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Zum Umgang mit der Eigenheimzulage und ALG II

Im März wird die Eigenheimzulage ausgezahlt. Die Bundesagentur verrechnet diese als Einkommen mit dem ALG II.

Zum Einkommen im Sinne des ALG II zählen grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder in Geldeswert (Sachbezüge), gewisse Einnahmen sind ausgenommen. Das Bundesverwaltungsgericht sagt, daß diese Formulierung jedoch nicht so umfassend zu verstehen ist, wie es der Wortlaut des Gesetzes nahe legt, sondern vielmehr im Zusammenhang mit den Vorstellungen des Gesetzgebers. Weder im Gesetzestext, noch in der ALG II - Verordnung ist die Eigenheimzulage genannt. Rechtsprechung zu dem Begriff des Einkommens im Sinne des ALG II existiert bisher (noch) nicht. Deshalb greift die Bundesagentur für Arbeit auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Einkommensbegriff zurück. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.05.2003 Aktenzeichen 5 C 41.02 ausgeführt.

Die nach dem Eigenheimzulagengesetz bewilligte Eigenheimzulage ist Einkommen im Sinne des § 76 Abs. 1 BSHG. Sie wird nicht im Sinne des § 77 Abs. 1 BSHG zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt und ist daher bei der Bemessung der Hilfe zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen.

Bei Auszahlung einer bewilligten Eigenheimzulage ist diese von dem Monat an, in dem die Auszahlung erfolgt (Zuflusszeitpunkt), als Einkommen zu berücksichtigen; sie ist grundsätzlich auf einen Zeitraum von zwölf Monaten aufzuteilen und mit dem entsprechenden Teilbetrag als Einkommen anzusetzen.


Im Hinblick auf das o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes wird von der Bundesagentur die Eigenheimzulage auf den gesamten Bewilligungszeitraum aufgeteilt. Gemäß § 2 Abs. 3 der ALG II - Verordnung

sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollen für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden, die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und Absetzbeträgen bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt.


Solange bis die Eigenheimzulage nach obiger Berechnung verbraucht ist, wird kein ALG II gezahlt, man muss sich selber kranken- und rentenversichern.

Einkommen und Vermögen unterscheiden sich dadurch, dass Einkommen all das ist, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, während Vermögen das beinhaltet, was jemand in der Bedarfszeit bereits hat.

Somit könnte derjenige ALG II – Empfänger, der eine Eigenheimzulage erwartet, unverzüglich der Bundesagentur, bzw. der Arbeitsgemeinschaft oder Kommune mitteilen, dass er den Antrag auf Arbeitslosengeld II für die Monate ab dem Monat der Zahlung der Eigenheimzulage (wenn die Eigenheimzulage also im März zufließt, ab März) zurücknimmt. Die Folge wäre, daß der ursprüngliche Bescheid ab März und bezüglich der Folgemonate aufgehoben werden müsste. Im März besteht dann kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Sofort Anfang April, bzw. in dem Monat, der der Zahlung, der Eigenheimzulage folgt, muss dann natürlich unverzüglich ein neuer Antrag auf ALG II gestellt werden. Da die Eigenheimzulage dann vor dem (neuen) Bedarfszeitraum geflossen ist, müsste diese bei der Berücksichtigung des neuen ALG II als Vermögen und nicht als Einkommen gewertet werden. Diese Verfahrensweise hat jedoch nur dann Sinn, wenn die Vermögensfreibeträge noch nicht ausgeschöpft sind.

Ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes wonach die Eigenheimzulage als Einkommen gewertet wird, von den Sozialgerichten geteilt wird, ist fraglich.

Gerade die Formulierung in § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II

„Nicht als Einkommen sind zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären”


lässt viel Interpretationsspielraum.

