebseinnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit erzielen, sind -  neben dem auch für abhängig Beschäftigte geltenden Pauschbetrag in Höhe von 100 Euro für Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen, Altersvorsorgebeträgen und die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen -  von den Einnahmen zusätzlich auch Betriebsausgaben abzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit den Betrag von 400 Euro nicht übersteigt. Aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Alg II -V ("mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzenden Beträge") ergibt sich, dass es nicht zu einer zweifachen Absetzbarkeit von Betriebsausgaben kommt.



 



Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2014&nr=13423&pos=0&anz=14 



 



 



 



3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)



 



3.1 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.03.2014 - L 29 AS 252/14 B ER - rechtskräftig

Keine Vorlagepflicht im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz am EuGH - Italienische Staatsbürgerin hat kein Anspruch auf ALG II.


Leitsätze (Autor)
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass er eine Europarechtswidrigkeit dieser Regelung nicht feststellen kann. Im Anschluss an die Entscheidung des 20. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 29. Februar 2012 ( L 20 AS 2347/11 B ER) hat der Senat schon mehrfach darauf hingewiesen (unter anderen in den Beschlüssen vom 5. März 2012, L 29 AS 414/12 B ER, vom 7. Juni 2012, L 29 AS 920/12 B ER, vom 12. Juni 2012, L 29 AS 914/12 B ER, vom 22. Juni 2012, L 29 AS 1252/12 B ER und vom 9. November 2012, L 29 AS 1782/12 B ER), dass nur eine Überzeugung von der Europarechtswidrigkeit dieser Regelung ausnahmsweise berechtigen könnte, dieses formelle Gesetz nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung eines in Kraft getretenen Gesetzes (hier § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II) stellt einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar (vgl. zur Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009, 1 BvR 2492/08) und birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG). Nicht zuletzt deshalb ist nach Art. 100 GG ein Gesetz auch nur dann nicht anzuwenden und das Verfassungsgericht anzurufen, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=168411&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



Anmerkung: Anderer Auffassung LSG NRW, Beschluss vom 31.01.2013 - L 2 AS 2457/12 B ER und - L 2 AS 2458/12 B ER - .



 



 



 



3.2 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.03.2014 - L 20 AS 502/14 B ER

Grundsicherung für Arbeitsuchende für EU-Ausländer - kein Anspruch auf vorläufige Leistungsbewilligung im Hinblick auf anhängiges Verfahren beim EuGH

Leitsatz Autor)


Rumänische Staatsangehörige sind von SGB II- Leistungen ausgeschlossen.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=168409&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



Anmerkung: gleicher Auffassung für einen britischen Staatsbürger LSG BB, Beschl. v. 20.03.2014 - L 29 AS 514/14 B ER - Der Senat ist auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R - Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften [EuGH]) nicht von der Europarechtswidrigkeit der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II überzeugt und hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.



 



 



3.3 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.03.2014 - L 29 AS 814/11

Zur Geltendmachung eines Ersatzanspruches nach § 34 SGB II durch das Jobcenter wegen Umschulung

Leitsätze (Autor)

Der Antragstellerin ist kein sozialwidriges Verhalten im Sinne von § 34 SGB II vorzuwerfen, denn ihre Entscheidung, die bisher ausgeübte Tätigkeit als Krankenpflegerin/Krankenschwester aufzugeben und eine Umschulung zur Logopädin zu beginnen, ist nachvollziehbar.

Zu berücksichtigen waren hier die gesundheitliche Situation (Herzrhythmusstörungen) der Klägerin unter Berücksichtigung der beruflichen Belastung als Krankenschwester (Hauspflegedienst) sowie dass die Klägerin als alleinerziehende Mutter einer damals 17-jährigen Tochter einen größeren Zuwendungsbedarf für diese und sich deshalb nicht mehr in der Lage zur Erbringung der geforderten erheblichen Überstunden und Wochenendarbeit sah.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=168410&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



 



 



3.4 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.03.2014 - L 13 AS 325/11

Angelegenheiten nach dem SGB II - Aufhebung vorläufig gewährter Leistungen - Auslegung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides als endgültige Festsetzung nach vorläufiger Festsetzung - keine Präjudizwirkung der Gründe des Vorläufigkeitsvorbehalts - kein Saldierungsverbot


1. Die Auslegung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides kann im Einzelfall ergeben, dass es sich um eine endgültige Festsetzung nach vorläufiger Festsetzung der Leistungen nebst Rückforderung des überzahlten Betrages handelt, auch wenn der Bescheid dies nicht ausdrücklich erwähnt.

