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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 30/2023

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung nach dem ( SGB II )

 1.1 BSG, Urt. v. 08.03.2023 - B 7 AS 9/22 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Bildung und Teilhabe - Schulausflug - Zirkusprojektwoche - Schulgelände

Können für eine im Schulgebäude oder auf dem Schulgelände stattfindende Projektveranstaltung Leistungen nach § 28 Absatz 2 Satz 1 SGB II erbracht werden?

Bundessozialgericht stärkt schulische Teilhabe von Kindern in Grundsicherung nach dem SGB II

Leitsatz Redakteur v. Tacheles e. V.


1. JobCenter müssen Teilnahme an Schul-Zirkusprojekt bezahlen.

Eine in dem Schulgebäude oder auf dem Schulgelände stattfindende Projektveranstaltung ist eine Schulausflug im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II.

Volltext: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/174057

 

 

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung nach dem ( SGB II )

2.1 Sächsisches LSG, Urt. v. 29.06.2023 - L 7 AS 573/19

Leitsätze


(Miet-) Aufwendungen für eine Unterkunft können im Einzelfall trotz eines bestehenden dinglichen Wohnrechts als Bedarf anzuerkennen sein (Abgrenzung zu: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen v. 02.03.2017 - L 19 AS 1458/16 – juris).

Quelle: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/174027

 

 

2.2 LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 09.06.2023 - L 3 AS 148/22 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe - Erledigung des Rechtsstreits vor Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags

Leitsatz


1. Erledigt sich ein Rechtsstreit vor der Stellungnahme des Prozessgegners und damit vor der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn vor dem erledigenden Ereignis die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie ein hinreichend substantiierter Antrag vorgelegen haben und hinreichende Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung bestanden haben. (Rn.10)

2. Dies folgt aus dem Zweck der Prozesskostenhilfe, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen, weshalb dem Antragsteller in derartigen Fällen nicht das Risiko aufgebürdet werden darf, die Kosten für den Rechtsstreit zu tragen. (Rn.10)

3. Kostenerstattungsansprüche, über die gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (juris: SGG) unabhängig von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu entscheiden ist, können das Kostenrisiko eben deshalb nicht hinreichend zuverlässig ausschließen. (Rn.11)

Quelle: https://www.landesrecht.rlp.de/bsrp/document/JURE230050249

 

 

2.3 LSG Baden-W., Urt. v. 28.06.2023 - L 3 AS 3160/21

Corona Pandemie: Auch ein Vermögen von 54.000 € berechtigt zum ALG II Antrag

Leitsätze

1. Der Anwendungsbereich von § 67 Abs. 1, Abs. 2 SGB II ist nicht auf bestimmte Personenkreise wie Kleinunternehmer, Solo-Selbständige oder Personen, deren Antragstellung beim SGB II-Träger eine unmittelbare kausale Verknüpfung mit Auswirkungen der Pandemie aufweist, beschränkt.

2. Erhebliches Vermögen gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II ist ein Betrag von mehr als 60.000 € für Alleinstehende.

Volltext: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/174064

 

3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung nach dem ( SGB II )

3.1 SG Berlin, Beschluss vom 22.06.2023 –S 179 AS 2950/23 ER

SG Berlin: Medikamentenkosten vorläufig als Mehrbedarf vom Jobcenter nach Rechtskreiswechsel

Dazu RA Volker Gerloff:


Es ist im Ergebnis tatsächlich gelungen, das Jobcenter vorläufig zu verpflichten, die Kosten für die Medikamente und die Nahrungsergänzung als Mehrbedarf zu übernehmen, solange noch keine gesetzliche Krankenversicherung eingerichtet und leistungsbereit ist.

Quelle: RA Volker Gerloff - Newsletter - 10- 2023: https://www.ra-gerloff.de/newsletter/Newsletter-10-2023.pdf

 

 

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht ( SGB III )

4.1 LSG Bayern, Urt. v. 25.10.2022 - L 9 AL 20/20

Leitsätze


1. Einem erneut gestellten Antrag auf Terminsverlegung ist nur aus wichtigem Grund zu folgen. Die Mitteilung, dass die Prozessbevollmächtigte "bereits anderweitig terminlich gebunden" sei, ist für die Darlegung eines wichtigen Grundes nicht ausreichend.