Sowohl aus der Rechtsprechung, als auch aus den Hinweisen der Bundesagentur ergibt sich, dass, wenn Forderungen des ALG II – Empfängers zur Sicherung eines Kredites bereits abgetreten bzw. verpfändet sind, die entsprechenden Zahlungen nicht mehr als Einkommen oder Vermögen gewertet werden dürfen, da der Empfänger (hier der Bezieher von ALG II), überhaupt nicht mehr über diese Forderung verfügen kann. Ist die Eigenheimzulage deshalb bereits an die Bank zur Tilgung des Kredites abgetreten, darf die Eigenheimzulage nicht als Einkommen oder Vermögen behandelt werden. Insofern sei jedem empfohlen, soweit noch nicht geschehen, die Auszahlung der Eigenheimzulage an die Bank zur Sicherung / Tilgung der Schulden abzutreten.

Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Eigenheimzulage, insbesondere wenn die Eigenheimzulage zur Finanzierung des eigen genutzten Wohneigenheims verwendet wird, ist es darf nach Ansicht des Verfassers die Eigenheimzulage nicht Einkommen gewertet werden. In diesem Fall dient sie ja nachweislich einem anderen Zweck, als die Leistungen nach dem ALG II. Gesetzlich anerkannt ist das angemessene Eigenheim geschütztes Vermögen. Würde man die Eigenheimzulage nun als Einkommen werten, wird der Rechtsgrundsatz, daß das selbst genutzte angemessene Eigenheim geschütztes Vermögen darstellt ad absurdum geführt. Das o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ist meines Erachtens unrichtig, da es diesen Gedanken offensichtlich übersehen hat. Erklärlich ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur insofern, daß dieses konsequent den Gedanken verfolgt, das Schulden bei Gewährung der Sozialhilfe nicht berücksichtigt werden. Die Rechtsprechung ist aber insoweit inkonsequent, dass Schulden nur berücksichtigt werden, wenn entsprechende Forderungen, bzw. Vermögen zur Sicherheit abgetreten sind. Hierbei übersieht die Rechtsprechung, daß aufgrund er AGB der Kreditinstitute Vermögen und Guthaben (einschließlich Zahlungen) mit den Schulden verrechnet werden dürfen. Wird die Eigenheimzulage also als Einkommen bzw. Vermögen auf das ALG II angerechnet, sollte ungeachtet der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes Widerspruch und gegebenenfalls Klage eingelegt werden, es kann ja sein, daß das Bundessozial – oder Bundesverfassungsgericht eine anders als das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. Der Verfasser vertritt die Auffassung, daß aufgrund der Eigenart des SGB II (ALG II), die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht eins zu eins auf das ALG II angewendet werden darf, sondern die Besonderheiten des ALG II zu berücksichtigen sind.

Da erfahrungsgemäß bis zu einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung 3 – 6 Jahre vergehen, sollte mit dem Widerspruch gleichzeitig Antrag auf einstweiligen Rechtschutz beim Sozialgericht, mit dem Antrag, ALG II ohne Anrechnung der Eigenheimzulage zu erhalten, eingereicht werden, da ja eine akute Notlage besteht. Diese muss jedoch plausibel gemacht werden, z.B. Schreiben der Bank, dass der Kredit gekündigt wird, wenn die Eigenheimzulage nicht zur Tilgung der Schulden verwendet wird etc.

Michael Baczko Rechtsanwalt
und Fachanwalt für Sozialrecht
Industriekaufmann (IHK)
Vertrauensanwalt der Stiftung Gesundheit
Anwaltskanzlei Baczko & Geldmacher
Harfenstr. 4, 91054 Erlangen
Deutschland
fon : +49 (0)9131 - 6118 70
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www.baczko.de

Anmerkungen von Harald Thomé dazu:



Wer jetzt nicht handelt, dessen Geld ist weg. Es sollte daher im Zusammenhang mit der Eigenheimzulage folgendes beachtet werden:

Eigenheimzulage zur Finanzierung abgetreten:



Im Fall wo die Eigenheimzulage zur Finanzierung abgetreten ist, dürfte die Anrechnung als Einkommen schwer möglich sein. Die Eigenheimzulage ist dann kein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs.1 SGB II, weswegen eine Anrechnung schwerlich rechtlich zulässig sein dürfte. Sollte eine Anrechnung trotzdem erfolgen, wird empfohlen dagegen in den Widerspruch zu gehen und bei nicht umgehender „Abhilfe", also Stattgabe der Behörde, diese Fallkonstalation binnen einer kurzen Frist per Eilklage vor die Gerichte zu bringen.