2. Eine vorläufige Entscheidung bewirkt keine Präjudizwirkung dergestalt, dass der endgültige Bescheid nur aus den ausdrücklich genannten Gründen der Vorläufigkeit von der vorläufigen Festsetzung abweichen dürfte.

3. Bei endgültiger nach vorläufiger Festsetzung der Leistungen gilt das Saldierungsverbot (Verrechnung von Überzahlungen in einzelnen Monaten mit zu geringen Leistungen in anderen Monaten) nicht, da die vorläufige Regelung als einstweilige Regelung insoweit keine Rechtssicherheit schaffen kann.



Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE140009007&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint



 



 



 



3.5 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 03.04.2014 - L 7 AS 827/12

Leitsätze (Autor)
Im Falle eines verschwiegenen Vermögens (Sparguthaben) besteht keine Rechtsgrundlage für die Beschränkung der Leistungsaufhebung und Erstattung auf das fiktiv bei rechtmäßiger Anzeige maximal zu verbrauchende Vermögen (a. A. LSG Sachsen Anhalt, Urt. v. 25. Juli 2012 - L 5 AS 56/10).


Die erfolgte Berücksichtigung der tatsächlich vorhandenen Vermögenssummen zu jedem Antragszeitpunkt entspricht auch der durchgehend geltenden Rechtslage im SGB II, weil nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl.: Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 14/08 B) die Berücksichtigung von Vermögen iSv § 12 SGB II nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen dem bisherigen Recht der Arbeitslosenhilfe folgt.

Weder das SGB II noch die Verordnung nach § 13 SGB II enthält eine Vorschrift, die der wiederholten Berücksichtigung von Vermögen entgegensteht. Vielmehr spricht der in § 3 Abs. 1 und 3 sowie § 9 Abs. 1 SGB II statuierte Grundsatz der Subsidiarität - auch nach der einhelligen Meinung in der Kommentarliteratur zu § 12 SGB II (vgl. nur: Mecke in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 12 Rn 49) - dafür, dass tatsächlich vorhandenes Vermögen auch mehrfach mit leistungsausschließender Wirkung zu berücksichtigen ist. Hieran kann auch die Konstruktion von das Vermögen mindernden Erstattungsverpflichtungen nichts ändern. Unabhängig von der Frage des Entstehungszeitpunkts von Erstattungsansprüchen wegen rechtswidriger Leistungsbewilligung mindern derartige Verpflichtungen als Verbindlichkeiten weder den Vermögenswert noch die Möglichkeiten der Verwertbarkeit.



 



Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE140009011&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint



 



 



 



Anmerkung: Gleicher Auffassung LSG Baden-Württemberg; Urteil vom 22. Juli 2011 - L 12 AS 4994/10, LSG BB, Urteil vom 12. März 2010 - L 5 AS 2340/08; a. A. Für eine Beschränkung des Rückforderungsbetrags auf das (fiktiv) bei rechtzeitiger und vollständiger Angabe maximal zu verbrauchende Vermögen als gebotene Wiederherstellung der „materiell zutreffenden Rechtslage“ LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Juli 2012 - L 5 AS 56/10 - und Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 30. Juni 2011 - S 13 AS 1217/09, unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 18.07.1986 - 5 B 10/85; Geiger, in: Münder, SGB II, 5. Aufl. 2013, § 12 Rn. 87; Berlit, in: info also 2011, 223, 225 ff - und aktuell Sozialgericht Landshut, Urteil vom 05.02.2014 - S 10 AS 390/12 - .



