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Jahresarchiv

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Tacheles Wuppertal Newsletter 18.06.2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mal wieder Zeit für einen Wuppertal Newsletter.

Dieser zu folgenden Punkten:

1.  Tacheles hat eine Kampagne gestartet gegen die verfassungswidrige Aufrechnung von Wohnungsbeschaffungskosten  unterhalb des Existenzminimums
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Tacheles hat letzte Woche eine Kampagne gegen verfassungswidrige Aufrechnung von
Darlehen für Mietkautionen und Genossenschaftsanteilen nach § 42a Abs. 2 SGB II mit den SGB II-Regelbedarfen gestartet. Nach unserer Auffassung und nach Auffassung des LSG NRW in sechs Urteilen) ist die die Aufrechnung dieser Wohnungsbeschaffungskosten verfassungswidrig. Damit werden regelsatzfremde Bedarfe vom Regelsatz aufgerechnet und das Existenzminimum zu lange unterschritten. 
 


Tacheles hat daher eine bundesweite Kampagne angeregt, Leistungsberechtigte dabei zu unterstützen, sich gegen die durch Aufrechnungen verursachte Unterschreitung des Existenzminimums mit Rechtsmitteln zur Wehr zu setzen. Diese Kampagne wird schon von einer Reihe von Organisationen und Personen unterstützt und es werden täglich mehr.

Wir fordern daher auch die Wuppertaler Beratungsstellen und Organisationen und Personen, die sich für Sozialleistungsberechtigte einsetzen auf, sich an dieser Kampagne zu beteiligen und dahingehend zu beraten.

Die Unterlagen dazu, einschließlich Musterschreiben sind hier zu finden:    https://tacheles-sozialhilfe.de/tickerarchiv/vorschlag-einer-bundesweiten-kampagne-gegen-verfassungswidrige-aufrechnung-unterhalb-des-existenzminimums.html

2. Neuregelungen zum SGB XII ab dem 01. Juli 2017
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Zum 1. Juli 2017 treten eine Reihe Neuregelungen im SGB XII (Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter)  in Kraft.
Zusammengefasst werden weite Teile des Hartz IV – Sonderrechts auf das SGB XII übertragen. Z.B. mit verschärfter Aufrechnungsbefugnis von behördlichen Ansprüchen, der vorläufigen Leistungsgewährung, Verschärfungen bei den KdU und, als besondere Schweinerei,  die Regelungen zum vorübergehenden Auslandsaufenthalt, nach der SGB XII - Berechtigte nur noch Leistungen erhalten, wenn sie sich nicht länger als vier Wochen ununterbrochen im Ausland aufhalten (§ 41a SGB XII – N). Vorher waren drei Monate ohne Probleme möglich.  

Hier erstmal eine Darstellung der Änderungen: http://www.buzer.de/gesetz/12348/a202667.htm

Hier etwas aus dem Gesetzgebungsverfahren: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/769/76949.html

3.  Zum neuen Unterhaltsvorschuss ab dem 01.07.2017 und zu erwartenden Problemen =========================================
Ab dem 01. Juli 2017 wird der Unterhaltsvorschuss nicht nur für Kinder bis zum 12. Lebensjahr gezahlt, sondern er wird bis zum 18. Geburtstag ausgeweitet. Die  Grenze der Bezugsdauer von höchstens 72 Monaten wird aufgehoben.

Die UVG Sätze sind nun:

  •  bis zum 6. Geburtstag: 150 €
  •  bis zum 12. Geburtstag: 201 €
  •  bis zum 18. Geburtstag: 268 €




Ab 12 Jahren besteht der Anspruch auf UV nur,

1. wenn das Kind keine SGB  II –Leistungen bezieht (§1 Abs. 1a Nr. 1 UVG –N) oder

2. durch UVG die SGB II-Hilfebedürftigkeit vermieden werden kann (§1 Abs. 1a Nr. 1 UVG – N)[durch den Rausfall des Kindes aus der BG nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II]   oder

3. die Alleinerziehenden müssen zudem ein Bruttoeinkommen von monatlich 600 € ohne Abzug der Absetzbeträge nach § 11b SGB II (Grundfrei- bzw. Mindestabzugsbetrag 100 € bei Arbeit, bei BAföG und Erwerbstätigenfreibetrag) haben. Bei der Ermittlung der 600 € hat das Kindergeld außer Betracht zu bleiben (§ 1 Abs. 1a Nr. 2 UVG-N).

 Siehe: http://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Aus_der_Gesetzgebung/DIJuF-Synopse_UVG-Gesetzesaenderung_2017.pdf

Das JC wird jetzt natürlich die entsprechende Zielgruppe Alleinerziehende nach § 12a SGB II auffordern UV als vorrangige Leistungen zu beantragen.