Eigenheimzulage nicht zur Finanzierung abgetreten:



Im Falle der Nicht-Abtretung sieht die Sache schon ganz anders aus, von mir kann die optimistische Position von M. Baczko nicht unterstützt werden, dass eine Chance besteht, dass die Eigenheimzulage nicht angerechnet wird. Meiner Auffassung nach, handelt es sich sehr wohl um eine zweckidentische Leistung, die sehr wohl anzurechnen ist (so auch Brühl in LPK-SGB II, § 11 Rz 43), allerdings auch nur so weit, insofern sie nicht abgetreten ist.

Für diesen Fall empfiehlt sich aus meiner Sicht der Vorschlag des Aussetzens aus dem SGB II für den Monat März. Bezieher von Eigenheimzulage sind im Monat des Zuflusses nicht bedürftig (da sie ja genügend Einkommen haben ihren Lebensunterhalt mit eigenen Mitteln sicherzustellen). Sie sollten dies nun der Behörde mitteilen und gleichzeitig um Übersendung eines Kassenzeichens zwecks Rücküberweisung der dann zuviel und zu Unrecht gezahlten ALG II – Leistung bitten.

Für den Monat März liegt dann keine Bedürftigkeit vor, womit der Behörde die Möglichkeit genommen wird das Einkommen durch die nicht abgetretene Eigenheimzulage auf zwölf Monate zu verteilen (entsprechend § 2 Abs. 3 der ALG II – VO).

Ab Mitte /Ende März kann dann ein Folgeantrag für April gestellt werden, dazu ist dann nicht das erneute Ausfüllen des 16 - seitigen Traktates nötig.

Für den Monat März gibt es dann aber nicht nur keine laufenden ALG II – Leistungen (Regelleistung, Mehrbedarfszuschläge, Unterkunftskosten) sondern auch keine Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung. Das Aussetzen bedeutet, das die KV/PV trotz Nachversicherungsschutz von einem Monat, dann für März aus eigen Mitteln getragen werden müssen (Kostenfaktor ca. 125 €).

Durch das Aussetzen des laufenden Hilfebezuges wird der Behörde die Möglichkeit der Anrechnung auf 12 Monate genommen. Durch die Regelungen hinsichtlich des „Zuflussprinzips" wird die nicht verbrauchte Eigenheimzulage im April Vermögen, welches nicht Einzusetzen ist, wenn die Vermögensschutzgrenzen nicht anderweitig schon abgegolten sind.

Sollte die Behörde auf die Aussetzmethode in der Gestalt reagieren, dass die Eigenheimzulage doch angerechnet wird, empfiehlt sich auch hier eine fachliche Hilfe (www.my-sozialberatung.de) und ggf. auch eine Eilklage vor Gericht.

Tacheles Online Redaktion
Harald Thomé

Pressemitteilung von BAG-SHI und Tacheles v. 21.03.2005




Eigenheimzulage: Bei Vollanrechnung erfolgt Streichung von Arbeitslosengeld II

Etliche Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II haben ihre im März fällige Eigenheimzulage gegenüber den Banken zur Schuldentilgung abgetreten. Sie können also nicht frei über das vermeintlich „zufließende“ Einkommen verfügen und daraus ihren Lebensunterhalt und die Kosten der Unterkunft bestreiten. Dennoch wird vielen von ihnen die Eigenheimzulage von der fürs ALG II zuständigen Behörde rechtswidrig als Einkommen angerechnet. Erwerbslosenorganisationen kritisieren den verfassungswidrigen Eingriff in die Vertragsfreiheit und geben Tipps, wie Betroffene dieser restriktiven Anrechnungspraxis begegnen können.