 



 



3.6 Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.01.2014 - L 3 AS 114/11 - Revision anhängig beim BSG unter dem Az. B 14 AS 23/14

Temporäre Bedarfsgemeinschaft - Anrechnung von Kindergeld und Unterhaltsvorschuss - Mehrbedarf für Alleinerziehende beim Wechselmodell - Die Pflege und Erziehung der Tochter ruhte hier mit 60 % bei der Mutter.


Leitsätze (Autor)
Es besteht kein Anspruch auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende gem § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB 2, wenn der ihn beanspruchende Elternteil die Betreuung des Kindes monatlich nur in einem zeitlichen Umfang von etwa 40 % übernimmt.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170136&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



Anmerkung: SG Kassel, Urteil vom 28.08.2013 - S 6 AS 711/12 - Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz lässt sich kein Anspruch ableiten, einen Mehrbedarf für Alleinerziehende auf andere Konstellationen eines sog. Wechselmodells mit kürzeren Intervallen auszudehnen.



 



 



 



4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)



 



4.1 Sozialgericht Berlin, Urteil vom 28.04.2014 - S 82 AS 36391/10

Leitsätze (Autor)

Die Anrechnung von Einkommen oder Vermögen( hier Erbschaft) setzt voraus, dass dieses dem Hilfebedürftigen tatsächlich als bereites Mittel noch zur Verfügung steht. Die tatsächlichen Verhältnisse gehen einer normativen Berechnung vor. Sofern die Antragsteller Einkommen und Vermögen ohne Berücksichtigung einer Zukunft nahenden Hilfebedürftigkeit ausgegeben haben, sind sie hilfebedürftig. Insofern müssen Ersatzansprüche nach § 34 SGB 2 geltend gemacht werden.

Eine Erstattungsforderung wird nachträglich rechtswidrig, wenn bei Erreichen der Volljährigkeit das Vermögen hinter der Forderung zurückbleibt (Minderjährigenhaftung - vgl. Urteil des BSG vom 7. Juli 2011, B 14 AS 153/10 R ).



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170214&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



 



 



Sozialgericht Berlin, Urteil vom 28.04.2014 - S 82 AS 28836/12 - Die Berufung wird zugelassen.



 



 



Die WAV ist als Rechtsverordnung geltendes Recht (anderer Auffassung - vgl. Urteile vom 25. April 2013 – L 36 AS 2095/12 NK – und 4. September 2013 – L 36 AS 1414/12 NK und L 36 AS 1987/13 NK – sind mit der Revision angefochten und nicht rechtskräftig).



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170133&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



Anmerkung: Anderer Auffassung BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 53/13



 



 



 



4.3 Sozialgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 12.08.2013 - S 36 AS 2517/12 - Die Berufung wird zugelassen.

Zur Frage der Reichweite und Wirkungen der Nahtlosigkeitsregelung des § 44 a SGB II insbesondere im dem Fall, wenn zwischen zwei Leistungsträger kein Streit über die Leistungserbringung besteht.


Leitsätze (Autor)
§ 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II fingiert die Erwerbsfähigkeit des Arbeitsuchenden und verpflichtet den Träger der Leistungen nach dem SGB II nicht erst ab Widerspruch Leistungen nach dem SGB II zu erbringen. Dies gilt auch nicht erst bei einem bereits bestehenden Streit zwischen zwei Leistungsträgern, sondern bereits im Vorfeld.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170206&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



 



 



4.4 SG Köln, Beschl. v. 22.05.2014 - S 20 AS 4534/13

Leitsatz (Autor)


Eine Pflicht oder Obliegenheit, vor der Erhebung der Untätigkeitsklage eine Sachstandsanfrage an die Behörde zu richten, sieht das Gesetz nicht vor, schon gar nicht, als Zulässigkeitsvoraussetzung.



 



Der Beschluss liegt dem Autor vor.