2. Ein Ablehnungsgesuch, das alleine auf die Ablehnung eines Antrags auf Terminsverlegung gestützt wird, ist rechtsmissbräuchlich und damit offensichtlich unzulässig.

3. Über das unzulässige Ablehnungsgesuch dürfen die abgelehnten Richter selbst entscheiden. Eine gesonderte Entscheidung ist nicht erforderlich.

Volltext: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/174033

 

 

5. Entscheidungen der Landessozialgerichte und Sozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB XII )

5.1 LSG Bayern, Beschluss v. 14.06.2023 - L 8 SO 105/23 B ER

Leitsätze


Leistungen zur Betreuung der Kinder eines Menschen mit Behinderung während verschiedener mehrstündiger Abwesenheitszeiten pro Woche dienen nicht den Zwecken der Elternassistenz. In einem solchen Fall kann aber ein Anspruch auf Leistungen zur Weiterführung des Haushalts bestehen.

Quelle: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/174032

 

5.2 LSG Bayern, Urt. v. 12.06.2023 - L 7 SO 296/22 - Revision zugelassen

Leitsätze


Eine Sterbegeldversicherung, die zusätzlich eine Erbrechtsberatung beinhaltet, ist stets unangemessen iSv § 33 SGB XII, wenn im Versicherungsvertrag der Versicherungsbeitrag nicht nach den beiden Leistungen getrennt ist.

Volltext: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/174052

 

Rechtstipp: BSG - B 8 SO 19/22 R

Zur Angemessenheit einer Sterbegeldversicherung als Voraussetzung für die Absetzung hierfür zu entrichtender Beiträge vom Einkommen des Leistungsberechtigten gemäß § 82 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 SGB XII.

BSG - B 8 SO 22/22 R

Zur Angemessenheit einer Sterbegeldversicherung als Voraussetzung für die Absetzung hierfür zu entrichtender Beiträge vom Einkommen des Leistungsberechtigten gemäß § 82 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 SGB XII.

 

 

6. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

6.1 LSG Bayern: Nochmalige Kostensenkungsaufforderung nach wesentlicher Änderung der Verhältnisse - LSG Bayern vom 26.04.2023 - L 8 SO 214/22

Redaktion eGovPraxis Sozialhilfe


Ist der Sozialhilfeträger berechtigt in der Vergangenheit geleistete tatsächliche Unterkunftskosten einer zu teuren Wohnung ohne (weitere) Kostensenkungsaufforderung auf die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten abzusenken?

Das LSG Bayern hatte hierzu den Fall zu entscheiden, dass der Mieter durch Untervermietung und Anrechnung der Mieteinnahmen als Einkommen die Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß senken konnte.

Fazit


Bei einer Änderung der Verhältnisse nach einem längeren Zeitraum (hier: mehrere Jahre), in dem die Unterkunftskosten des Leistungsberechtigten in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden sind, bedarf es einer (nochmaligen) Kostensenkungsaufforderung, um die Unterkunftskosten erneut nur mehr in dem als angemessen erachteten Umfang zu berücksichtigen.

Quelle: https://www.wolterskluwer.com/de-de/expert-insights/kostensenkungsaufforderung-aenderung-verhaeltnisse

Hinweis: veröffentlicht im Tacheles Rechtsprechungsticker KW 24/2023

 

6.2 LSG Baden-Württemberg zu ersetzten Fahrtkosten als Einkommen - LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 30.03.2023 - L 7 AS 2528/22

Redaktion eGovPraxis Jobcenter


Einnahmen aus Erwerbstätigkeit werden bei der Bemessung des Bedarfs als Einkommen angerechnet. Es stellt sich nun die Frage, ob diese Anrechnung auch bei vom Arbeitgeber erstatteten Fahrtkosten vorzunehmen ist. Das hat das LSG Baden-Württemberg nun entschieden.