Bei einigen den Initiativen und Beratungsstellen bekannt gewordenen Fällen rechneten die Kommunen, Landkreise oder Arbeitsgemeinschaften die Eigenheimzulage (EHZ) voll auf das Arbeitslosengeld II (ALG II) an, so dass sie ein paar Monate gar keine Leistungen erhalten. Andere Träger von ALG II rechnen die Zulage verteilt auf zwölf Monate auf die Leistung an. Dann besteht zwar in der Regel weiter Anspruch auf ALG II-Leistungen, diese werden dann aber für ein Jahr um einen Anrechnungsbetrag gekürzt, der fast die Höhe der Regelleistung erreicht. Zum Leben bleibt dann so gut wie nichts übrig. Würden die Betroffenen versuchen, die Abtretung rückgängig zu machen, drohte ihnen der Verlust ihres Wohneigentums.



Eine Entscheidung des Sozialgerichts Aurich vom 17. März bestätigte diese verteilte Anrechnung der EHZ und fällt damit aus Sicht der Betroffenenorganisationen weit hinter die bekannte Rechtsprechung der Sozialgerichte zurück. Diese besagte, dass bei Bezieher/innen von Arbeitslosenhilfe im Falle einer vorliegenden Abtretung an die Gläubiger die Zulage nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. „Das ist ein Eingriff in die Vertragsfreihit zwischen den Anspruchsberechtigten der EHZ und den jeweiligen Instituten zur Baufinanzierung“, sagt Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles.



Viele Erwerbslose, die sich darauf verlassen haben, mit Hilfe der Eigenheimzulage
ihre eigenen vier Wände zu finanzieren, stehen jetzt ohne Geld da. Mit gekürztem
oder gestrichenem Arbeitslosengeld II müssen sie ihre Schulden tilgen und gleichzeitig ihren Lebensunterhalt sichern. Wird die Leistung ganz versagt, fallen zusätzliche Kosten für die Krankenversicherung an, die ebenfalls aus eigener Tasche gezahlt werden müssen. Besonders dramatische Folgen einer restriktiven Anrechnung belegt der Fall einer 44-jährigen ALG II-Bezieherin aus Cloppenburg. Ihre Leistungen wurden eingestellt, obwohl die Zulage bereits an die Gläubigerbank abgetreten war. Die Frau hatte im Vertrauen auf die Eigenheimzulage ihre Wohnung für ihren im Dezember verstorbenen 16-jährigen Sohn behindertengerecht umgebaut. Das Sozialgericht Oldenburg bestätigte in einer äußerst umstrittenen Entscheidung die Anrechnungspraxis des zuständigen ALG II-Trägers.




Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen (BAGSHI) und die Erwerbslosenverein Tacheles fordern vom Gesetzgeber endlich eine Klarstellung darüber, dass die EHZ bei wirksamer Abtretung nicht angerechnet wird.
„Die leistungsmindernde Auslegung der Einkommensanrechnung muss beendet
und die Betroffenen müssen offensiv über ihre Möglichkeiten informiert werden“,
fordert Frank Jäger von der BAG-SHI. Eines hat die Entscheidung vom Sozialgericht Aurich zumindest geklärt: Wer frühzeitig gegenüber den Gläubigern eine Abtretungserklärung unterschrieben hat und bei dem die Zulage direkt an die Bank ausgezahlt wird, bei dem ist die EHZ vor dem Zugriff der Behörde geschützt. „Dabei ist die Auslegung der Gerichte, wonach ein Einkommen vorliegt, wenn der Betrag über das Konto der Leistungsberechtigten geht, äußerst restriktiv gefasst, da real keine „bereiten Mittel“ vorliegen, wenn das Geld an die Bank weitergereicht werden muss. Hier muss dringend nachgebessert werden“, so Harald Thome.



Für Betroffene, für die es nun für die Abtretung zu spät ist, haben die Organisationen einen Tipp parat: Es gilt jetzt schnell zu handeln, um zumindest ein Teil der Zulage zu retten. Man kann sich noch rückwirkend ab dem 1. März aus dem ALG II Bezug abmelden. so dass die EHZ als Einkommen in einem Monat zufließt, für den man ohnehin keine Leistungen erhält. Beim Neuantrag für die Zeit ab April gilt die Zulage, wenn sie nicht zur Schuldentilgung benötigt wurde, als Vermögen und darf im Rahmen der Vermögensfreibeträge einbehalten werden. Das für den März erhaltene AGL II muss dann freilich vollständig zurückbezahlt werden.




Harald Thomé und Frank Jäger



 

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