 



Anmerkung: ebenso LSG Hessen, Beschl. v. 15.02.2008 - L 7 B 184/07 AS -



 



 



 



4.5 Sozialgericht Dresden, Urteil vom 07.04.2014 - S 20 AS 13/14 - Nichtzulassungsbeschwerde anhängig beim Sächsischen LSG unter dem Az. L 3 AS 720/14 NZB

Offen gelassen wurde, ob § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als gesetzliche Anspruchsgrundlage den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die das BVerfG im Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09 u.a. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12) beschrieben hat, genügt (entgegen Urteile der Kammer vom 25. Januar 2013 – S 20 AS 4915/11 – und vom 17. Juni 2013 – S 20 AS 3375/10).


Leitsätze (Autor)
Trifft den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Kostensenkungsobliegenheit, sind die Leistungen für Unterkunft nach dem SGB 2 – bei festgestelltem Ausfall der lokalen Erkenntnismöglichkeiten – auch unter der Geltung des § 12 Wohngeldgesetz neuer Fassung auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 vom Hundert zu begrenzen.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170200&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



 



4.6 Sozialgericht Dresden, Urteil vom 28.04.2014 - S 48 AS 6813/12

Zur Ersatzpflicht des Antragstellers aufgrund sozialwidrigen Verhaltens - Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Haftstrafe - Die bloße Mitteilung oder Feststellung der Ersatzpflicht genügt nicht.

Leitsatz (Autor)

Ein Bescheid über die Ersatzpflicht nach § 34 SGB II ist hinreichend bestimmt, wenn der Adressat des Verwaltungsakts die Höhe der Haftungsschuld erkennen kann. Unverzichtbar für den Bescheid ist demnach die Angabe des konkret geschuldeten Betrages, denn der Bescheid soll nach Eintritt der Bestandskraft Grundlage der Vollstreckung sein, wenn die Forderung nicht freiwillig erfüllt wird . Die bloße Mitteilung oder Feststellung der Ersatzpflicht genügt daher nicht.

Der angegriffene Bescheid enthält keine konkrete Summe, zu deren Rückzahlung der Antragst. verpflichtet sein soll. Es fehlt daher bereits an einem hinreichend bestimmten Verfügungssatz. Eine Vollstreckung aus dem Bescheid ist nicht möglich.

Bei Verstößen gegen das Bestimmtheitsgebot wird unterschieden in Verstöße, die so schwerwiegend und offenkundig sind, dass sie die Nichtigkeit zur Folge haben und solchen, die bloß zur Rechtswidrigkeit führen und deshalb durch entsprechende nachträgliche Ergänzungen, im Widerspruchsbescheid, aber auch noch im Gerichtsverfahren geheilt werden können. Denkbar ist hier bereits eine Nichtigkeit, da es dem angegriffenen Bescheid wohl ganz offenkundig an einem Verfügungssatz fehlen dürfte. Dies kann indes offen bleiben, da der Verstoß jedenfalls auch im Widerspruchs- und Klageverfahren nicht geheilt worden ist. Eine konkrete Haftungssumme wurde beklagtenseits durch einen weiteren Verwaltungsakt nicht benannt. Es verbleibt daher bei der Rechtswidrigkeit des Bescheides.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170173&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



 



 



4.7 Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 09.05.2014 - S 6 AS 70/14 ER

Leitsätze (Juris)

Gemäß § 3 Abs. 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 – 5 FreizügG genannten Unionsbürger das Recht auf Freizügigkeit, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen.

Kommt es nach der gemeinsamen Einreise nach Deutschland zu einer Trennung (hier nach häuslicher Gewalt), nicht aber zu einer Scheidung, hängt ein eventueller SGB II-Leistungsanspruch der bisher nicht berufstätigen Ehefrau nicht davon ab, ob diese mit ihrem Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft bildet.