https://www.wolterskluwer.com/de-de/exp ... -einkommen


Hinweis: veröffentlicht im Tacheles Rechtsprechungsticker KW 19/2023

 

 

6.3 Newsletter von RA Volker Gerloff – 10- 2023

weiter: https://www.ra-gerloff.de/newsletter/Newsletter-10-2023.pdf

 

 

6.4 vorläufige Zahlungseinstellung Jobcenter, ein Beitrag von RA Matthias Göbe

Wenn die Jobcenter Kenntnis von Tatsachen erlangen, die dazu führen dass die Leistungen nachträglich gekürzt werden, etwa weil die Aufnahme eines Jobs nicht anzeigt wurde oder dass ein Partner in die Wohnung eingezogen ist, können die Jobcenter die bereits bewilligten Leistungen sofort vorübergehend einstellen, was dazu führt, dass betreffenden Personen sofort mittellos gestellt werden.

Wenn keine finanziellen Reserven vorhanden sind, kann dies leicht eine existenzdrohende Situation bewirken, weil die Miete nicht mehr bezahlt werden kann oder kein Geld mehr zu Essen kaufen vorhanden ist.

Wegen der drastischen Auswirkungen der "vorläufigen Zahlungseinstellung" sind die Hürden, um diese anzuordnen, recht hoch. Zum einen muss das Jobcenter positive Kenntnis von Umständen haben, die dazu führen, dass die Leistungen rückwirkend aufgehoben werden müssen. Bei diesem Punkt nehmen es die Ämter oftmals aber nicht so genau und ordnen bereits bei einem bloßen Verdacht, dass etwas nicht stimmt, die vorläufige Zahlungseinstellung an. Bereits dies führt zur Rechtswidrigkeit der Zahlungseinstellung.

weiter: https://www.anwalt.de/rechtstipps/vorlaeufige-zahlungseinstellung-jobcenter-214100.html

 

 

Rechtstipp: vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 23.05.2023 - L 32 AS 248/23 B ER PKH

Einstweiliger Rechtschutz gegen die vorläufige Einstellung der Leistung durch das Bürgergeldamt - hier handelte das Bürgergeldamt rechtswidrig

Leitsatz Redakteur v. Tacheles e. V.

1. Voraussetzung der vorläufigen Einstellung der Leistung nach § 331 Abs. 1 S. 1 SGB 3 ist, dass die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, die zum Ruhen oder Wegfall des Anspruchs führen und der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist.

2.  Die Behörde muss von den Ruhens- bzw. Wegfallstatsachen positive Kenntnis erhalten. Vermutungen reichen nicht aus. Anderenfalls ist die vorläufige Einstellung der Leistung zu Unrecht erfolgt.

Volltext: Tacheles Rechtsprechungsticker KW 28/2023

 

6.5 Newsletter von RA Volker Gerloff - 11- 2023 -

neuer newsletter

+ Drittes Urteil gegen illegales „Berliner System“

+ BSG: Sozialhilfe für EU-Bürger

+ Individualbeschwerden beim UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale u kulturelle Rechte

+ Große Flüchtlingsunterkünfte verstoßen gegen Menschenrechte

weiter bei RA Volker Gerloff: https://www.ra-gerloff.de/newsletter/Newsletter-11-2023.pdf

 

7. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG

7.1 SG Berlin, Urt. v. 21.7.2023 -  S 212 AY 39/20

RA Volker Gerloff

Illegale Abzocke von Geflüchteten in Sammelunterkünften ohne Rechtsgrundlage (RGL).

Mehr dazu bei RA Volker Gerloff: https://twitter.com/GerloffVolker/status/1682317972499562498

 

Hinweis: Siehe auch Newsletter von RA Volker Gerloff – 08- 2023: https://www.ra-gerloff.de/newsletter/Newsletter-08-2023.pdf

 

 

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

 





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