Das ist rechtlich richtig und zulässig, unzulässig ist aber, die SGB II-Leistungen vor Erhalt schon einzustellen. Die fiktive Anrechnung ist immer und in jedem Fall unzulässig (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II). Richtig ist, die Betreffenden zur UVG Beantragung aufzufordern, in der Zeit müssen aber SGB II-Leistungen weitergezahlt werden, das JC kann dann nach § 104 SGB X einen Erstattungsanspruch auf den UV geltend machen und dann geht der Nachzahlbetrag an das JC. Dazu ist zu bedenken, dass es sich hier um recht viele Kinder handeln wird und die UVG Stellen arbeitstechnisch völlig an dieser Massenbeantragung absaufen werden und sich deren Leistungsauszahlung deshalb deutlich verzögern wird.     

 Es ist zu erwarten, dass es pünktlich zur Bundestagswahl eine Weisung geben wird, dass die vorrangige Inanspruchnahme von UVG intensiv zu prüfen sei und auch schon mal vorauseilend umgesetzt wird, um die  Kinder aus dem Leistungsbezug rausfallen zu lassen, und so für die Bundestagswahl eine „bereinigte“ Armutsstatistik vorlegen zu können.

 Hier wird einiges auf die Betroffenen und die Beratungsstellen (und Gerichte) zukommen und aktives Einschreiten notwendig sein.

 Synopse UVG Gesetz:  http://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Aus_der_Gesetzgebung/DIJuF-Synopse_UVG-Gesetzesaenderung_2017.pdf  und die NOZ zum Gesetz: https://www.noz.de/deutschland-welt/gut-zu-wissen/artikel/903645/bundestag-beschliesst-mehr-geld-fuer-alleinerziehende



4. Veranstaltungshinweis: 22. Juni - Der Genozid an den Armeniern - Vortrag mit Ilias Uyar
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Am 22. Juni 2017,  um 18.30 Uhr


findet auf dem Hauptcampus Uni Grifflenberg, Bergische Universität Wuppertal

die Veranstaltung: Der Genozid an den Armeniern - Vortrag mit Ilias Uyar statt.

Dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts in Europa sind 1,5 Millionen Armenier in der osmanischen Türkei zum Opfer gefallen. Hinter dem von den osmanischen Machthabern als „Umsiedlung" getarnten Vorhaben verbarg sich die systematische und planmäßige Vernichtung des jahrtausendealten Armenischen Volkes.

Die Türkei verweigert bis heute die Anerkennung des Genozides an den Armeniern und versucht durch Leugnung und Geschichtsverfälschung die armenischen Opfer als Täter darzustellen. Die Leugnung ist dabei nicht auf die Türkei beschränkt, sondern wird auch in Deutschland betrieben. Deutschland hat über 100 Jahre offiziell zum Völkermord geschwiegen. Anlässlich des 100. Jahrestags hat der Bundespräsident dieses Schweigen gebrochen. Der Bundestag hat 2016 in einer Resolution wider die Leugnung den Genozid anerkannt. Die Bundesregierung schweigt weiterhin aus politischem Kalkül, um die Türkei nicht zu verärgern.

In seinem Vortrag wird der Referent auf die Auswirkungen der Leugnung des Genozides bis in die Gegenwart aufzeigen, den langen Weg bis zur Anerkennung in Deutschland darstellen und auf die Verhinderungsversuche der großen türkischen Migrantenverbände in Deutschland eingehen.

Der Referent: Ilias Kevork Uyar ist Rechtsanwalt und aktives Mitglied der zivilgesellschaftlichen Initiative Anerkennung Jetzt. Regelmäßig veröffentlicht er Arbeiten zu den Themen Genozid an den Armeniern, Türkei und Menschenrechte. Aktuell engagiert er sich auch im Rahmen der Kampagne FreeDeniz für die Pressefreiheit in der Türkei.


Mehr dazu hier: http://tinyurl.com/yabtt349

5. Nachbesprechung:  Warum ein „Thompson”-Konzert nicht egal ist
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Das Solikomitee hat eine lesenswerte Nachbesprechung zum „Thompson”-Konzert veröffentlicht, auf diese möchten wir hier verweisen: https://politischerechtskurve.noblogs.org/post/category/artikel/ 
 




6. Der nach Gerhard Schröder "beste Niedriglohnsektor", der in Europa geschaffen wurde, betrifft mehr als jeden fünften Arbeitnehmer in Deutschland
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Im Januar 2005 - Hartz IV hatte gerade das Licht der Welt erblickt - preist der damalige Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sein ganz besonderes Kind: "Wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt."
Nun war das im Jahr 2005. Mittlerweile sind wir in 2017 angekommen. Und da, nach Jahren des "Jobwunders" in Deutschland, wird man mit so einer Meldung konfrontiert: Knapp jeder Vierte arbeitet für Niedriglohn:
Mehr dazu hier:

Das war es wieder mal für heute. 

Mit freundlichen Grüßen

Harald Thomé / Tacheles e.V.

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