Die Anrechnung fiktiven Einkommens im Bereich des SGB II widerspricht dem Bedarfsdeckungsgrundsatz. Ein Verweis auf noch nicht realisierte Unterhaltsansprüche ist unzulässig.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170178&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



 



 



5. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB X II)



 



5.1 Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15.05.2014 - L 4 SO 19/14 B ER

Leitsatz (Autor)

Das vom Jobcenter zur Anwendung gebrachte "Schlüssige Konzept für die Mietobergrenzen (MOG) im Wetteraukreis (Stand: 1. Januar 2014) entspricht den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170210 



 



 



 



6. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB X II )



 



 



6.1 Sozialgericht Wiesbaden, Urteil vom 30.04.2014 - S 30 SO 172/11



 



Leitsätze (Juris)
Die Kosten für die Schaltung eines behinderungsbedingt notwendigen werdenden Hausnotrufs sind vom zuständigen Sozialhilfeträger vollständige zu erstatten, sofern diese nicht von der Pflegekasse getragen werden. Eine bloße Übernahme einer herausgerechneten "Grundgebühr" ist nicht zulässig.



 



Quelle: https//sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170095&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



 



 



7. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Asylrecht



 



7.1 Sozialgericht Berlin, Urteil vom 12.05.2014 - S 90 AY 136/13 - Die Berufung wird zugelassen.

§ 1a Nr. 2 AsylbLG ist nicht dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass auch bei missbilligten Verhaltensweisen von Leistungsempfängern eine Reduzierung der Leistung ausgeschlossen ist.

Leitsätze (Autor)


Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1a Nr. 2 AsylbLG ist eine Kürzung der Leistungen nach § 3 AsylbLG möglich und nicht verfassungswidrig (LSG BB, Beschluss vom 23.07.2013, Az. L 23 AY 10/13 B ER ).



 



Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=170177&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



 



Anmerkung: Anderer Auffassung LSG BB, Beschluss vom 10.12.2013, Az. L 15 AY 23/13 B und Beschluss vom 6.2.13, Az. L 15 AY 2/13 B.



 



 



8. Sozialgericht Köln hält Sanktionen für verfassungskonform



 



Nur einen Tag bevor im Bundestag über einen Antrag der Partei DIE LINKE zur Abschaffung der Sanktionen im ALGII- und Sozialhilfebezug debattiert und abgestimmt werden sollte, fand am gestrigen Donnerstag eine Verhandlung u.a. wegen der Verfassungswidrigkeit von Sanktionen statt.



 



Hier weiterlesen: http://www.leo-koeln.org/index.php/arbeit-und-soziales/99-sozialgericht-koeln-haelt-sanktionen-fuer-verfassungskonform



 



 



 



9. Wolff, Joachim (2014): Sanktionen im SGB II und ihre Wirkungen. (IAB-Stellungnahme, 02/2014), Nürnberg, 17 S.



 



Sanktionen im SGB II und ihre Wirkungen



 



Kurzbeschreibung



"In dieser Stellungnahme äußert sich das IAB zu einem Antrag der Fraktion der Piraten des Landtags von Nordrhein-Westfalen zur Aussetzung der Sanktionen im ALG-II-Bezug (Drucksache 16/4162). Die Stellungnahme des IAB beschreibt potentielle Wirkungen von Sanktionen im ALG-II-Bezug und stellt die zentralen Ergebnisse der Wirkungsforschung hierzu dar.“



 



weiterlesen: http://www.iab.de/1969/section.aspx/Publikation/k140603j01



 



 



 



10. Das Sozialgericht Dresden hebt die wiederholte Sanktionierung einer psychisch behinderten Hartz IV-Empfängerin auf - SG Dresden, Gerichtsbescheid v. 16.05.2014 - S 12 AS 3729/13 u. a.



 



Einzelfallbezogenes Konfliktmanagement des Jobcenters bei behinderter Leistungsempfängerin



 



Das SG Dresden hat entschieden, dass die wiederholte Sanktionierung einer psychisch behinderten Hartz IV-Empfängerin unverhältnismäßig ist, wenn besondere Betreuungsleistungen erforderlich sind.



 



Pressemitteilung des SG Dresden vom 05.06.2014: http://www.justiz.sachsen.de/sgdd/content/887.php 



 



 



Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

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